Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Correctiv deckt konkrete Pläne auf
Neues Ulmer Recherchekollektiv will über rechte Gruppen in Ulm und Umgebung aufklären
- „Die extreme Rechte ist hier lokal und regional verankert“, sagt eine Sprecherin von Recherche Ulm. Rechtsextreme Aktitvitäten aufzudecken und darüber zu berichten, das hat sich das neue Recherchekollektiv zur Aufgabe gemacht. Welches Ziel Recherche Ulm damit verfolgt und warum damit jetzt ein zweites Recherchekollektiv in Ulm tätig ist.
Die Mitglieder von Recherche Ulm agieren im Verborgenen. Das gehe nicht anders, sagt die Sprecherin, die ihren Namen nicht verrät. Die Gruppe hat erst Mitte Januar ihren Online-Blog öffentlich gemacht. Das Ziel: über „extrem rechte Gruppen und Personen in Ulm und Umgebung“informieren, heißt es auf der Website.
„Monitoring“, also vor allem die Internet-Recherche, sei dabei die Kernaufgabe bei der Recherche. „Wir schauen, was hier vor Ort an extrem rechten Aktivitäten passiert“, so die Sprecherin. Damit will die Gruppe ein Narrativ brechen. „Rechte Strukturen sind nicht nur in Ostdeutschland ein Ding“, betont die Sprecherin. „Wir wollen zeigen, dass es rechte Strukturen auch in Ulm und Umgebung gibt.“
Das zeigte sich auch im jüngsten Fall. Nach einem AfD-Parteitag in Mittelfranken sollen laut Recherchen des Bayerischen Rundfunks (BR) Parteimitglieder abends in einer Disco Parolen wie „Deutschland den Deutschen, Ausländer raus“angestimmt haben. Diese Recherchen griff das junge Recherchekollektiv aus Ulm auf und will im Nachgang neben dem 23-jährigen AfD-Landtagsabgeordneten Franz Schmid weitere Beteiligte aus der Region identifiziert haben. Diese sollen zudem der rechtsextremen Gruppierung „Identitäre Bewegung“Schwaben (IB) nahestehen.
Wer beobachtet wird, fasst Recherche Ulm folgendermaßen zusammen: „Ich würde es für mich so definieren, dass die extreme Rechte Personen und Strukturen umfasst, die in irgendeiner Art und Weise eine menschenfeindliche Ideologie gepaart mit Nationalismus und dem Streben nach einer autoritären Ordnung repräsentieren und politisch handeln“, konkretisiert die Sprecherin.
Dazu listet Recherche Ulm auf seiner Website insgesamt sieben „extrem rechte Gruppen“auf, die
auch in der Region agieren sollen. Dazu zählen unter anderem Der Dritte Weg, Die Heimat (ehemals NPD), sowie die Reichsbürgerbewegung.
Ein solches Recherchekollektiv gibt es in Ulm allerdings schon. In den vergangenen Jahren hat „Rechte Umtriebe Ulm“über Ähnliches berichtet. Warum jetzt also ein zweites Netzwerk? Die Sprecherin erklärt die Gründung der neuen Plattform mit der aus ihrer Sicht „langen Inaktivität“von Rechte Umtriebe Ulm. Der letzte Eintrag auf deren Website datiert von Oktober 2023. Auf
Nachfrage der „Schwäbischen Zeitung“bei Rechte Umtriebe Ulm ist bis Redaktionsschluss noch keine Rückmeldung zur langen Pause eingegangen. So viel ist allerdings klar: Beide Kollektive streben ähnliche Ziele an.
Der Fokus der Recherchen liegt laut Recherche Ulm aktuell vor allem auf der AfD. Das zeigt auch der kürzlich veröffentlichte Enthüllungsbericht des Netzwerks „Correctiv“. Bei einem Geheimtreffen sollen Rechtsextreme, Unternehmer und AfD-Parteimitglieder Pläne zur Vertreibung von Millionen Menschen mit Zuwanderungsgeschichte
aus Deutschland geschmiedet haben – das Resultat nach der Veröffentlichung: eine Welle der Entrüstung in der Gesellschaft.
Diese führte in etlichen deutschen Städten zu großen Demos gegen Rechts. So auch in Ulm vergangenes Wochenende, als sich rund 10.000 Menschen auf dem Münsterplatz „gegen Hass und Hetze der AfD“positionierten. „Es ist auf jeden Fall ein starkes Zeichen gewesen. Eine solche kollektive Erfahrung von Menschen, die sich gemeinsam gegen die AfD engagieren, ist super wichtig“, sagt die Sprecherin von Recherche Ulm.
„Ich bin froh, dass die Recherche öffentlich gemacht worden ist“, so die Sprecherin weiter. „Vielen Menschen, die vom Bauchgefühl her schon vorher gegen die AfD waren, wurde gezeigt, dass es schon konkrete Pläne gibt.“Denn: Aus einem eher „diffusen“Bild über die Partei, wie die Sprecherin sagt, sei ein klareres, aber auch erschreckendes geworden.
Mit Recherchen möchte hier auch das neue Recherchekollektiv künftig ansetzen. Zu konkreten Themen, an denen das Kollektiv gerade arbeitet, möchte sich Recherche Ulm allerdings nicht äußern.