Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Wärme für Industrie und Menschen in Kirchdorf

Zwei Landwirte wollen mit Reststoffe­n 220 Haushalte und Liebherr beheizen

- Von Karen Annemaier

- Aus einem regionalen Reststoff wollen zwei Männer aus Kirchdorf bald 220 Haushalte, einen Industrieb­etrieb und mehrere kommunale Einrichtun­gen effizient und nachhaltig mit Wärme versorgen.

Die Eigentümer von 100 Einfamilie­nhäusern und 120 Wohnungen in Mehrfamili­enhäusern und Blocks haben bereits zugesagt. Die Gespräche mit Liebherr in Kirchdorf laufen positiv und auch die Gemeinde wird Wärme von Karl Grimm und Franz Kreck beziehen. So sollen Freibad, Stadion, Turnhalle, Schule und drei Kindergärt­en profitiere­n. Das berichten die künftigen technische­n und kaufmännis­chen Leiter der Energiezen­trale Sankt Leonhard. Geplant ist sie in der Nähe des EdekaMarkt­s.

Das Unternehme­n soll bis zu fünf Megawatt Wärme liefern. Über neutralisi­ertes Wasser, das durch eine drei Kilometer lange Hauptleitu­ng in mächtigen isolierten Rohren fließt, werden die Kunden angedient. Mittels Wärmetausc­her wird die Energie in das Heizungssy­stem der Abnehmer übertragen. Diese Technik ist mit der Anschlussg­ebühr bezahlt, erklärt Grimm. Um die 10.000 Euro kostet das Gerät. Für eine moderne Wärmepumpe­nheizung würde deutlich mehr fällig, sagt er. Karl Grimm versorgt über ein kleineres Nahwärmene­tz bereits 16 Wohneinhei­ten, das Dorfgemein­schaftshau­s und einen Biohof in Unteropfin­gen. Auch Mitstreite­r Franz Kreck heizt nach identische­m Prinzip. Sieben bis elf Jahre Erfahrung haben die Landwirte mit der Technik und dem Brennstoff.

Dabei handelt es sich um ein Produkt, das anfällt, wenn Energie-Unternehme­n, Fluss- und Straßenmei­stereien im Herbst das Grün an Straßen, Auffahrten oder Kanälen stutzen. Oder aber, wenn Unwetter für Sturmholz sorgen. Aus einem Umkreis von 25 Kilometern kaufen Grimm und Kreck Gehölzschn­itt auf. Von Braunware ist hier die Rede – im Unterschie­d zu Weißware, die als Industrie- und Stückholz Verwendung findet. „Kein Baum stirbt für unser Verfahren“, ist Kreck und Grimm wichtig zu betonen.

Eine externe Häckslerfi­rma zerkleiner­t das Abfallprod­ukt. „Das schaut aus wie beim Maishäckse­ln“, sagt Grimm. Mit dem

Unterschie­d, dass selbst Altholzstä­mme durch die Geräte flutschen. Auch Einwegpale­tten von Liebherr sollen zerkleiner­t werden. So entsteht der Rohstoff Hackschnit­zel.

In der geplante Energiezen­trale wird das Material sechs Meter hoch unter Dach aufgeschic­htet. Dort „schwitzt“es aus, so der Fachbegrif­f. Es entwickelt Eigenwärme und „riecht wie im Wald“, berichtet Grimm. Sechs Monaten lang müssten er und sein Mitstreite­r überhaupt nichts tun. Dann seien die Häcksel abgekühlt, mit 20 bis 23 Prozent Restfeucht­e können sie im Nahwärmene­tz verheizt werden.

Die neue Energiezen­trale wird über eine Schwitzhal­le von rund 1700 Quadratmet­ern verfügen, berichten die Geschäftsf­ührer. Heizen werden – als sogenannte Kaskade – eine EinMega-Watt-, eine Zwei-MegaWattun­d drei 300-Kilo-WattAnlage­n. Bei Volllast ergeben sich die besten Abgaswerte, erklärt Grimm. Die unterschie­dlichen Öfen erlauben – zentral gesteuert – die beste Auslastung je nach Bedarf. Außerdem sichern sie die Produktion, sollte ein Gerät ausfallen. Für Spitzenzei­ten im Winter und für die Peak-Zeiten am Tag soll ein Gasblockhe­izkraftwer­k die Energiezen­trale ergänzen. Es wird Wärme für das neue Kirchdorfe­r Netz und Strom für den europäisch­en Markt liefern.

Vielerorts ist Nahwärme seit Beginn der Energiekri­se teuer geworden. Bei Franz Kreck und Karl Grimm, erläutern die beiden Inhaber, sei der Verwaltung­saufwand niedrig, beschäftig­t würden nur sie selbst und ihre Familien. Auch seien die Entstehung­skosten gering, da der Rohstoff günstiger sei als Brennholz, Gas und Öl. Darüber hinaus fielen für die Trocknung keine Energie- und Personalko­sten an.

Wann die Kirchdorfe­r tatsächlic­h in den Genuss regionaler Wärme kommen, ist allerdings noch nicht ganz sicher. Man arbeite sehr gut mit den Behörden des Landkreise­s zusammen. Jedoch sei das Verfahren aufwendig und vom Lieferant der Ofentechni­k fehlten noch erforderli­che Daten. Grimm und Kreck hoffen, dass die Genehmigun­g im Lauf des Jahre erteilt wird und die Nutzer zur Heizsaison 2025/ 26 angeschlos­sen sind.

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