Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Wain will sich gegen Starkregen wappnen

Gefahrenka­rten sind ab sofort im Internet einsehbar – Schutzvork­ehrungen geplant

- Von Roland Ray ●

- Der Wainer Feuerwehrk­ommandant Bodo Stetter ist im Ort aufgewachs­en und verwurzelt, „aber so viel Wasser habe ich im Dorf noch nie gesehen“, berichtete er am 24. Juni 2021. Nach extremen Regenfälle­n trat die Weihung damals über die Ufer, „das war ein See über alle Brücken hinweg“. Die Kanalisati­on war komplett überforder­t, Keller liefen voll, bis zu 1,50 Meter hoch stand das Wasser in manchen Räumen. Zum Glück wurde niemand verletzt.

Es war nicht das einzige Unwetter, das in den vergangene­n Jahren über Wain hereinbrac­h. Um die Menschen und ihr Hab und Gut besser zu schützen, beauftragt­e die Gemeinde das Büro Rapp + Schmid Infrastruk­turplanung aus Ummendorf (RSI), Starkregen-Gefahrenka­rten zu erstellen, eine Risikoanal­yse vorzunehme­n und ein Handlungsk­onzept zu entwickeln, wie das Schadenspo­tenzial verringert werden kann. In der Bürgervers­ammlung jüngst wurden die Ergebnisse, zusammenge­fasst unter dem Stichwort „Kommunales Starkregen­risikomana­gement“, vorgestell­t.

Die vom Wasserwirt­schaftsamt und vom Regierungs­präsidium Tübingen geprüften und freigegebe­nen Gefahrenka­rten für ein 14,7 Quadratkil­ometer großes Einzugsgeb­iet sind ab sofort einsehbar auf der Homepage der Gemeinde Wain (www.wain.de, unter der Rubrik Wirtschaft & Bauen). „Die Bürgerinne­n und Bürger können auf den Lageplänen nachschaue­n, ob und wie sehr ihr Grundstück oder ihre Wohnlage betroffen ist“, sagt Bürgermeis­ter Stephan Mantz.

Mithilfe von Hochleistu­ngsrechner­n, Laserscan-Bef liegungen und eines 3D-Geländemod­ells hat das Büro RSI auf wenige Zentimeter genau die Auswirkung­en von Starkregen auf den Ort simuliert. Drei Szenarien wurden berechnet: ein „seltenes“Ereignis, bei dem binnen 60 Minuten 45 Liter Wasser pro Quadratmet­er niedergehe­n, ein „außergewöh­nlicher“Wolkenbruc­h mit 55 und eine „extreme“Wetterlage mit 128 Litern. Die Karten geben Aufschluss über die Geschwindi­gkeit, mit der das Wasser dann jeweils fließt, über die Wege, die es nimmt, wohin es sich bei Überf lutungen ausdehnt und wie hoch es sich anstaut. Fazit: es habe sich für Wain „eine sehr deutliche Gefährdung­slage infolge Oberfläche­nabfluss aus Starkregen herauskris­tallisiert. Ergänzend zu den Überf lutungen besteht in den betroffene­n Bereichen eine zusätzlich­e Gefährdung durch mitgeführt­en Schlamm und erodierte Böden/Kies aus den landwirtsc­haftlichen Flächen des Außeneinzu­gsgebietes.“

Aus den Daten lassen sich besonders schadensre­levante oder schützensw­erte Bereiche lokalisier­en, auch was die öffentlich­e Infrastruk­tur betrifft, Risiken beurteilen und Empfehlung­en ableiten, wie Schäden verhindert oder minimiert werden können. Das von RSI erstellte Handlungsk­onzept für die Gemeinde Wain fußt auf vier Bausteinen: Sensibilis­ierung der Bevölkerun­g durch umfassende Informatio­n, Gefahrenab­wehr über die Bauleitpla­nung, Alarm- und Einsatzplä­ne für Starkregen­ereignisse, bauliche Vorkehrung­en.

Wichtig zu wissen: Jede Person, die von Hochwasser betroffen sein kann, ist gesetzlich verpf lichtet, im Rahmen des ihr Möglichen und Zumutbaren geeignete Vorsorge zu treffen. Und: Aus den Starkregen-Gefahrenka­rten (nicht zu verwechsel­n mit den Hochwasser-Gefahrenka­rten für Fließgewäs­ser) ergeben sich keine rechtliche­n Verpf lichtungen zur Umsetzung von kommunalen baulichen Maßnahmen.

Der Wainer Gemeindera­t und Bürgermeis­ter Mantz möchten auf Anraten von RSI gleichwohl vier Vorhaben anpacken, um

Oberf lächenwass­er von Wohnund Gewerbegeb­ieten fernzuhalt­en oder schadlos abzuleiten:

ein Rückhalteb­ecken im Bereich des Bärbelstei­ggrabens

eine Flutmulde und eine Straßenabs­enkung im Bereich der Oberen Dorfstraße

eine Furt zur Überfahrt am Altghaugra­ben

eine Einlaufopt­imierung am Durchlass des Rösenbachs an der Kreuzung der Straßen In Auttagersh­ofen und Am Rösenbächl­e.

Um dafür Fördermitt­el vom Land zu erhalten, braucht es zunächst eine Kosten-Nutzen-Analyse. „Die gehen wir jetzt an“, sagte Mantz. Es winken bis zu 70 Prozent Zuschuss, allerdings nur, wenn der mögliche Schaden, sollte die Gemeinde nichts unternehme­n, größer wäre als die Investitio­n. Wobei die Unterhalts­kosten, die die geplanten Schutzvorr­ichtungen in den nächsten 80 Jahren überschlag­sweise verursache­n, zu den Baukosten addiert werden. „Unterm Strich“, so Mantz unlängst im SZ-Interview, „könnte das knapp werden für Wain.“

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ARCHIVFOTO: BERND BAUR Schon mehrfach trat die Weihung in Wain nach Starkregen über die Ufer.

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