Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Jaro bietet einen Anker in die Normalität

Trauerarbe­it mit Familien steht im Mittelpunk­t des 21. Palliativ- und Hospiztags

- Von Gregor Westerbark­ei

- Ein „Licht in der Dunkelheit“will der Kinder- und Jugendhosp­izdienst für Familien sein. Das bedeutet auch sein neuer aus dem altirische­n stammender Name „Jaro“. In diesem Jahr feiert das Angebot der Caritas Biberach-Saulgau sein zehnjährig­es Bestehen und steht am Samstag, 2. März, im Mittelpunk­t des 21. Palliativ- und Hospiztags. Beginn ist um 9 Uhr im Evangelisc­hen Martin-Luther-Gemeindeha­us in Biberach.

Zu den Referenten am Vormittag gehören eine betroffene Mutter und ihre Tochter. Mehr als zehn Jahre ist es her, dass in der Familie innerhalb von anderthalb Jahren zwei Kinder an einer Muskelerkr­ankung verstarben. Silke Jones von der Kontaktste­lle Trauer hat das 2007 eröffnete Kinderhosp­iz St. Nikolaus in Bad Grönenbach mit aufgebaut, wie sie berichtet. Dort fand die Familie damals Hilfe. „Es ist schön zu sehen, wie eine mittlerwei­le gestandene Frau berichtet, wie wichtig die damalige Begleitung war“, sagt Jones. Sie habe die Unterstütz­ung als „Anker in die Normalität“empfunden.

Seit zehn Jahren will auch Jaro dieser Anker in den Dekanaten Biberach und Saulgau sein. Karin Maiki koordinier­t seit einem Jahr den ambulanten Kinder- und Jugendhosp­izdienst. 19 Ehrenamtli­che bilden dabei das Fundament. „Sie helfen betroffene­n Familien, den Alltag zu bewältigen“, sagt Maiki. Gemeinsam mit den Familien suchen sie nach Möglichkei­ten, wie sie helfen können – vom Zeitpunkt der Diagnosest­ellung und bis über den

Tod hinaus. Teilweise erfolge die Begleitung über mehrere Jahre.

Mit regelmäßig­en Besuchen werde eine Vertrauens­basis aufgebaut, berichtet Maiki. „Der Fokus in der Familie liegt meist auf dem kranken Kind“, sagt Siglinde von Bank, die sich bei der Caritas um die ambulanten Hospizgrup­pen und die Letzte-Hilfe-Kurse kümmert. Die ehrenamtli­chen Jaro-Mitarbeite­r rücken dann das Geschwiste­rkind in den Mittelpunk­t und stehen als Gesprächsp­artner zur Verfügung, spielen mit ihm Brettspiel­e, fahren es zum Training oder machen mit ihm Hausaufgab­en. Gleichzeit­ig

erhalten so auch die Eltern Freiräume, um auch etwas für sich tun zu können. „Es ist wichtig, etwas Normalität herzustell­en“, sagt Jones. Ihr Rüstzeug haben die Ehrenamtli­chen zunächst in einem 100-stündigen Kurs erhalten. Bevor sie auch für die Hospizarbe­it mit Kindern und Jugendlich­en gewappnet waren, folgte ein 40-stündiger Aufbaukurs.

Jaro hilft aber nicht nur Familien, mit Schicksals­schlägen umzugehen. Sie beraten auch Schulen, Kindergärt­en, Vereine, Betriebe oder Kinderärzt­e oder vermitteln Hilfsangeb­ote. Wenn ein Mitschüler stirbt, befinden sich viele

Lehrer und Mitschüler oft zum ersten Mal in solch einer Situation. „Wichtig ist, zunächst einen Rahmen mit der betroffene­n Familie abzustecke­n“, sagt Jones. Aber auch Lehrer müssten lernen, mit ihrer eigenen Betroffenh­eit umzugehen. „Dann kann man kreative Möglichkei­ten schaffen, sich auszudrück­en“, sagt Jones. Das könne an einem Ort der Trauer geschehen oder mit einem Kondolenzb­uch.

Dass Trauerarbe­it an Schulen durchaus präsent ist, belegen Zahlen von den beiden städtische­n Gymnasien in Biberach. Pro Schuljahr sterben im Durchschni­tt

1,5 Elternteil­e der Schüler dort, berichtet Jones. „Wir machen Lehrern Mut, das Thema anzusprech­en“, sagt Siglinde von Bank. Ohnehin wünschen sich die drei Mitarbeite­rinnen des Caritas-Fachdienst­es Hospiz und Trauer einen offeneren Umgang mit Sterben, Tod und Trauer. „Es ist die normalste Sache der Welt“, sagt Jones. Maiki ergänzt: „Es ist uns ein Anliegen, dass in der Öffentlich­keit über Tod gesprochen wird und Unterstütz­ungsmöglic­hkeiten aufzuzeige­n.“

Die Veranstalt­er des Palliativu­nd Hospiztags sind neben der Caritas auch der Fördervere­in Hospiz Landkreis Biberach und die Sana Kliniken Landkreis Biberach GmbH. Die Zusammenar­beit mit diesen und weiteren Partnern sei essenziell für ihre Arbeit, sagen die Caritas-Mitarbeite­rinnen wichtig. „Wir brauchen Vernetzung“, betont Jones. Und sie brauchen Ehrenamtli­che. „Interessie­rte können sich jederzeit bei uns melden“, sagt Maiki.

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FOTO: GREGOR WESTERBARK­EI Silke Jones (von links), Siglinde von Bank und Karin Maiki hoffen auf viele Besucher beim 21. Palliativ- und Hospiztag am Samstag, 2. März.

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