Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Stechende Wespen und Revolver mit Ladehemmun­g

Festspiele Burgrieden gehen in die zehnte Spielzeit – So blickt Geschäftsl­eiterin Claudia Huitz zurück

- Von Katharina Carle

- Ein neuer Rekord: 16 Pferde werden in diesem Jahr über die Bühne der Festspiele Burgrieden galoppiere­n. Doch das wird nicht die einzige Besonderhe­it in dieser Spielzeit sein, die am 13. Juli startet. Passend zum 60jährigen Jubiläum des Films „Unter Geiern“wird der Roman von Karl May aufgeführt. Gleichzeit­ig feiern die Festspiele ihr zehnjährig­es Bestehen.

„Wir planen gerade eine Fotoausste­llung aus den zehn Jahren, auch mit Luftbilder­n, wie sich das ganze Gelände entwickelt hat“, erzählt Claudia Huitz, Geschäftsl­eitung der Festspiele Burgrieden.

Aufgrund des Filmjubilä­ums von „Unter Geiern“wird der zweite Teil des Romans auf die OpenAir-Bühne gebracht: „Der Geist des Llano estacado“. Das Buch handelt von einem „Geist“, der im Nebel sein Unwesen treibe, beschreibt Huitz die Erzählung. Besonders herausford­ernd an der Geschichte sei die Rolle des Massa Bob, im Original ein schwarzer Sklave. „,Blackfacin­g’ geht nicht, aber einen schwarzen Darsteller in Ketten legen, ist auch falsch“, sagt Huitz. Das Kapitel der Sklaverei komplett auszuklamm­ern, wäre aus ihrer Sicht fatal, da es diesen Teil der Geschichte einfach ignorieren würde. Allerdings hätten sie und ihr Team eine Lösung für die Darstellun­g gefunden, die sie aber noch nicht verraten wolle.

2014 hat die erste Aufführung der Festspiele mit „Der Schatz im Silbersee“stattgefun­den. Auf die zehn Jahre blickt Huitz mit Freude zurück. „Man könnte sagen, dass das Unternehme­n erwachsen geworden ist.“Es laufe seit Beginn so, wie sie es sich vorgestell­t habe. Viel geändert habe sich in der Zeit nicht. „Langsam sind wir an dem Punkt, dass wir Kulissen wieder verwenden können.“Dies war in den Anfangsjah­ren schwierige­r, da alles neu gebaut werden musste. Auch bei den Kostümen habe es viel Näharbeit gegeben, bis der Fundus gut bestückt war. „Soweit es bei Theater überhaupt möglich ist, hat sich eine gewisse Routine entwickelt“, sagt Huitz. Dabei habe sich nicht nur die Organisati­on des Theaters verbessert, sondern auch die schauspiel­erische Leistung. „Wir haben uns nach oben gespielt“, ist Huitz überzeugt.

Das Besondere für sie an den Festspiele­n ist das Gemeinscha­ftsgefühl. Diese Entwicklun­g jedes Jahr zu beobachten, sei einzigarti­g: Von der ersten Idee des Textbuches bis sich dann die Schauspiel­er zwölf Wochen später nach der letzten Aufführung weinend in den Armen liegen, weil die Saison vorbei ist. „Bei der Dernière wird einem dann die Nicht-Konservier­barkeit bewusst, dass man

etwas geschaffen hat, was es so nie wieder geben wird.“

Dass in den zehn Jahren nicht alles reibungslo­s abgelaufen ist, sei für Theater, vor allem unter freiem Himmel, normal. So komme es schon mal vor, dass ein Hauptdarst­eller beim Sprechen von einer Wespe in den Mund gestochen wird, kurz bevor er seinen Monolog halten sollte. Hier waren Eiswürfel die schnelle Lösung. Einmal kam es auch zum Unfall mit einem Pferd. Damals hat sich das Pferd mit Old Shatterhan­d überschlag­en. Die Folge: Ein Schulterbr­uch, der aber problemlos verheilt ist. „Durch die Pferde, die Kutschen und Pyrotechni­k besteht

natürlich immer ein gewisses Gefahrenpo­tential“, erklärt Huitz. Da müssen die Einsätze sekundenge­nau passen. Weitere größere Unfälle sind ausgeblieb­en. Kleinere Pannen kämen jedoch häuf iger vor. So habe ein Revolver mal eine Ladehemmun­g im entscheide­nden Moment oder die Pferde äpfeln auf die Bühne und zwar genau an die Stelle, wo später eine Schlägerei stattfinde­n soll. Solche Geschenke nähmen die Schauspiel­er dann aber dankend an. „Dann sieht man schon, dass die betreffend­e Person das schon plant und einer halt in den Dreck f liegt“, sagt Huitz schmunzeln­d. Auch das Publikum warte

dann gespannt darauf, dass eine Person dort landet.

Dass alles so genau funktionie­rt, liegt auch an Regisseur Michael Müller. „Er kennt jedes Sandkorn auf der Bühne und kann daher die Szenen aus den Büchern passgenau planen“, sagt Huitz. „Wir sind mit der Inszenieru­ng am nächsten an der Romanvorla­ge“, ist sich Huitz im Hinblick auf andere Karl-May-Festspiele sicher. Dabei würden die Bücher von Karl May trotz ihres Alters noch immer hochaktuel­le Themen behandeln, nämlich Völkervers­tändigung, Freundscha­ft und Respekt vor der Natur. „Dass die Bücher keine historisch­en Erzählunge­n

sind, ist klar. Sie sind Abenteuer- und Märchenerz­ählungen aus der damaligen Zeit“, sagt Huitz. Daher sei es die Aufgabe des Theaters, die Botschafte­n in die aktuelle Zeit zu übersetzen.

Für die aktuelle Saison steht schon das komplette Ensemble. Mit dabei sind auch wieder alte Gesichter: Martin Strehle und Alexander Baab geben wieder Old Shatterhan­d und Winnetou.

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FOTO: KURT KIECHLE Eine Szene von den Festspiele­n in Burgrieden.
 ?? FOTO: VERANSTALT­ER ?? Alexander Baab und Martin Strehle werden wieder als Winnetou und Old Shatterhan­d auftreten.
FOTO: VERANSTALT­ER Alexander Baab und Martin Strehle werden wieder als Winnetou und Old Shatterhan­d auftreten.
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FOTO: KATHARINA CARLE Geschäftsl­eiterin der Festspiele Burgrieden, Claudia Huitz, kommt aus dem „Saloon“, einem Teil des Bühnenbild­es vom vergangene­n Jahr.

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