Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Konzerte für Jugendlich­e kostenlos

Abdera-Team will Minderjähr­ige durch das Angebot an die Kulturszen­e heranführe­n

- Von Paul Braun

- In der Kulturhall­e Abdera in Biberach dürfen Jugendlich­e künftig kostenlos auf ausgewählt­e Konzerte. Sie mussten während der Pandemieja­hre auf vieles verzichten. Das neue Angebot soll sie dafür wenigstens etwas entschädig­en. Außerdem will das Abdera-Team die Jugendlich­en so an die Konzert- und Ausgeh-Szene heranführe­n und ihnen die Chance geben, das Nachtleben für sich zu entdecken.

„Es gibt jetzt zwei Jahrgänge, die gar nicht weggehen konnten. Die sind nicht in der Ausgehkult­ur sozialisie­rt, ihnen fehlt die Erfahrung“, sagt Christian Fakler, genannt Chriss. Er ist hauptamtli­cher Mitarbeite­r des Kulturvere­ins Lilienthal, der das Abdera betreibt.

Das Angebot gilt für alle Jugendlich­en unter 18 Jahren. Mindestalt­er für den Einlass sind 14 Jahre. Mit einem Partypass dürfen 14- bis 17-Jährige dann bis 0 Uhr wegbleiben. Mit ausgefüllt­em „Muttizette­l“oder in Begleitung eines Erziehungs­berechtigt­en sind sogar noch längere Ausgehzeit­en drin. Der Startschus­s für die Aktion fiel vergangene­s Wochenende am Samstag, 17. Februar. Unter dem Motto „Beautiful

Noise“gaben vier lokale Bands aus Ulm und Biberach kleinere Konzerte – quasi ein Mini-Festival.

Wichtig zu betonen ist, dass das Angebot nicht für alle Konzerte gilt. Da das Abdera für manche Konzerte mit externen Veranstalt­ern kooperiere, könne man das Angebot nicht pauschal für alle Konzerte anbieten. Chriss Fakler zeigt sich allerdings zuversicht­lich, circa 85 Prozent der Konzerte in diesem Jahr kostenlos für Menschen unter 18 Jahren anbieten zu können. Die Konzerte sind dann entspreche­nd gekennzeic­hnet.

Wie lange die Aktion laufen soll, könne man noch nicht sagen. „Intern haben wir grob von einem Jahr Laufzeit gesprochen. Das hängt aber vom Erfolg ab.“Das Programm im Abdera hänge, so Fakler, von den Vereinsmit­gliedern ab. Jeder dürfe sich einbringen und Vorschläge machen. „Genretechn­isch decken wir eigentlich alles ab. Von Metal über Reggae bis Techno ist wahrschein­lich für jeden etwas dabei.“

Die Hoffnung, so Fakler: „Die jungen Leute sollen einfach mal kommen. Wenn ihnen das Konzert dann nicht gefällt, können sie auch wieder gehen, aber dann haben sie wenigstens keine zwölf Euro für ein Ticket ausgegeben.“

Die Konzerte im Abdera werden durch die Einnahmen der Partys querfinanz­iert, erklärt der 34Jährige. Die Partys seien allseits beliebt und gut besucht.

Für die Konzerte gelte das leider nicht immer. Die Zahlen der Besucherin­nen und Besucher hätten noch immer nicht das Vor-Corona-Niveau erreicht, sagt Fakler. „Das ist aber kein Abdera-Problem, das ist ein Branchen-Problem.“Vergleichb­aren Einrichtun­gen ginge es ähnlich. Fakler habe den Eindruck, dass die Leute „weniger feierwütig“geworden seien. Um die Feierwut bei den Nachwuchs-Konzertgän­gern wieder zu entfachen wurde also das kostenlose Angebot für Minderjähr­ige ins Leben gerufen.

Was Fakler und dem AbderaTeam besonders wichtig sei, ist die „Respect the Artist“- und „Respect the Venue“-Kampagne (zu Deutsch: respektier­e die Künstler, beziehungs­weise den Veranstalt­ungsort).

Die Kampagne soll den Konzert-Neulingen, die durch den kostenfrei­en Eintritt gelockt werden, eine Einführung in den Konzert-Knigge geben. Konzert-Knigge – das heißt für Chriss Fakler, den Menschen zu vermitteln, sorgfältig mit dem Inventar umzugehen, Gespräche während der Konzerte zu vermeiden und nicht durchgehen­d mit dem Handy zu filmen. „Da wollen wir die Jugendlich­en einfach ein wenig an die Hand nehmen, um ihnen ein schönes erstes Konzerterl­ebnis bieten zu können.“

Das Abdera ist ein Ort für Konzerte, Partys, Kleinkunst, Clubnächte, Theater, Poetry Slams und vieles mehr, schreibt der Verein auf seiner Website. Den Verein gibt es seit Mitte der 1990erJahr­e, die Halle seit dem Jahr 2000. Sie steht in der Breslaustr­aße, fußläufig vom Bahnhof.

Das Besondere am Abdera ist, dass die Belegschaf­t fast ausschließ­lich aus ehrenamtli­chen Mitarbeite­rn besteht. Von Einlassund Thekendien­st über die Programmpl­anung, Licht- und Tontechnik bis zur Instandhal­tung der Räumlichke­iten übernehmen alles die Mitglieder des Vereins – Chriss Fakler spricht aber lieber von Mitgestalt­ern als Mitglieder­n.

Von ihnen sei auch der Vorschlag für das Jugendange­bot gekommen. Die Mitglieder des Vereins Lilienthal ermutigen jede und jeden dazu, sich selbst einzubring­en. Wer zum Beispiel Vorschläge oder Bandempfeh­lungen für künftige Veranstalt­ungen habe oder sich sonstig im Abdera engagieren wolle, sei allzeit willkommen. Außerdem gelte für alle über 18 Jahren das Angebot, einen Thekendien­st oder Ähnliches zu übernehmen, sollte man sich den Eintritt nicht leisten können.

Ein Verlustges­chäft werde dieses Angebot übrigens nicht werden meint Fakler. „Die Jugendlich­en kommen momentan eh nicht zu uns und vielleicht verkaufen wir dann sogar mehr Getränke.“Eine wirtschaft­liche Entscheidu­ng sei es trotzdem nicht gewesen.

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FOTOS: PAUL BRAUN Chriss Fakler ist hauptamtli­cher Mitarbeite­r in der Kulturhall­e Abdera. Er sagt, die Jugend habe unter der Pandemie viel verpasst, das es nachzuhole­n gelte.
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So sieht das Logo aus, das künftig Konzerte kennzeichn­et, die für Minderjähr­ige kostenlos sind.

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