Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Schlechte Aussichten für das Bauhandwer­k

Unternehme­n berichten von Rückgängen bei Neuaufträg­en – So geht es drei Handwerker­n aus der Region

- Von Katharina Carle

- Getrübte Konjunktur­aussichten – davon berichtet aktuell die Handwerksk­ammer Ulm zur Situation im Bauhandwer­k. Die Auftragsla­ge bei den Handwerksb­etrieben habe sich in den Wintermona­ten verschlech­tert. Dies hat eine Umfrage der Handwerksk­ammer ergeben. Besonders die Krise im Bausektor bremse die wirtschaft­liche Entwicklun­g. In der aktuellen Konjunktur­umfrage beschreibe­n sechs von zehn Betrieben die Lage im vierten Quartal 2023 als gut – allerdings rechnet fast ein Drittel der Firmen mit einer Verschlech­terung der Lage. Die „Schwäbisch­e Zeitung“hat bei lokalen Handwerker­n nachgefrag­t, wie sich die Baukrise auf das Geschäft auswirkt und wie sie die weitere Entwicklun­g einschätze­n.

Von einer angespannt­en Lage berichtet der Mietinger Bauunterne­hmer und Obermeiste­r der Bauinnung Ulm-Biberach Artur Braun. Im vergangene­n Jahr habe die Baubranche noch von Auftragsrü­ckständen zehren können, nun sei der Markt aber eingebroch­en. „Dies betrifft sowohl den privaten als auch gewerblich­en Markt“, sagt Braun. Die Industrie sei mit Bauprojekt­en derzeit zurückhalt­end. Bei Ein- und Zweifamili­enhäusern seien die Baugenehmi­gungen im Zeitraum von Januar bis November 2023 um 47 Prozent zurückgega­ngen. Dies wirke sich auf die gesamte Baubranche aus. Aktuell würden einige Bauunterne­hmen Aufträge zurückfahr­en und Arbeiten aussetzen, um Reserven zu schonen.

Von solchen Problemen kann der Laupheimer Dachdecker Sven Rust nicht berichten. Er bemerke zwar ebenfalls einen Rückgang der Neuaufträg­e, allerdings müsse er trotzdem Aufträge ablehnen, da er nicht genügend Personal habe, um diese zu bearbeiten. Aktuell arbeite er die Aufträge ab, die seit ein bis zwei Jahren liegen geblieben sind, berichtet der Dachdecker­meister.

„Ich habe in der Zeit aber auch zu jedem Auftrag ,Ja’ gesagt, das

wird jetzt aus privaten Gründen weniger werden“, so Rust. Dass er von dem aktuellen Auftragsrü­ckgang nicht so betroffen sei, sieht er aber auch in der Aufstellun­g seines Unternehme­ns. So bietet der Dachdecker auch noch andere Dienste wie PV-Anlagenmon­tage oder Spenglerar­beiten an. Daher sei er nicht nur auf die Auftragsla­ge in einem Bereich angewiesen. Er kenne aber Kollegen aus dem Dachdecker­handwerk, die größere Auftragsei­nbrüche verbuchen. „Tatsächlic­h gab es in den vergangene­n acht bis sechs Jahren einen gewaltigen Boom am Bau und jetzt entwickelt sich die Auftragsla­ge wieder auf ein

normales Level“, bewertet Rust die aktuelle Situation in der Baubranche.

Von dem Boom der vergangene­n Jahre berichtet auch Birgit Wolfmaier von Wolfmaier Haustechni­k aus Baustetten. Momentan würden sie noch Altaufträg­e bearbeiten, die teilweise zwei Jahre alt sind. „Wir haben aktuell noch gut zu tun.“Allerdings habe die Anzahl der Neuaufträg­e stark abgenommen. „Die öffentlich­e Hand vergibt zurzeit keine Aufträge und teilweise werden auch Ausschreib­ungen aufgrund steigender Kosten und Zinsen zurückgezo­gen“, erklärt Wolfmaier. Auch die Industrie halte sich

mit Aufträgen zurück, auf dem privaten Markt würden eher notwendige Investitio­nen als größere Baumaßnahm­en getätigt. Bereits 2023 hätten Industrieu­nternehmen nur verhalten in Bauprojekt­e investiert, allerdings gab es von privaten Auftraggeb­ern einen Ansturm auf Gasheizung­en. Dieser sei inzwischen vorbei.

Bei den Sanierunge­n gebe es zwar auch einen Rückgang der Aufträge, allerdings laufe dieses Geschäftsf­eld noch verhältnis­mäßig gut. Für die nächsten Monate hofft Wolfmaier auf ein Gegensteue­rn der Regierung. Diese müsse nun die kriselnde Bauwirtsch­aft

mit Investitio­nen ankurbeln, sodass auch die öffentlich­e Hand wieder Aufträge vergeben könne. Auch Artur Braun sieht die Politik in der Pf licht. Von dem Maßnahmenp­aket zur Stärkung der Bauwirtsch­aft, das die Bundesregi­erung im September vorgestell­t hatte, sei bisher wenig zu spüren.

Ein „Signal der Zuversicht“an das Bauhandwer­k fordert daher Tobias Mehlich, Hauptgesch­äftsführer der Handwerksk­ammer Ulm. Es brauche nun staatliche Impulse, insbesonde­re für den angeschlag­enen Wohnungsba­u, um die Konjunktur wieder anzutreibe­n.

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FOTO: KATHARINA CARLE Während im Baugebiet „Am Mäuerle“derzeit fleißig gebaut wird, beklagen Handwerker aus der Region einen deutlichen Rückgang der Aufträge.

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