Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Konfekt aus der Kanone
AUnsere Sprache ist immer im Fluss. Wörter kommen, Wörter gehen, Bedeutungen und Schreibweisen verändern sich. Jeden Freitag greifen wir hier solche Fragen auf.
m Aschermittwoch ist alles vorbei. So wird behauptet. Aber das gilt nicht für Konfetti, wie gerade wieder leidvoll erfahren. Da wollte man einer Verwandten einen echten oberschwäbischen Narrensprung zeigen, und schon setzte es eine volle Ladung Konfetti nach der anderen. Die kleinen Dinger rieselten dann – allem Ausschütteln zum Trotz – auch gestern noch aus Mütze und Mantel. Was uns zu der Frage bringt, woher dieses Wort Konfetti eigentlich stammt. Hat es etwas mit Konfekt zu tun? In der Tat, aber über Umwege.
Unter Konfekt – von lateinisch confectum (das Zubereitete) – versteht man Zuckerwaren und Gebäck wie etwa Pralinen oder Petits Fours. Zu dieser Wortfamilie gehört auch die Konfiserie oder Confiserie, ein aus Frankreich zu uns gekommener Name für einen Betrieb, der Süßwaren herstellt und verkauft. Da ist zudem die Konfitüre nicht weit, wie wir zu einem süßen Brotaufstrich sagen. Und wer mit der französischen Küche vertraut ist, kennt das Confit. So nennt man im eigenen Schmalz oder in Öl eingekochtes Fleisch, vor allem von Gef lügel. Nebenbei bemerkt: Schonkost ist das nicht!
Nun war es in Italien früher ein beliebter Brauch, sich bei Karnevalsumzügen mit confetti, also kleinen Süßigkeiten, zu bewerfen. Schon Goethe notierte 1788 auf seiner Italienreise höchst verwundert, vor diesen Geschossen sei kein Fußgänger sicher. Und dass man da an die Tonnen von Bonbons denkt, die bei den närrischen Aufmärschen anfangs der Woche wieder auf die Zuschauer herunterhagelten, bleibt nicht aus. Weil aber einst echte Süßigkeiten für viele unerschwinglich waren, ersetzten die Italiener die Leckereien durch Gipskügelchen. Dann soll es ein Berliner Buchbindermeister gewesen sein, der nicht nur die Papierschlange erfand, sondern – inspiriert durch einen Besuch des Karnevals in Venedig 1887 – auf die Idee kam, Süßes oder Gips durch Papierschnipsel zu ersetzen. So kam der Begriff Konfetti zu uns und mit ihm die Konfettikanone. Was wir Konfetti nennen, heißt in Italien jedoch coriandoli, auf Deutsch Korianderkörner, denn auch diese dienten im Karneval als Ersatz für teurere Süßigkeiten. Confetti hingegen sind im heutigen Italienisch die Zuckermandeln, die man bei Hochzeiten oder Taufen verschenkt.
So weit, so verzwickt. Aber damit nicht genug: Den italienischen Singular confetto ignorieren wir Deutsche schlichtweg und nutzen nur die Pluralform confetti. Wir sagen also das Konfetti (Singular), die Konfetti (Plural), und den Plural die Konfettis akzeptiert der Duden obendrein. Einen ähnlichen Fall haben wir bei der Graffito/die Graffiti. Hier existiert zwar der Singular in der Standardsprache, er wird aber kaum gebraucht. Stattdessen haben sich die Formen das Graffiti/die Graffiti eingebürgert. Der Plural die Graffitis ist allerdings verpönt. Man merke: Der italienisch-deutsche Austausch in sprachlichen Dingen ist nicht ohne Tücken. Nur noch zwei banale Beispiele: Noch immer finden sich Wurstel con Krauti auf italienischen Speisekarten. Aber unzählige Deutsche reden auch weiterhin von Tschianti statt von Chianti mit einem K-Laut zu Beginn. Und das kann einem nicht sein – pardon,
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