Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Ärzte protestieren für bessere Arbeitsbedingungen
Marburger Bund rief zu ganztägigen Warnstreiks auf
- Um für bessere Arbeitsbedingungen zu protestieren, sind am Dienstagnachmittag rund 500 Ärztinnen und Ärzte des Universitätsklinikums Ulm auf die Straße gegangen. Hauptgrund für den Protest sind die ergebnislosen Verhandlungen mit der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL). Deshalb hatte der Marburger Bund, der Berufsverband für Ärzte, im ganzen Land zu ganztägigen Warnstreiks aufgerufen. Der Demonstrationszug führte in Ulm von der HNO-Klinik bis hin zum Münsterplatz.
Die Ärzte erachten den Warnstreik als dringend notwendig. „Das Ganze klingt immer so, als ob es nur um mehr Geld gehen würde“, sagt Sylvia Ottmüller, Vorsitzende des Marburger Bundes Baden-Württemberg am Rande der Demonstration. Auch wenn die Bezahlung sicherlich ein Teil der Forderungen sei, räumt sie ein. „Um was es aber wirklich geht, ist die Verbesserung der Arbeitsbedingungen.“Und dazu gehören ihr zufolge vor allem die Arbeitszeiten. „Es muss wieder planbar sein, wie man arbeitet“, sagt sie. Inzwischen werde immer mehr reguläre Klinikarbeit auf den späten Abend oder auf die Wochenenden verschoben.
Diese Zeiten sollten ausschließlich den Notfällen vorbehalten sein, fordert Sylvia Ottmüller. „Routinearbeit, die eigentlich in den Tag gehört, wird inzwischen in diese Randzeiten geschoben“, sagt die Gynäkologin. Denn: „Mehrarbeit zu ungünstigen Zeiten ist für sie billiger“, bemängelt der Marburger Bund schon seit Längerem. „Das ist eine unglaubliche Belastung und macht uns das Leben schwer.“Sie wünscht sich zudem, dass die im Arztberuf oft anfallende zusätzliche Arbeit gewürdigt wird – vor allem nachts oder am Wochenende, wenn Mitarbeiter kurzfristig einspringen müssen. „Wenn ein einziger Mensch in der Abteilung ausfällt, geht die ganze Abteilung am Krückstock.“
Zur ständigen Krankenversorgung an Universitätskliniken kommen auch noch die Bereiche Forschung und Lehre hinzu. „Es sind Tage, die einfach nicht mehr enden“, sagt sie. Viele Mitarbeiter würden deshalb häufig in kommunale Häuser oder zu privaten Trägern wechseln. „Dort verdienen sie einfach mehr“, so Sylvia Ottmüller.
Der Marburger Bund fordert in der anstehenden Tarifrunde deshalb 12,5 Prozent mehr Gehalt für die Beschäftigten – bezogen auf ein Jahr. Damit soll der Gehaltsabstand zu anderen Klinikträgern verringert werden, die ihren Ärzten „mehr finanzielle Wertschätzung entgegenbringen“würden, wie der Marburger Bund schreibt. Zudem soll Nacht- und Wochenendarbeit künftig besser entlohnt, sowie die Schicht- und Wechselschichtarbeit begrenzt werden.
„Wir lassen uns diese Bedingungen so nicht mehr gefallen“, stimmt ihr Benjamin Breckwoldt, Bezirksvorsitzender des Marburger Bundes in Südwürttemberg, zu. „Für mich ist es wichtig, dass die Arbeitsbedingungen besser werden.“Die Forderungen des Marburger Bundes sollen ihm zufolge vor allem eines bewirken: Die Möglichkeit zu einem „normalen sozialen Leben“, sagt er.
Darauf will die Verhandlungskommission in den anstehenden Tarifverhandlungen mit der TdL hinarbeiten. „Hoffentlich sehen sie diesen Warnstreik als klares Signal der Arbeitnehmer“, betont Benjamin Breckwoldt, Facharzt für Anästhesiologie am Uniklinikum Tübingen. An diesem Tag hat er auch schon die Demonstration in Tübingen begleitet. „An beiden Standorten war extreme Streikbereitschaft zu erkennen“, sagt er.
Ihm zufolge seien in Ulm rund 500 Ärzte zusammengekommen. Der Marburger Bund hat außerdem an den Unikliniken Heidelberg, Tübingen und Freiburg zu ganztägigen Warnstreiks aufgerufen. Bundesweit waren 23 Universitätskliniken beteiligt.