Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Infotafeln für Hindenburgstraße kommen
Stadt Biberach will elf Jahre alte Anregung umsetzen – Debatte in Riedlingen sorgt für Anstoß
- In Riedlingen wurde in den vergangenen Tagen über eine Umbenennung der dortigen Hindenburgstraße diskutiert. Jetzt sollen zusätzliche Infotafeln über die zwiespältige Rolle des früheren Reichspräsidenten bei der Machtergreifung der Nazis informieren.
Auch in Biberach gibt es in zentraler Lage eine Hindenburgstraße, die direkt am Rathaus in den Marktplatz mündet. Auch hier soll nun eine vor fast elf Jahren geäußerte Anregung in die Tat umgesetzt werden.
Welche Rolle der greise Reichspräsident Paul von Hindenburg (1847–1934) bei der Machtergreifung der Nazis spielte und welches Gewicht ihm dabei zukam, wird unter Historikern noch immer kontrovers diskutiert. Vor zehn Jahren kam ein von der Stadt Hannover gebildeter Fachbeirat zu dem Ergebnis, dass Hindenburg „Hitler den Weg zur Macht geebnet und alle politischen Maßnahmen Hitlers mitgetragen“habe. Dies führte in der Folge zur Umbenennung der Hindenburgstraße in Hannover. Auch in anderen deutschen Städten kam es in den vergangenen Jahrzehnten zur Umbenennung von Straßen und Plätzen, die dem früheren Reichspräsidenten gewidmet waren. Die Internet-Enzyklopädie
Wikipedia listet aktuell noch rund 90 Hindenburgstraßen in Deutschland auf.
Im Zuge der Vorbereitung auf die Gartenschau 2035 gab es nun auch in Riedlingen den Wunsch an die Stadtverwaltung, man möge die dortige Hindenburgstraße umbenennen, die aus dem östlichen Stadtgebiet über die Donau in die Altstadt führt.
Der Gemeinderat debattierte über das Thema und beschloss am Ende mehrheitlich, dass die Straße zwar vorerst ihren Namen behalten soll, an den Straßenschildern aber Infotafeln mit einem QR-Code angebracht werden, der zu weiteren Informationen über Hindenburgs Rolle bei der NSMachtübernahme führt.
Auch in Biberach gab es mehrfach Anläufe, die rund 230 Meter lange Hindenburgstraße, die zwischen Waldseer Straße und Rathaus verläuft, umzubenennen. 2010 hatte die Erzberger-Initiative um Alfons Siegel mehrere Hundert Unterschriften gesammelt und eine Umbenennung der Hindenburgstraße in Erzbergerstraße als Form einer späten Genugtuung für den 1921 von Rechtsterroristen ermordeten Zentrumspolitiker gefordert. Dieses Anliegen fand damals im Gemeinderat aber keine Zustimmung. So gibt es bereits eine Matthias-Erzberger-Straße im östlichen Stadtgebiet. Außerdem hatten seinerzeit die Geschäftsleute und Anwohner der Hindenburgstraße Bedenken wegen der Kosten und der möglichen Verwirrung geäußert, die eine Adressänderung mit sich brächte. Rund 90 Prozent von ihnen sprachen sich damals dagegen aus.
Nicht äußern musste sich bei dieser Befragung die Stadtverwaltung selbst. Firmiert das neue Biberacher Rathaus, dessen längere Fassadenseite zwar an der Hindenburgstraße liegt, doch seit jeher unter der etwas merkwürdigen Adresse Marktplatz 7/1, die dem Oberbürgermeister den Hindenburg im Briefkopf erspart.
Zuletzt kam das Thema Anfang 2013 in den Gemeinderat. Zum 80. Jahrestag der Machtergreifung Hitlers beantragte die Grünen-Fraktion eine Umbenennung der Hindenburgstraße in Kronenstraße. So hieß sie bis in die 1930er-Jahre. Auch dieser Antrag fand im März 2013 jedoch keine Mehrheit. OB Norbert Zeidler verwies damals auf die historisch schwierige Debatte über die Person Hindenburg, machte aber laut damaligem SZ-Bericht den Vorschlag, eine Infotafel anbringen zu lassen, die sich mit der Diskussion um Hindenburg auseinandersetzt.
Seither ist allerdings nichts passiert. Die Straßenschilder hängen dort noch immer ohne jede
Zusatzinformation. Die Diskussion in Riedlingen und die aktuelle Debatte um Rechtsextremismus und den Weg Deutschlands in den Nationalsozialismus nahm die SZ-Redaktion deshalb zum Anlass, um bei der Stadtverwaltung nachzufragen, ob und wann es denn die Infotafeln in der Hindenburgstraße geben wird.
Ein solcher Beschluss sei im Protokoll der genannten Gemeinderatssitzung aus dem März 2013 nicht schriftlich festgehalten, teilt Pressesprecherin Andrea Appel mit. Stadträtin Marlene Goeth (Freie Wähler) habe das Thema Ergänzungsschild damals in der Debatte angeregt.
Manchmal fielen aber auch noch nach erfolgter Abstimmung Äußerungen, „und wir führen kein Wortprotokoll“, so Appel. Gut möglich also, dass es die Zusage des OB trotzdem gab.
Dieser hat sich nach der Presseanfrage vorige Woche nochmals mit dem Thema befasst. „Wir werden Infotafeln für die Hindenburgstraße erarbeiten und anbringen“, kündigt Zeidler gegenüber der „Schwäbischen Zeitung“an. Er werde Museumsleiter Frank Brunecker bitten, einen entsprechenden Text dafür zu verfassen. „Möglicherweise können wir auch mit einem QRCode arbeiten oder wir tun uns bei diesem Thema mit der Stadt Riedlingen zusammen.“