Schwäbische Zeitung (Laupheim)
„Heute war mein letzter Tag auf Facebook“
Auf die Rolle der sozialen Medien und der Diskussionskultur in regionalen Facebookgruppen bezieht sich diese Zuschrift eines Lesers:
Mit Besorgnis beobachte ich jetzt schon über längere Zeit die Rolle sozialer Medien, insbesondere Plattformen wie Facebook, in unserer Gesellschaft.
In den letzten Jahren ist eine alarmierende Zunahme von Falschmeldungen und Verschwörungstheorien zu beobachten, die über diese Plattformen verbreitet werden. Besonders hervorzuheben sind dabei einige der größeren Facebook-Gruppen in dieser Region, welche diese fragwürdigen Inhalte tolerieren oder sogar unterstützen.
Ein aktuelles Beispiel für diese gefährliche Entwicklung ist die Situation rund um die zertrümmerte Autoscheibe bei der Demonstration am Aschermittwoch in Biberach. Obwohl ein Video eindeutig zeigt, dass die Scheibe durch einen von Demonstranten geworfenen Zollstock zerstört wurde, verbreiten einige Nutzer weiterhin die absurde Meinung, dass die Polizei dafür verantwortlich sei. Diese falschen Behauptungen finden massiven Zuspruch und verbreiten sich wie ein Lauffeuer in den sozialen Medien, ohne Rücksicht auf die Fakten oder die möglichen Konsequenzen für die öffentliche Sicherheit.
Es ist wichtig zu betonen, dass Meinungsfreiheit ein grundlegendes demokratisches Prinzip ist. Jedoch sollten demokratische Veranstaltungen niemals mit Gewalt oder Hassreden bekämpft werden. Die aktuellen Zustände, in denen solche Meinungsverschiedenheiten in Gewalt eskalieren, sind erschreckend und müssen ernsthaft angegangen werden.
Als Mitglied einer Generation, welche als erste mit sozialen Medien aufgewachsen ist, erinnere ich mich daran, wie uns damals von unseren Eltern vorgeworfen wurde, dass wir nicht verstehen würden, wie man angemessen mit Medien umgeht. Heute zeigt sich jedoch, dass viele Eltern selbst eine Erziehung in Sachen Medien benötigen würden. Die junge Generation hat sich zunehmend aus diesen Medien, insbesondere Facebook, zurückgezogen und sie der älteren Generation überlassen.
Es ist bedauerlich, dass viele Menschen oft nicht über ausreichende Medienkompetenz verfügen, um Populismus und Hetze angemessen zu erkennen und ihnen entgegenzutreten. In einer Zeit, in der Desinformation und manipulative Inhalte im Internet weit verbreitet sind, ist die Fähigkeit, zwischen glaubwürdigen Nachrichten und falschen Informationen zu unterscheiden, von entscheidender Bedeutung. Daher ist es wichtig, dass wir als Gesellschaft die Förderung der Medienkompetenz, bei allen Generationen, intensiv vorantreiben, um eine informierte und widerstandsfähige Öffentlichkeit zu schaffen.
Als langjähriger stiller „Mitleser“dieser Medien finde ich die Entwicklung, die zunehmend aggressive Tonlage und den Aufruf zur Gewalt erschreckend und beschämend.
Heute war mein letzter Tag auf Facebook. (2009-2024)
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