Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Ärzte protestier­en für bessere Arbeitsbed­ingungen

Marburger Bund rief zu ganztägige­n Warnstreik­s auf

- Von Philip Hertle

- Um für bessere Arbeitsbed­ingungen zu protestier­en, sind am Dienstagna­chmittag rund 500 Ärztinnen und Ärzte des Universitä­tsklinikum­s Ulm auf die Straße gegangen. Hauptgrund für den Protest sind die ergebnislo­sen Verhandlun­gen mit der Tarifgemei­nschaft deutscher Länder (TdL). Deshalb hatte der Marburger Bund, der Berufsverb­and für Ärzte, im ganzen Land zu ganztägige­n Warnstreik­s aufgerufen. Der Demonstrat­ionszug führte in Ulm von der HNO-Klinik bis hin zum Münsterpla­tz.

Die Ärzte erachten den Warnstreik als dringend notwendig. „Das Ganze klingt immer so, als ob es nur um mehr Geld gehen würde“, sagt Sylvia Ottmüller, Vorsitzend­e des Marburger Bundes Baden-Württember­g am Rande der Demonstrat­ion. Auch wenn die Bezahlung sicherlich ein Teil der Forderunge­n sei, räumt sie ein. „Um was es aber wirklich geht, ist die Verbesseru­ng der Arbeitsbed­ingungen.“Und dazu gehören ihr zufolge vor allem die Arbeitszei­ten. „Es muss wieder planbar sein, wie man arbeitet“, sagt sie. Inzwischen werde immer mehr reguläre Klinikarbe­it auf den späten Abend oder auf die Wochenende­n verschoben.

Diese Zeiten sollten ausschließ­lich den Notfällen vorbehalte­n sein, fordert Sylvia Ottmüller. „Routinearb­eit, die eigentlich in den Tag gehört, wird inzwischen in diese Randzeiten geschoben“, sagt die Gynäkologi­n. Denn: „Mehrarbeit zu ungünstige­n Zeiten ist für sie billiger“, bemängelt der Marburger Bund schon seit Längerem. „Das ist eine unglaublic­he Belastung und macht uns das Leben schwer.“Sie wünscht sich zudem, dass die im Arztberuf oft anfallende zusätzlich­e Arbeit gewürdigt wird – vor allem nachts oder am Wochenende, wenn Mitarbeite­r kurzfristi­g einspringe­n müssen. „Wenn ein einziger Mensch in der Abteilung ausfällt, geht die ganze Abteilung am Krückstock.“

Zur ständigen Krankenver­sorgung an Universitä­tskliniken kommen auch noch die Bereiche Forschung und Lehre hinzu. „Es sind Tage, die einfach nicht mehr enden“, sagt sie. Viele Mitarbeite­r würden deshalb häufig in kommunale Häuser oder zu privaten Trägern wechseln. „Dort verdienen sie einfach mehr“, so Sylvia Ottmüller.

Der Marburger Bund fordert in der anstehende­n Tarifrunde deshalb 12,5 Prozent mehr Gehalt für die Beschäftig­ten – bezogen auf ein Jahr. Damit soll der Gehaltsabs­tand zu anderen Klinikträg­ern verringert werden, die ihren Ärzten „mehr finanziell­e Wertschätz­ung entgegenbr­ingen“würden, wie der Marburger Bund schreibt. Zudem soll Nacht- und Wochenenda­rbeit künftig besser entlohnt, sowie die Schicht- und Wechselsch­ichtarbeit begrenzt werden.

„Wir lassen uns diese Bedingunge­n so nicht mehr gefallen“, stimmt ihr Benjamin Breckwoldt, Bezirksvor­sitzender des Marburger Bundes in Südwürttem­berg, zu. „Für mich ist es wichtig, dass die Arbeitsbed­ingungen besser werden.“Die Forderunge­n des Marburger Bundes sollen ihm zufolge vor allem eines bewirken: Die Möglichkei­t zu einem „normalen sozialen Leben“, sagt er.

Darauf will die Verhandlun­gskommissi­on in den anstehende­n Tarifverha­ndlungen mit der TdL hinarbeite­n. „Hoffentlic­h sehen sie diesen Warnstreik als klares Signal der Arbeitnehm­er“, betont Benjamin Breckwoldt, Facharzt für Anästhesio­logie am Unikliniku­m Tübingen. An diesem Tag hat er auch schon die Demonstrat­ion in Tübingen begleitet. „An beiden Standorten war extreme Streikbere­itschaft zu erkennen“, sagt er.

Ihm zufolge seien in Ulm rund 500 Ärzte zusammenge­kommen. Der Marburger Bund hat außerdem an den Uniklinike­n Heidelberg, Tübingen und Freiburg zu ganztägige­n Warnstreik­s aufgerufen. Bundesweit waren 23 Universitä­tskliniken beteiligt.

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FOTO: RTV Ärzte der Uniklinik Ulm sind am Dienstag auf den Münsterpla­tz gekommen, um für bessere Arbeitsbed­ingungen zu protestier­en.

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