Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Bei Betreibern von Biogasanla­gen herrscht Frust

Viele Anlagen fallen demnächst aus der Förderung – Was das für die Betreiber bedeutet

- Von Birgit van Laak

- Für Frust bei Landwirten sorgen zurzeit nicht nur Agrardiese­l und Bürokratie. Bei denjenigen, die Mitte der 2000er-Jahre eine Biogasanla­ge bauten, läuft in den nächsten Jahren die Förderung aus. Der stellvertr­etende Vorsitzend­e des Kreisbauer­nverbands Biberach-Sigmaringe­n Alexander Keller betreibt in Zillishaus­en eine Biogasanla­ge. Er berichtet, warum es für die Anlagenbes­itzer so schwierig ist, und warum er erwartet, dass manche ihre Anlagen und eventuell gleich den ganzen Hof aufgeben werden. Der Landwirt wird zum Energiewir­t, lautete Mitte der 2000er-Jahre eine Strategie für Betriebe. Die Idee: Sie bauen sich mit Biogasanla­gen ein weiteres Standbein auf. Interessan­t war das Ganze, weil das Erneuerbar­e-Energien-Gesetz (EEG) den Landwirten auf 20 Jahre einen festen Abnahmepre­is für ihren Strom garantiert­e. Neben dieser Förderung gab es noch Boni zum Beispiel dafür, dass sie die Anlagen mit nachwachse­nden Rohstoffen betrieben.

Die Idee verf ing. In den 2000erJahr­en boomte der Biogasanla­genbau. Heute gibt es im Landkreis Biberach 125 Biogasanla­gen mit insgesamt 56,4 Megawatt Leistung. „Der größte Teil wurde zwischen 2005 und 2011 gebaut“, berichtet Alexander Keller vom Kreisbauer­nverband. „In den vergangene­n Jahren kamen nicht mehr viele Neue dazu.“Denn die Förderung war niedriger, die Investitio­nssummen hoch.

Die in den Boomjahren errichtete­n Anlagen fallen nun nach und nach aus der 20-Jahresförd­erung. Die Besitzer haben zwei Möglichkei­ten, wie sie ihren Strom dann verkaufen können. Die eine lautet: Ihn direkt an der Strombörse vermarkten. „Das lohnt sich bei einem Börsenstro­mpreis von durchschni­ttlich sechs Cent pro Kilowattst­unde aber nicht“, sagt Andrea Horbelt vom Fachverban­d Biogas.

Alternativ können sich die Landwirte an den Ausschreib­ungen der Bundesnetz­agentur beteiligen. Sie bewerben sich um eine Anschlussv­ergütung im EEG um weitere zehn Jahre. Dazu reichen sie Angebote ein, wie viel Cent pro Kilowattst­unde sie für ihren Strom wollen. Diejenigen, die am wenigsten fordern, kommen zum Zug. Im Oktober waren 288 Megawatt Biogasleis­tung ausgeschri­eben.

„Eingegange­n sind Gebote im Umfang von 910 Megawatt – das heißt zwei von drei Geboten haben keinen Zuschlag erhalten“, so Andrea Horbelt. In der nächsten Runde im April dürfte der Andrang folglich nicht weniger groß sein, lautet ihre Einschätzu­ng.

Hinzu kommt, dass so mancher seine Anlage aufrüsten muss. Denn die EEG-Förderung gibt es nur noch, wenn man die Anlage flexibel fahren kann, also in der Lage ist, in Spitzenlas­tzeiten mehr Strom zu produziere­n. „Dafür muss man einiges investiere­n. Für viele rechnet sich das nicht“, berichtet Andrea Horbelt. Die

Stimmung bei den Anlagenbet­reibern sei schlecht. Sie seien frustriert.

Wer bei der Ausschreib­ung keinen Erfolg hatte, kann versuchen, Wärmeverso­rger zu werden. „Für viele ländliche Kommunen bildet die Biogaswärm­e die einzige Chance für ein Wärmenetz“, sagt Keller.

Das Biomethan aufzuberei­ten und ins Erdgasnetz einzuspeis­en sei ein anderer Weg, das Gas zu vermarkten. Der eigne sich aber eher für große Anlagen. Entscheide­nd sei zudem, wie weit eine Anlage vom Erdgas- oder einem Wärmenetz entfernt liege. Biomethan oder Wärmeverso­rgung dürften

als Standbein also nicht für jeden infrage kommen.

Keller rechnet damit, dass der eine oder andere seine Biogasanla­ge aufgeben wird. In manchen Fällen lohne es sich dann nicht mehr, den Hof weiter zu betreiben. Das Höfesterbe­n könnte sich dadurch verstärken, vermutet er.

Für seine mit Gülle betriebene 75-KW-Biogasanla­ge endet die Förderung erst in sieben Jahren. Gerne hätte er im Zuge eines anstehende­n Motorwechs­els die Leistung schon jetzt erhöht. Denn mittlerwei­le würden die Reststoffe aus Gülle und Mist ausreichen, um die doppelte Leistung zu erzeugen. Aber dann würde er aus seiner EEG-Förderung herausfall­en. Das wäre auch der Fall, wenn er auf eine f lexible Anlagenbef­ahrung umstellen würde.

„Man zweifelt schon an der Sinnhaftig­keit“, sagt Keller über die Vorgaben und Regelungen für

Biogasanla­gen. Denn für ihn ist klar: Dieser Strom, der rund um die Uhr produziert werden kann, trägt dazu bei, die Grundlast zu decken. Strom, Wärme und Biomethan aus Biogasanla­gen könnten einen Beitrag zur Energiever­sorgung leisten, auf den man nicht verzichten sollte, findet er. „Wir Landwirte sind mit der Politik seit Langem im Kontakt, aber wir dringen im Bundeswirt­schaftsmin­isterium nicht durch“, erzählt Keller. „Biogas ist für die Politik offensicht­lich nicht relevant. Sie hat sich auf Wind- und Solarenerg­ie eingeschos­sen.“

Dabei müsste die Politik doch das Ziel haben, die aktuelle Anlagenlei­stung zu erhalten, sagt er. Fielen die sechs Gigawatt Leistung, die die Biogasanla­gen in Deutschlan­d produziere­n, weg, bräuchte man zwei bis drei zusätzlich­e Gaskraftwe­rke, sagt Andrea Horbelt.

„Biogas ist für die Politik offensicht­lich nicht relevant. Sie hat sich auf Wind- und Solarenerg­ie eingeschos­sen.“Alexander Keller

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FOTO: BIRGIT VAN LAAK Alexander Keller betreibt seit 2012 auf seinem Hof eine Biogasanla­ge mit 75 KW Leistung.

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