Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Ungerechtes Übergewicht
Ulmer Forscher belegen Zusammenhang von Elternhaus und kindlicher Adipositas
(sz) - Kinder von Eltern mit niedrigem Bildungsstand sind anfälliger für Übergewicht. Auch ein geringes Haushaltseinkommen und Migrationshintergrund spielen eine Rolle. Zu diesem Ergebnis kamen Forscher um Jürgen M. Steinacker und Susanne Kobel von der Sektion Sport- und Rehabilitationsmedizin des Ulmer Universitätsklinikums. Ihrer aktuellen Veröffentlichung in der Fachzeitschrift Archives of Public Health zufolge steigt das Risiko für Übergewicht ebenfalls bei Kindern, wenn Mütter und Väter zu viel auf die Waage bringen – auch weil das Gewicht der Kinder von den Eltern falsch eingeschätzt wird.
„Gesundheitsgerechtigkeit ist ein wichtiges Ziel von Forschung und Politik“, erklärt Jürgen M. Steinacker. Der Mediziner, der bis Ende September 2023 am Universitätsklinikum Ulm die Sektion für Sport- und Rehabilitationsmedizin
geleitet hat, engagiert sich seit vielen Jahren für die Gesundheit von Kindern.
Die Ergebnisse: „Zum einen sind Kinder häufiger übergewichtig, wenn sie in einer Familie mit geringem Haushaltseinkommen oder Migrationshintergrund aufwachsen oder ein Elternteil selbst Übergewicht hat“, so die Sportwissenschaftlerin Susanne Kobel. „Noch entscheidender scheint jedoch der Bildungsstatus der Eltern zu sein. Gesundheitsbezogene Risiken treten insbesondere in Familien mit niedrigem Bildungshintergrund auf, und das schon bei Kindern im Alter von drei bis fünf Jahren.“Kinder von Eltern ohne Hochschulabschluss waren doppelt so oft übergewichtig wie diejenigen von Akademikern.
„Bildung – nicht in Bezug auf Gesundheit, sondern ganz allgemein – scheint bei der Prävention von Übergewicht eine enorme Rolle
zu spielen“, so Jürgen M. Steinacker. Das Programm „Komm in das gesunde Boot“haben die Forscher in Reaktion auf die Studie bereits angepasst: Während man bislang ausschließlich Lehrkräfte mit Materialien unterstützte, um das Bewegungs-, Ernährungs- und Freizeitverhalten von Kindern positiv zu beeinf lussen, bietet das Programm nun auch Online-Elternabende (www.gesundesboot.de) an.