Schwäbische Zeitung (Laupheim)
In der Winterzeit bricht das Racing-Fieber auf dem Teppich aus
Was Einsteiger beim Kauf einer Autorennbahn beachten sollten
(dpa) - Packende Zweikämpfe zwischen Lewis Hamilton und Max Verstappen auf dem Teppich nachspielen, die Autos tunen und sich miteinander messen. Das macht Modellautorennbahnen reizvoll – nicht nur für Kinder und nicht nur zur Weihnachtszeit.
Doch wer hat die TeppichRennbahn erfunden? „Es gab schon Ende der 1920er-Jahre Versuche, eine Autorennbahn zu bauen — unter anderem von Märklin“, sagt Andreas A. Berse, Chefredakteur der Fachzeitschrift „Modell Fahrzeug“. Dabei hat man die Technik der Modelleisenbahn auf vier Räder übertragen. Von den Bahnen gab es nur kleine Stückzahlen. „Die funktionierten auch nicht so richtig“, sagt Berse.
So richtig Schwung bekam das Thema Autorennbahn in den 1960ern in England bei Scalextric und bei der Firma Neuhierl. Der Spielzeughersteller aus Fürth brachte ab 1963 solche Flitzer unter der Marke Carrera auf den Markt. Mit großem Erfolg. „Man hatte sogar Meisterschaften ausgetragen“, erzählt Berse. Die Hochzeiten dauerten noch bis in die 1970er-Jahre an. Dann liefen elektronische Spielzeuge wie funkferngesteuerte Autos und erste Computerspiele den kleinen Teppich-Rennern den Rang ab.
Anfang der 1990er-Jahre wurden sie dann aber wiederentdeckt. Neben Carrera und Scalextric sind heute unter anderem Ninco, Fly oder Policar bekannte Marken für ganze Bahnen und einzelne Autos.
Und wie war das jetzt mit dem Slotracing? Der englische Begriff für Modellautorennen rührt von der Technik der Rennbahnen her. Die Autos werden in der Regel mithilfe eines Stiftes durch eine Schlitz (Slot) in der Fahrbahn geführt. An dem Stift sind zwei Stromabnehmer befestigt (Schleifer), die über die zwei Stromschienen schleifen, die sich links und rechts des Schlitzes befinden. Darüber wird der E-Motor im Auto mit Strom versorgt. Zumeist gehen die kleinen Renner auf zwei Spuren nebeneinander ins Rennen. Gas gibt man per Daumendruck am Handregler.
„Das Tolle ist ja, Sie fahren auf einem Kurs und messen Ihre Fähigkeiten gegeneinander — Competition ist das Thema“, meint Berse. Wer das mit ferngesteuerten Autos machen will, braucht viel mehr Platz oder muss sogar auf spezielle Rennplätze gehen. „Die Autorennbahn können Sie im Wohnzimmer aufbauen“, sagt Berse.
Wer eine Bahn etwa als Geschenk kaufen will, muss nicht gleich Unsummen investieren. Viele Hersteller bieten für rund 40 Euro Startpackungen für Kinder ab drei Jahren an. Die Autos darin sind batteriebetrieben und der Fokus liegt auf bunten Farben, ergonomischen Reglern und bekannten Figuren aus Film, TV und Videospielen. „Die Bahnen für kleinere Kinder haben meist kleinere Autos und fest montierte Magneten, damit die Autos in Kurven leichter zu beherrschen sind“, sagt Berse. Für Ältere gibt es auch günstige Einstiegsbahnen im Maßstab 1:43 ab etwa 60 Euro.
Die Hersteller geben in der Regel eine Altersempfehlung, sagt Kurt Petri. Der Slotcar-Experte verkauft als Fachhändler seit über 40 Jahren Modellrennbahnen. Sein Tipp: Wer beim Kauf für ein Kind zwischen zwei Altersstufen schwankt, könne problemlos zur höheren greifen. „Dann kann ich das System immer erweitern, ohne dass ich noch mal wechseln muss“, sagt Petri. Dann sei aber sicherzustellen, dass das Kind auch nur gemeinsam mit Erwachsenen oder unter Aufsicht spielt.
Wer steigendes Interesse bemerkt, sollte besser zügig auf eine Bahn im Maßstab 1:32 umsteigen. Das ist auch der Maßstab, den Berse erwachsenen Käufern gleich zu Beginn empfiehlt. Die Autos sind leistungsfähiger und schneller. Zudem ist es ein extrem weit verbreiteter Maßstab, für den viele Hersteller Autos, Schienen und Zubehör bauen. Startersets
beginnen preislich bei etwa 100 Euro und digital unter 200 Euro. Solange man ein analoges System gewählt hat, fahren alle Autos auch auf jeder Bahn.
Am Anfang steht meist eine Grundpackung mit zwei Autos und Fahrbahnschienen, die ein Oval oder eine Acht bilden. Aber dabei muss es nicht bleiben. „Das ist ja das Schöne: Wie bei der Eisenbahn können Sie das nach und
nach aufbauen“, sagt Berse. Bei digitalen Bahnen sind Spurwechsel und mehrere Autos auf einer Spur möglich. Das kann Rennen spannender machen. Es lassen sich zudem Dinge wie Nachtanken, Reifen- und Bremsenverschleiß simulieren, die sich bei Boxenstopps beheben lassen.
„Das ist wie ein Mittelding zwischen Gaming und Rennbahnfahren“, sagt Petri. „Der Mehrbetrieb ist aber nur sinnvoll, wenn die Bahn lang genug ist.“Je länger die Bahn, das heißt je größer der mögliche Abstand zwischen den Autos, desto ungestörter kann man frei fahren. „Auf einer Digital-Bahn mit einer Rundenlänge von acht Metern mit vier oder sechs Leuten spielen zu wollen, macht kaum Spaß“, sagt er. „Hier ist Staubildung wahrscheinlicher als spannende Rennen.“