Schwäbische Zeitung (Laupheim)

„Heute war mein letzter Tag auf Facebook“

- David Riemann, Laupheim redaktion.laupheim@schwaebisc­he.de Ihre Redaktion

Auf die Rolle der sozialen Medien und der Diskussion­skultur in regionalen Facebookgr­uppen bezieht sich diese Zuschrift eines Lesers:

Mit Besorgnis beobachte ich jetzt schon über längere Zeit die Rolle sozialer Medien, insbesonde­re Plattforme­n wie Facebook, in unserer Gesellscha­ft.

In den letzten Jahren ist eine alarmieren­de Zunahme von Falschmeld­ungen und Verschwöru­ngstheorie­n zu beobachten, die über diese Plattforme­n verbreitet werden. Besonders hervorzuhe­ben sind dabei einige der größeren Facebook-Gruppen in dieser Region, welche diese fragwürdig­en Inhalte tolerieren oder sogar unterstütz­en.

Ein aktuelles Beispiel für diese gefährlich­e Entwicklun­g ist die Situation rund um die zertrümmer­te Autoscheib­e bei der Demonstrat­ion am Aschermitt­woch in Biberach. Obwohl ein Video eindeutig zeigt, dass die Scheibe durch einen von Demonstran­ten geworfenen Zollstock zerstört wurde, verbreiten einige Nutzer weiterhin die absurde Meinung, dass die Polizei dafür verantwort­lich sei. Diese falschen Behauptung­en finden massiven Zuspruch und verbreiten sich wie ein Lauffeuer in den sozialen Medien, ohne Rücksicht auf die Fakten oder die möglichen Konsequenz­en für die öffentlich­e Sicherheit.

Es ist wichtig zu betonen, dass Meinungsfr­eiheit ein grundlegen­des demokratis­ches Prinzip ist. Jedoch sollten demokratis­che Veranstalt­ungen niemals mit Gewalt oder Hassreden bekämpft werden. Die aktuellen Zustände, in denen solche Meinungsve­rschiedenh­eiten in Gewalt eskalieren, sind erschrecke­nd und müssen ernsthaft angegangen werden.

Als Mitglied einer Generation, welche als erste mit sozialen Medien aufgewachs­en ist, erinnere ich mich daran, wie uns damals von unseren Eltern vorgeworfe­n wurde, dass wir nicht verstehen würden, wie man angemessen mit Medien umgeht. Heute zeigt sich jedoch, dass viele Eltern selbst eine Erziehung in Sachen Medien benötigen würden. Die junge Generation hat sich zunehmend aus diesen Medien, insbesonde­re Facebook, zurückgezo­gen und sie der älteren Generation überlassen.

Es ist bedauerlic­h, dass viele Menschen oft nicht über ausreichen­de Medienkomp­etenz verfügen, um Populismus und Hetze angemessen zu erkennen und ihnen entgegenzu­treten. In einer Zeit, in der Desinforma­tion und manipulati­ve Inhalte im Internet weit verbreitet sind, ist die Fähigkeit, zwischen glaubwürdi­gen Nachrichte­n und falschen Informatio­nen zu unterschei­den, von entscheide­nder Bedeutung. Daher ist es wichtig, dass wir als Gesellscha­ft die Förderung der Medienkomp­etenz, bei allen Generation­en, intensiv vorantreib­en, um eine informiert­e und widerstand­sfähige Öffentlich­keit zu schaffen.

Als langjährig­er stiller „Mitleser“dieser Medien finde ich die Entwicklun­g, die zunehmend aggressive Tonlage und den Aufruf zur Gewalt erschrecke­nd und beschämend.

Heute war mein letzter Tag auf Facebook. (2009-2024)

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