Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Correctiv deckt konkrete Pläne auf

Neues Ulmer Recherchek­ollektiv will über rechte Gruppen in Ulm und Umgebung aufklären

- Von Philip Hertle

- „Die extreme Rechte ist hier lokal und regional verankert“, sagt eine Sprecherin von Recherche Ulm. Rechtsextr­eme Aktitvität­en aufzudecke­n und darüber zu berichten, das hat sich das neue Recherchek­ollektiv zur Aufgabe gemacht. Welches Ziel Recherche Ulm damit verfolgt und warum damit jetzt ein zweites Recherchek­ollektiv in Ulm tätig ist.

Die Mitglieder von Recherche Ulm agieren im Verborgene­n. Das gehe nicht anders, sagt die Sprecherin, die ihren Namen nicht verrät. Die Gruppe hat erst Mitte Januar ihren Online-Blog öffentlich gemacht. Das Ziel: über „extrem rechte Gruppen und Personen in Ulm und Umgebung“informiere­n, heißt es auf der Website.

„Monitoring“, also vor allem die Internet-Recherche, sei dabei die Kernaufgab­e bei der Recherche. „Wir schauen, was hier vor Ort an extrem rechten Aktivitäte­n passiert“, so die Sprecherin. Damit will die Gruppe ein Narrativ brechen. „Rechte Strukturen sind nicht nur in Ostdeutsch­land ein Ding“, betont die Sprecherin. „Wir wollen zeigen, dass es rechte Strukturen auch in Ulm und Umgebung gibt.“

Das zeigte sich auch im jüngsten Fall. Nach einem AfD-Parteitag in Mittelfran­ken sollen laut Recherchen des Bayerische­n Rundfunks (BR) Parteimitg­lieder abends in einer Disco Parolen wie „Deutschlan­d den Deutschen, Ausländer raus“angestimmt haben. Diese Recherchen griff das junge Recherchek­ollektiv aus Ulm auf und will im Nachgang neben dem 23-jährigen AfD-Landtagsab­geordneten Franz Schmid weitere Beteiligte aus der Region identifizi­ert haben. Diese sollen zudem der rechtsextr­emen Gruppierun­g „Identitäre Bewegung“Schwaben (IB) nahestehen.

Wer beobachtet wird, fasst Recherche Ulm folgenderm­aßen zusammen: „Ich würde es für mich so definieren, dass die extreme Rechte Personen und Strukturen umfasst, die in irgendeine­r Art und Weise eine menschenfe­indliche Ideologie gepaart mit Nationalis­mus und dem Streben nach einer autoritäre­n Ordnung repräsenti­eren und politisch handeln“, konkretisi­ert die Sprecherin.

Dazu listet Recherche Ulm auf seiner Website insgesamt sieben „extrem rechte Gruppen“auf, die

auch in der Region agieren sollen. Dazu zählen unter anderem Der Dritte Weg, Die Heimat (ehemals NPD), sowie die Reichsbürg­erbewegung.

Ein solches Recherchek­ollektiv gibt es in Ulm allerdings schon. In den vergangene­n Jahren hat „Rechte Umtriebe Ulm“über Ähnliches berichtet. Warum jetzt also ein zweites Netzwerk? Die Sprecherin erklärt die Gründung der neuen Plattform mit der aus ihrer Sicht „langen Inaktivitä­t“von Rechte Umtriebe Ulm. Der letzte Eintrag auf deren Website datiert von Oktober 2023. Auf

Nachfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“bei Rechte Umtriebe Ulm ist bis Redaktions­schluss noch keine Rückmeldun­g zur langen Pause eingegange­n. So viel ist allerdings klar: Beide Kollektive streben ähnliche Ziele an.

Der Fokus der Recherchen liegt laut Recherche Ulm aktuell vor allem auf der AfD. Das zeigt auch der kürzlich veröffentl­ichte Enthüllung­sbericht des Netzwerks „Correctiv“. Bei einem Geheimtref­fen sollen Rechtsextr­eme, Unternehme­r und AfD-Parteimitg­lieder Pläne zur Vertreibun­g von Millionen Menschen mit Zuwanderun­gsgeschich­te

aus Deutschlan­d geschmiede­t haben – das Resultat nach der Veröffentl­ichung: eine Welle der Entrüstung in der Gesellscha­ft.

Diese führte in etlichen deutschen Städten zu großen Demos gegen Rechts. So auch in Ulm vergangene­s Wochenende, als sich rund 10.000 Menschen auf dem Münsterpla­tz „gegen Hass und Hetze der AfD“positionie­rten. „Es ist auf jeden Fall ein starkes Zeichen gewesen. Eine solche kollektive Erfahrung von Menschen, die sich gemeinsam gegen die AfD engagieren, ist super wichtig“, sagt die Sprecherin von Recherche Ulm.

„Ich bin froh, dass die Recherche öffentlich gemacht worden ist“, so die Sprecherin weiter. „Vielen Menschen, die vom Bauchgefüh­l her schon vorher gegen die AfD waren, wurde gezeigt, dass es schon konkrete Pläne gibt.“Denn: Aus einem eher „diffusen“Bild über die Partei, wie die Sprecherin sagt, sei ein klareres, aber auch erschrecke­ndes geworden.

Mit Recherchen möchte hier auch das neue Recherchek­ollektiv künftig ansetzen. Zu konkreten Themen, an denen das Kollektiv gerade arbeitet, möchte sich Recherche Ulm allerdings nicht äußern.

 ?? FOTO: IMAGO/EIBNER/DENNIS DUDDEK ?? Nicht zuletzt durch die „Correctiv“-Enthüllung­en demonstrie­ren Tausende – wie hier auf dem Münsterpla­tz – gegen rechts. Ein neues Recherchek­ollektiv will rechte Strukturen in und um Ulm aufdecken.
FOTO: IMAGO/EIBNER/DENNIS DUDDEK Nicht zuletzt durch die „Correctiv“-Enthüllung­en demonstrie­ren Tausende – wie hier auf dem Münsterpla­tz – gegen rechts. Ein neues Recherchek­ollektiv will rechte Strukturen in und um Ulm aufdecken.

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