Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Schlechte Aussichten für das Bauhandwerk
Unternehmen berichten von Rückgängen bei Neuaufträgen – So geht es drei Handwerkern aus der Region
- Getrübte Konjunkturaussichten – davon berichtet aktuell die Handwerkskammer Ulm zur Situation im Bauhandwerk. Die Auftragslage bei den Handwerksbetrieben habe sich in den Wintermonaten verschlechtert. Dies hat eine Umfrage der Handwerkskammer ergeben. Besonders die Krise im Bausektor bremse die wirtschaftliche Entwicklung. In der aktuellen Konjunkturumfrage beschreiben sechs von zehn Betrieben die Lage im vierten Quartal 2023 als gut – allerdings rechnet fast ein Drittel der Firmen mit einer Verschlechterung der Lage. Die „Schwäbische Zeitung“hat bei lokalen Handwerkern nachgefragt, wie sich die Baukrise auf das Geschäft auswirkt und wie sie die weitere Entwicklung einschätzen.
Von einer angespannten Lage berichtet der Mietinger Bauunternehmer und Obermeister der Bauinnung Ulm-Biberach Artur Braun. Im vergangenen Jahr habe die Baubranche noch von Auftragsrückständen zehren können, nun sei der Markt aber eingebrochen. „Dies betrifft sowohl den privaten als auch gewerblichen Markt“, sagt Braun. Die Industrie sei mit Bauprojekten derzeit zurückhaltend. Bei Ein- und Zweifamilienhäusern seien die Baugenehmigungen im Zeitraum von Januar bis November 2023 um 47 Prozent zurückgegangen. Dies wirke sich auf die gesamte Baubranche aus. Aktuell würden einige Bauunternehmen Aufträge zurückfahren und Arbeiten aussetzen, um Reserven zu schonen.
Von solchen Problemen kann der Laupheimer Dachdecker Sven Rust nicht berichten. Er bemerke zwar ebenfalls einen Rückgang der Neuaufträge, allerdings müsse er trotzdem Aufträge ablehnen, da er nicht genügend Personal habe, um diese zu bearbeiten. Aktuell arbeite er die Aufträge ab, die seit ein bis zwei Jahren liegen geblieben sind, berichtet der Dachdeckermeister.
„Ich habe in der Zeit aber auch zu jedem Auftrag ,Ja’ gesagt, das
wird jetzt aus privaten Gründen weniger werden“, so Rust. Dass er von dem aktuellen Auftragsrückgang nicht so betroffen sei, sieht er aber auch in der Aufstellung seines Unternehmens. So bietet der Dachdecker auch noch andere Dienste wie PV-Anlagenmontage oder Spenglerarbeiten an. Daher sei er nicht nur auf die Auftragslage in einem Bereich angewiesen. Er kenne aber Kollegen aus dem Dachdeckerhandwerk, die größere Auftragseinbrüche verbuchen. „Tatsächlich gab es in den vergangenen acht bis sechs Jahren einen gewaltigen Boom am Bau und jetzt entwickelt sich die Auftragslage wieder auf ein
normales Level“, bewertet Rust die aktuelle Situation in der Baubranche.
Von dem Boom der vergangenen Jahre berichtet auch Birgit Wolfmaier von Wolfmaier Haustechnik aus Baustetten. Momentan würden sie noch Altaufträge bearbeiten, die teilweise zwei Jahre alt sind. „Wir haben aktuell noch gut zu tun.“Allerdings habe die Anzahl der Neuaufträge stark abgenommen. „Die öffentliche Hand vergibt zurzeit keine Aufträge und teilweise werden auch Ausschreibungen aufgrund steigender Kosten und Zinsen zurückgezogen“, erklärt Wolfmaier. Auch die Industrie halte sich
mit Aufträgen zurück, auf dem privaten Markt würden eher notwendige Investitionen als größere Baumaßnahmen getätigt. Bereits 2023 hätten Industrieunternehmen nur verhalten in Bauprojekte investiert, allerdings gab es von privaten Auftraggebern einen Ansturm auf Gasheizungen. Dieser sei inzwischen vorbei.
Bei den Sanierungen gebe es zwar auch einen Rückgang der Aufträge, allerdings laufe dieses Geschäftsfeld noch verhältnismäßig gut. Für die nächsten Monate hofft Wolfmaier auf ein Gegensteuern der Regierung. Diese müsse nun die kriselnde Bauwirtschaft
mit Investitionen ankurbeln, sodass auch die öffentliche Hand wieder Aufträge vergeben könne. Auch Artur Braun sieht die Politik in der Pf licht. Von dem Maßnahmenpaket zur Stärkung der Bauwirtschaft, das die Bundesregierung im September vorgestellt hatte, sei bisher wenig zu spüren.
Ein „Signal der Zuversicht“an das Bauhandwerk fordert daher Tobias Mehlich, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Ulm. Es brauche nun staatliche Impulse, insbesondere für den angeschlagenen Wohnungsbau, um die Konjunktur wieder anzutreiben.