Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Kümmerer und Menschenfr­eund aus Leidenscha­ft

Der Laupheimer Ehrenbürge­r und frühere Bundestags­abgeordnet­e Franz Romer stirbt im Alter von 81 Jahren

- Von Roland Ray und Thomas Werz

- Trauer um Franz Romer: Am Freitag ist der Laupheimer Ehrenbürge­r im Alter von 81 Jahren verstorben. Nach einem Herzstills­tand am Montagaben­d im Sportheim des SV Sulmetinge­n war er ins Ehinger AlbDonau Klinikum eingeliefe­rt worden. Als Ortsvorste­her von Untersulme­tingen, Stadt- und Kreisrat hat der Christdemo­krat das kommunalpo­litische Geschehen nachhaltig geprägt und zur guten Entwicklun­g in seiner Heimat beigetrage­n. Im Deutschen Bundestag genoss er als „Mann des Volkes“über Parteigren­zen hinweg hohe Wertschätz­ung.

An seinem Lieblingsp­latz, dem Wintergart­en seines Hauses unweit der Riß, konnte Franz Romer angelegent­lich erzählen. Sein Vater fiel im Krieg, fünf Monate vor der Geburt des Sohnes. Die Mutter trieb das landwirtsc­haftliche Anwesen um; von ihr habe er wohl den Blick für andere geerbt, vermutete der „Fra“. Er lernte Industriem­echaniker bei Uhlmann, war Hornist bei den „Rißtalern“, schoss Tore für den SV Sulmetinge­n, heiratete seine Paula und zog vier Kinder mit ihr auf.

An seinem zweiten Herzenspla­tz, der Vereinsgas­tstätte des SV Sulmetinge­n, hatte Romer am vergangene­n Montagaben­d im Kreise von Freunden einen Herzstills­tand erlitten. „Es ist da passiert, wo es passieren musste“, sagte Sohn Edgar Romer. Im Familienkr­eis

sei mehrfach gewitzelt worden, dass sein Ende den leidenscha­ftlichen Anhänger des SVS irgendwann im Mittelkrei­s des Sulmetinge­r Sportplatz­es ereilen würde. Denn der perfekte Rasen für seine Mannschaft, das war nach der politische­n Karriere die große Leidenscha­ft von Franz Romer. Mit einem Team aus Senioren kümmerte sich der „Fra“mit Passion und Sachversta­nd um das Spielfeld. „Die WFV-Rasentage waren Fixtermine im Jahreskale­nder“, so Sohn Edgar. Teils mehrmals täglich habe er auf dem SVSportgel­ände vorbeigesc­haut, um im „OsUs“oder auf dem Sportplatz nach dem Rechten zu sehen. „Nur Kicken geht halt nicht mehr“, hatte Romer lachend an seinem 80. Geburtstag bedauert.

Anpacken, sich einsetzen und kümmern, das war für Franz Romer zeitlebens Leitmotiv. Nachdem er 1964 zur Firma Lindenmaie­r in Untersulme­tingen gewechselt war, zog er 1978 in den Betriebsra­t ein, drei Jahre später trugen sie ihm den Vorsitz an. Im Arbeitnehm­erf lügel der CDU wuchs ihm Reputation zu. 1989 auf der Landeslist­e für den ersten gesamtdeut­schen Bundestag nominiert, schaffte er den Sprung ins Parlament. Er war stolz darauf, den Weg zur deutschen Einheit von dieser Stelle begleiten zu dürfen. 1994 blieb ihm die Wiederwahl verwehrt, doch zwei Jahre später rückte er für den verstorben­en Abgeordnet­en Rainer Haungs aus dem Wahlkreis Emmendinge­n-Lahr

nach. Anschließe­nd gewann er dreimal das Direktmand­at im Wahlkreis Biberach; 2002 fuhr er mit 57,7 Prozent der Stimmen das deutschlan­dweit zweitbeste Ergebnis für die CDU ein und war Spitzenrei­ter im „Ländle“.

Bodenhaftu­ng blieb auch im Bonner und später im Berliner Politgetri­ebe sein Markenzeic­hen. Mochten andere ins Rampenlich­t drängen – Romers Ding als Abgeordnet­er war das sachkundig­e, beharrlich­e Wirken im Hintergrun­d, besonders im Arbeits- und Sozialauss­chuss. Dort focht er für seine Überzeugun­gen, als Anwalt der arbeitende­n Bevölkerun­g, und sein Wort hatte Gewicht, denn er wusste, wovon er sprach. Mit Vergnügen erinnerte sein Parteifreu­nd Alois Graf von WaldburgZe­il, wie der Praktiker aus Untersulme­tingen in hochtheore­tische Gef ilde entschwebe­nde Diskussion­en auf den harten Boden der Wirklichke­it zurückzufü­hren wusste.

Wer das Glück hatte, von ihm durch das Reichstags­gebäude geführt zu werden, stellte fest, dass er jeden Saaldiener, jede Reinigungs­kraft mit Namen kannte und Zeit für ein paar Worte fand. Ihm seien diese Leute immer wichtig gewesen, betonte Romer – „die haben’s doch auch nicht leicht“. Dem Chef einer Zeitarbeit­sfirma, der einer Garderoben­frau kündigen wollte, drohte er mit einer Großen Anfrage im Parlament, „wie hier mit dem Personal umgesprung­en wird“. Die Frau behielt ihren Job. Zum Abschied aus Berlin schmiss er ein Fest für die guten Geister vor und hinter den Kulissen.

Grundlage all dessen war, dass er den Draht zur Basis nie verlor. Nicht nur der eigenen Partei schrieb er ins Stammbuch: „Bevor jemand in den Bundestag geht, sollte er einen Beruf gelernt haben und ein paar Jahre in der Kommunalpo­litik tätig gewesen sein. Da kriegt man mit, was die Leute bewegt.“In seinem Fall waren es Jahrzehnte: Von 1975 bis 2018 wirkte er ehrenamtli­ch als Ortsvorste­her in Untersulme­tingen, von 1975 bis 2019 als Laupheimer Stadtrat; 26 Jahre gehörte er dem Biberacher Kreistag an. In den Sitzungen konnte er hartnäckig für seinen Standpunkt argumentie­ren. Uferten Debatten aus, fasste er zusammen, drängte auf eine Entscheidu­ng – und war durchaus auch kompromiss­bereit.

Romer war rastlos unterwegs, bestens vernetzt und informiert und auch auf kommunaler Ebene Fürspreche­r für die sozialen Belange von Menschen, die sich schwertun, Gehör zu finden. Für sein Engagement wurde er mehrfach ausgezeich­net. „Sie sind immer für die Menschen da“, lobte Landrat Heiko Schmid 2015 anlässlich der Verleihung des Bundesverd­ienstkreuz­es. 2017 erkannte der Laupheimer Gemeindera­t Romer die Ehrenbürge­rwürde zu. 2019 überreicht­e ihm Bischof Gebhard Fürst den Silvestero­rden, die höchste päpstliche Auszeichnu­ng, die katholisch­en Laien zuteil wird.

Den Zeitpunkt, seine politische­n Ämter niederzule­gen, hat Franz Romer jeweils selbst bestimmt – auch dies keine kleine Kunst. Er erfreute sich an seiner Familie und den zehn Enkelkinde­rn. Und war nach wie vor am politische­n und kulturelle­n Leben Laupheims hochintere­ssiert. Noch vor wenigen Tagen sah man ihn beim Neujahrsem­pfang der Stadt, bei der Jubiläumsf­eier des Seniorencl­ubs und in der neuen Dauerausst­ellung des Museums.

Wenn man Franz Romer in der Stadt oder bei einem der offizielle­n Termine traf und man sich nach dem Befinden erkundigte, dann lautete die mit einem Lächeln untermalte Antwort stets: „Bestens, in dem Alter muss man zufrieden sein.“Der Vater habe nie zum Pf legefall werden wollen, „das stand für ihn absolut fest“, erklärte Sohn Edgar. Am Freitag verstarb Franz Romer in Ehingen im Kreis seiner Familie, mit dem schwarz-gelben SVS-Schal an seiner Seite. Er wird fehlen.

 ?? FOTO: ANGELIKA GRETZINGER/SZ-ARCHIV ?? Der Laupheimer Ehrenbürge­r, langjährig­e Untersulme­tinger Ortschafts­rat und frühere CDU-Bundestags­abgeordnet­e Franz Romer ist am Freitag im Alter von 81 Jahren gestorben. Die Fotos zeigen ihn bei seiner Verabschie­dung 2019 mit seiner Frau Paula, Ortsvorste­herin Carmen Böhringer und OB Gerold Rechle. Und bei seiner letzten Rede im Deutschen Bundestag 2009.
FOTO: ANGELIKA GRETZINGER/SZ-ARCHIV Der Laupheimer Ehrenbürge­r, langjährig­e Untersulme­tinger Ortschafts­rat und frühere CDU-Bundestags­abgeordnet­e Franz Romer ist am Freitag im Alter von 81 Jahren gestorben. Die Fotos zeigen ihn bei seiner Verabschie­dung 2019 mit seiner Frau Paula, Ortsvorste­herin Carmen Böhringer und OB Gerold Rechle. Und bei seiner letzten Rede im Deutschen Bundestag 2009.
 ?? FOTO: ROLAND RAY ?? Am Narradag lassen die Laup’r Waidäg die Fasnet raus. Mit dem Fuhrmann in der Mitte jucken die Buntgeflec­kten über den Oberen Marktplatz in Richtung Rathaus.
FOTO: ROLAND RAY Am Narradag lassen die Laup’r Waidäg die Fasnet raus. Mit dem Fuhrmann in der Mitte jucken die Buntgeflec­kten über den Oberen Marktplatz in Richtung Rathaus.

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