Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Widerstand gegen Cannabis-Freigabe
Gesetz soll kommende Woche in Bundestag – Union fordert namentliche Abstimmung
(dpa/epd) - Voraussichtlich in der kommenden Woche soll der Bundestag über das CannabisGesetz abstimmen. Nach Plänen der Ampel-Koalition sollten Cannabis-Anbau und -Konsum dann ab April für Erwachsene in festgelegten Grenzen erlaubt sein – und so könnte mancher Kiffertraum in Deutschland wahr werden.
Die Bundestagsfraktion von CDU und CSU will über das Gesetznamentlich abstimmen lassen. Der gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Tino Sorge (CDU), sagte am Mittwoch in Berlin, es sei wichtig zu dokumentieren, dass auch viele Ampel-Politiker dem Gesetz nicht zustimmten. Es enthalte Regelungen, die weder durchsetzbar noch kontrollierbar seien, kritisierte Sorge. Die Union lehnt die Reform entschieden ab. Der rechtspolitische Sprecher der Fraktion, Günter Krings (CDU), sagte, zwar habe auch das geltende Recht Schwächen. Doch werde mit dem Cannabis-Gesetz „eine katastrophale Rechtslage“geschaffen.
Erwachsene sollen künftig begrenzte Mengen von Cannabis besitzen, konsumieren und drei weibliche Pf lanzen zu Hause anbauen
dürfen. Außerdem sollen Anbau und Abgabe der Droge im Rahmen von lizenzierten und kontrollierten Cannabis-Clubs erlaubt werden. Für den öffentlichen Konsum soll es zahlreiche Regeln geben, etwa, dass er in Sichtweite von Schulen, Spielplätzen, Kitas oder Jugendeinrichtungen verboten ist. Für Jugendliche bis 18 Jahre bleiben Besitz und Konsum verboten. Das Gesetz soll am 1. April in Kraft treten. Der Bundesrat muss nicht zustimmen, kann aber mit einer Mehrheit Einspruch einlegen. Die Länder müssen die neuen Regelungen
umsetzen. Zuletzt hatte der SPD-Abgeordnete Sebastian Fiedler erklärt, er rechne mit einer zweistelligen Anzahl von Neinstimmen in seiner Fraktion. Die Fachpolitiker von SPD, Grünen und FDP hatten sich auf zahlreiche Änderungen an dem ursprünglichen Entwurf von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) verständigt. Dem Unionsabgeordneten Sorge zufolge liegen die entsprechenden Änderungsanträge den Oppositionsfraktionen bis heute nicht vor.
Die Idee bleibt auf alle Fälle umstritten. Dabei geht es weniger um das Ziel, Dealern das Handwerk zu legen. Das wollen fast alle. Doch aus der Medizin kommen Bedenken, ob jungen Menschen das Risiko von Cannabis ausreichend bewusst ist. Denn bis zum Alter von 25 Jahren reift das Gehirn. Wer diesen Prozess durch heftiges Kiffen stört, kann sich lebenslange Folgen einhandeln – Stichwort Psychose.
„Ich befürchte, dass wir mit dem geplanten Gesetz den Teufel mit dem Beelzebub austreiben“, sagt Euphrosyne Gouzoulis-Mayfrank. Die Neurologin und Psychiaterin ist die künftige Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie (DGPPN). Das Alter sei der entscheidende Punkt bei dieser Diskussion. Das werde zu wenig gesehen. Cannabis ist eine psychoaktive Substanz aus der Hanfpf lanze, die abhängig machen kann – ob nun als Joint, Haschkeks oder anders verpackt.
„Riskanter Konsum lässt sich nicht pauschal festmachen“, sagt Stephanie Eckhardt, Referatsleiterin der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) des Referats für Suchtprävention. Es gebe Faktoren, die zusammenspielten: Wie oft wird Cannabis genutzt? Wie viel davon? Und wie hoch ist dabei der THC-Gehalt, also die Konzentration des Rauschmittels Tetrahydrocannabinol?
Der Cannabis-Konsum sei in Deutschland vor allem bei jungen Erwachsenen zwischen 18 und 25 Jahren gestiegen, berichtet Eckhardt. Von ihnen habe inzwischen knapp die Hälfte schon einmal Cannabis konsumiert, sagt sie mit Verweis auf Daten von 2021. Für den Anstieg gibt es nur Vermutungen: die Verfügbarkeit, das soziale Umfeld, gesellschaftliche Trends und auch der Preis auf dem Schwarzmarkt. Nach Angaben des Bundesministeriums für Gesundheit haben im Jahr 2022 rund 4,5 Millionen Erwachsene in Deutschland wenigstens einmal Cannabis genutzt.