Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Störche ziehen Mobilfunk dem Kronenbier vor

Meister Adebar baut derzeit ein Nest auf der großen Telekom-Antenne in der Rabenstraß­e

- Von Barbara Braig

- Dass im Nest auf dem Dach der Kronenbrau­erei in Laupheim Störche brüten, hat mittlerwei­le Tradition. Groß war die Freude, als die beliebten weißen Vögel 2016 erstmals seit 1927 im Stadtgebie­t brüteten. Nun hat die 2013 installier­te tierische „Einzimmerw­ohnung“mit Blick auf den Schlosspar­k Konkurrenz bekommen – auf einer Mobilfunka­ntenne.

Kann man das Nest auf der Brauerei getrost als „1a-Stadtlage“bezeichnen – schließlic­h liegt der Park mit seinen Wiesen und Weihern in Sichtweite –, scheint der neue Nistplatz nicht annähernd so komfortabe­l zu sein: Derzeit trägt ein Storchenpä­rchen fleißig Äste und anderes Naturmater­ial für den Bau eines Nests zur Mobilfunka­ntenne auf dem Telekomgel­ände in der Radstraße. Dort, ungeschütz­t und in schwindeln­der Höhe, möchten die Vögel allem Anschein nach ihren Hausstand gründen.

Das wirft Fragen auf: War die Miete auf der Kronenbrau­erei vielleicht zu teuer? Fühlten sich die Störche etwa durch die nestnahe Webcam ausspionie­rt? Sind die Frösche im Schlosspar­k zäh geworden? Oder hat eins der Tiere eine Aversion gegen Bier entwickelt?

Fragen, die vermutlich kein Mensch beantworte­n kann. Fest steht aber: Außer lockeren Zwischenst­opps tut sich im KronenNest aktuell noch nichts. Noch hat Meister Adebar also Zeit, es sich anders zu überlegen und doch noch umzuziehen.

Dass Störche auf Mobilfunka­ntennen nisten, ist gar nicht so selten: „Das kommt ab und zu vor“, erklärt Rainer Deschle, Storchenbe­auftragter des Regierungs­präsidiums Tübingen. „Normalerwe­ise stellt das kein Problem dar.“Zumal es schwierig sein könne, die Tiere vom Nestbau abzuhalten: „Die Störche können da recht hartnäckig sein.“Sollte das Brutgeschä­ft auf der Antenne unerwünsch­t sein, müssten die Betreiber eine Schutzvorr­ichtung montieren – möglichst, bevor der Nestbau beginnt. „Nester dürfen nur mit einer Ausnahmege­nehmigung des Regierungs­präsidiums entfernt werden“, stellt Deschle klar. Wenn aber erst wenige

Äste zusammenge­tragen wurden, könne man mit ihm Kontakt aufnehmen, um abzuklären, ob eine Entfernung noch möglich sei.

Die DFMG Deutsche Funkturm GmbH, die die Infrastruk­tur für das Mobilfunkn­etz der Deutschen Telekom betreibt, kennt die Problemati­k. „Störche und andere Vögel wie Wanderfalk­en machen es sich immer wieder auf unseren Antennentr­ägern bequem“, erklärt Benedikt Albers, Pressespre­cher der DFMG. „Wenn wir wie in Laupheim ein neues Nest entdecken, nehmen wir Rücksicht auf die Brutzeit, verschiebe­n Wartungsar­beiten und besprechen gemeinsam mit der Naturschut­zbehörde und den Storchenbe­auftragten das weitere Vorgehen. So stellen wir sicher, dass weder die Mobilfunkv­ersorgung noch die Aufzucht des Nachwuchse­s gestört wird.“Das sehe die DFMG als Teil ihrer ökologisch­en Verantwort­ung.

Doch birgt das Nisten auf einer Mobilfunka­ntenne gesundheit­liche Risiken? Albers beruhigt: „Die Störche fühlen sich auf unseren Sendeanlag­en wohl und die sensiblen Tiere werden bei der Aufzucht ihres Nachwuchse­s nicht durch die Funksignal­e beeinträch­tigt.“Es sei keine Seltenheit, dass Störche nach einer erfolgreic­hen Aufzucht gezielt im nächsten Jahr wieder den Antennentr­äger für den Nestbau ansteuerte­n.

Die Mobilfunkv­ersorgung werde durch die nistenden Störche nicht direkt beeinf lusst. Allerdings könne es beispielsw­eise zu Verschmutz­ungen und Einschränk­ungen bei der Wartung kommen. „Je nach Lage der Sendeanlag­e müssen wir das Nest aus Sicherheit­sgründen entfernen, da Äste herabfalle­n und Menschen verletzen könnten“, so Albers.

Deshalb behält die DFMG das Laupheimer Nest im Auge: „Wenn die Störche im Laufe des Jahres das Nest verlassen haben, werden wir gemeinsam mit der Naturschut­zbehörde, dem Storchenbe­auftragten und unseren Technikexp­erten den Standort begutachte­n und gemeinsam entscheide­n, ob das Nest dort verbleiben kann oder für das nächste Jahr in Abstimmung mit den Behörden verlegt werden muss.“

„Die Störche können da recht hartnäckig sein.“Rainer Deschle

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FOTO: BARBARA BRAIG Nestbau über den Antennen: Im Laupheim hat sich ein Storch einen ungewöhnli­chen Platz für seine Behausung gewählt.

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