Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Störche ziehen Mobilfunk dem Kronenbier vor
Meister Adebar baut derzeit ein Nest auf der großen Telekom-Antenne in der Rabenstraße
- Dass im Nest auf dem Dach der Kronenbrauerei in Laupheim Störche brüten, hat mittlerweile Tradition. Groß war die Freude, als die beliebten weißen Vögel 2016 erstmals seit 1927 im Stadtgebiet brüteten. Nun hat die 2013 installierte tierische „Einzimmerwohnung“mit Blick auf den Schlosspark Konkurrenz bekommen – auf einer Mobilfunkantenne.
Kann man das Nest auf der Brauerei getrost als „1a-Stadtlage“bezeichnen – schließlich liegt der Park mit seinen Wiesen und Weihern in Sichtweite –, scheint der neue Nistplatz nicht annähernd so komfortabel zu sein: Derzeit trägt ein Storchenpärchen fleißig Äste und anderes Naturmaterial für den Bau eines Nests zur Mobilfunkantenne auf dem Telekomgelände in der Radstraße. Dort, ungeschützt und in schwindelnder Höhe, möchten die Vögel allem Anschein nach ihren Hausstand gründen.
Das wirft Fragen auf: War die Miete auf der Kronenbrauerei vielleicht zu teuer? Fühlten sich die Störche etwa durch die nestnahe Webcam ausspioniert? Sind die Frösche im Schlosspark zäh geworden? Oder hat eins der Tiere eine Aversion gegen Bier entwickelt?
Fragen, die vermutlich kein Mensch beantworten kann. Fest steht aber: Außer lockeren Zwischenstopps tut sich im KronenNest aktuell noch nichts. Noch hat Meister Adebar also Zeit, es sich anders zu überlegen und doch noch umzuziehen.
Dass Störche auf Mobilfunkantennen nisten, ist gar nicht so selten: „Das kommt ab und zu vor“, erklärt Rainer Deschle, Storchenbeauftragter des Regierungspräsidiums Tübingen. „Normalerweise stellt das kein Problem dar.“Zumal es schwierig sein könne, die Tiere vom Nestbau abzuhalten: „Die Störche können da recht hartnäckig sein.“Sollte das Brutgeschäft auf der Antenne unerwünscht sein, müssten die Betreiber eine Schutzvorrichtung montieren – möglichst, bevor der Nestbau beginnt. „Nester dürfen nur mit einer Ausnahmegenehmigung des Regierungspräsidiums entfernt werden“, stellt Deschle klar. Wenn aber erst wenige
Äste zusammengetragen wurden, könne man mit ihm Kontakt aufnehmen, um abzuklären, ob eine Entfernung noch möglich sei.
Die DFMG Deutsche Funkturm GmbH, die die Infrastruktur für das Mobilfunknetz der Deutschen Telekom betreibt, kennt die Problematik. „Störche und andere Vögel wie Wanderfalken machen es sich immer wieder auf unseren Antennenträgern bequem“, erklärt Benedikt Albers, Pressesprecher der DFMG. „Wenn wir wie in Laupheim ein neues Nest entdecken, nehmen wir Rücksicht auf die Brutzeit, verschieben Wartungsarbeiten und besprechen gemeinsam mit der Naturschutzbehörde und den Storchenbeauftragten das weitere Vorgehen. So stellen wir sicher, dass weder die Mobilfunkversorgung noch die Aufzucht des Nachwuchses gestört wird.“Das sehe die DFMG als Teil ihrer ökologischen Verantwortung.
Doch birgt das Nisten auf einer Mobilfunkantenne gesundheitliche Risiken? Albers beruhigt: „Die Störche fühlen sich auf unseren Sendeanlagen wohl und die sensiblen Tiere werden bei der Aufzucht ihres Nachwuchses nicht durch die Funksignale beeinträchtigt.“Es sei keine Seltenheit, dass Störche nach einer erfolgreichen Aufzucht gezielt im nächsten Jahr wieder den Antennenträger für den Nestbau ansteuerten.
Die Mobilfunkversorgung werde durch die nistenden Störche nicht direkt beeinf lusst. Allerdings könne es beispielsweise zu Verschmutzungen und Einschränkungen bei der Wartung kommen. „Je nach Lage der Sendeanlage müssen wir das Nest aus Sicherheitsgründen entfernen, da Äste herabfallen und Menschen verletzen könnten“, so Albers.
Deshalb behält die DFMG das Laupheimer Nest im Auge: „Wenn die Störche im Laufe des Jahres das Nest verlassen haben, werden wir gemeinsam mit der Naturschutzbehörde, dem Storchenbeauftragten und unseren Technikexperten den Standort begutachten und gemeinsam entscheiden, ob das Nest dort verbleiben kann oder für das nächste Jahr in Abstimmung mit den Behörden verlegt werden muss.“
„Die Störche können da recht hartnäckig sein.“Rainer Deschle