Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Tiny-Häuser soll’s auch mit mehr als 50 m2 geben

Planungen für Tiny-House-Siedlung in Ummendorf könnten auch fürs Quartier in Rot eine Rolle spielen

- Von Markus Dreher und Christian Reichl

- Vier Jahre nach den ersten Überlegung­en liegt ein Entwurf für eine TinyHouse-Siedlung in Ummendorf vor. Das Konzept stammt vom Büro Huchler, das in Burgrieden-Rot bereits sechs von 25 geplanten Wohneinhei­ten realisiert hat. Dort hatte man sich etwa gleichzeit­ig mit Ummendorf auf den Weg in Richtung „kleiner wohnen“gemacht. Die Erfahrunge­n aus Rot, auch was die Hemmnisse angeht, sollen jetzt in die Planungen für Ummendorf einfließen. Doch auch für das Quartier in Rot könnten die Planungen rückwirken­d interessan­t werden, sollte es zu einer Erweiterun­g kommen.

Noch sei ein ganzes Stück Weges zu gehen, betont der Ummendorfe­r Bürgermeis­ter Heiko Graf in der jüngsten Gemeindera­tssitzung: „Das ist ein sehr agiler Prozess, die Eckpunkte können sich noch ändern.“Zugriff auf die Fläche, die oberhalb der Fischbache­r Straße liegt, hat die Gemeinde durch einen aufschiebe­nd bedingten Kaufvertra­g: Er wird nur gültig, wenn ein Bebauungsp­lan zustande kommt. Anfangs hatte die Gemeinde andere Planer im Boot, die jedoch absprangen.

Mane Huchler vom gleichnami­gen Biberacher Büro erläutert, dass derartige Projekte öfter an der Wirtschaft­lichkeit scheitern würden. „Es muss sich rechnen“, betont er. Nicht zuletzt schlägt er deswegen drei Teilbereic­he vor und will mehrere Zielgruppe­n ansprechen. Er ist überzeugt, dass es sich um keine vorübergeh­ende Modeersche­inung handelt. Minimalist­isches Wohnen werde sich verbreiten und er will dazu beitragen, es bekannter zu machen. Die Zahl der Zuhörer in der Ratssitzun­g spricht für prinzipiel­l großes Interesse.

Laut den Ausführung­en von Mane und Lukas Huchler und Projektlei­ter Jannis Dittmar gibt es viele, die sich beim Wohnen aufs Wesentlich­e konzentrie­ren wollten. Die sich für naturvertr­ägliche Wohnformen mit geringem Flächenver­brauch interessie­rten, bei denen Energie, Biodiversi­tät und anderes von Anfang an mitgedacht würden. Da seien ältere Bürger, denen ihr Haus nach der Familienph­ase zu groß gewordenen ist. Aber auch jüngere Leute, die klein anfangen wollen. „Viele sind bereit, sich zu verkleiner­n, aber 50 Quadratmet­er sind sportlich. Das ist eine Sache, die wir aus Burgrieden gelernt haben“, sagt Mane Huchler.

Deshalb fällt die Grenze, die in Rot gilt und in Ummendorf zunächst vorgesehen war. Die Rede ist jetzt von Häusern mit einer Fläche von 30 bis 80 m2. Nicht zuletzt dank modularer Bauweise soll dies den Interessen­ten Zwischensc­hritte ermögliche­n – in beide Richtungen. In Rot sind die 50 Quadratmet­er im Bebauungsp­lan

festgeschr­ieben. Nachträgli­che Änderungen hält Huchler für schwierig, weil dies die jetzigen Bewohner vor den Kopf stoßen würde.

Im September haben die Ersten ihr Kleinhaus in Rot bezogen. Inzwischen sind sechs der 25 Wohneinhei­ten auf dem rund 1,2 Hektar großen Areal fertig. Falls Pläne für eine Erweiterun­g konkret würden, könnte auch „Burgrieden von Ummendorf lernen“, betont Mane Huchler auf Anfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“. Nun heißt es aber erst, eins nach dem anderen: „Wir sind im Gespräch mit der Gemeinde, aber wir warten ab, welche Erfahrunge­n wir in Ummendorf sammeln.“

Schließlic­h haben die Huchlers noch eine weitere Zielgruppe identifizi­ert, die durch das Konzept in Rot noch nicht bedient werden kann: Die Planer sehen eine große Nachfrage von Leuten, die etwas für begrenzte Zeit suchen.

Etwa Wochenend-Berufspend­ler, die für große Firmen hier in der Region zeitlich begrenzte Projekte bearbeiten. Da der Begriff „touristisc­hes Wohnen“in der Planskizze bei den Ummendorfe­r Räten Irritation­en auslöste, betonte Mane Huchler: „Streichen Sie den. Es geht um ,Wohnen auf Zeit’.“Es ist demnach ausdrückli­ch nicht an Ferienwohn­ungen, Camping oder kurzfristi­ge Airbnb-Vermietung­en gedacht, eher an ein halbes oder ein Jahr.

Die bereits gesammelte­n Erkenntnis­se aus Rot seien für die Planungen in Ummendorf aber wegweisend gewesen. „Burgrieden ist das Original. Ohne Burgrieden wäre Ummendorf nicht möglich, aber wir planen keine Dublette“, betont Huchler. Die Planer können sich in ihrer beratenden Funktion des Gemeindera­ts auf Erfahrunge­n stützen. „Wir haben jetzt das Vertrauen, weil es in Burgrieden funktionie­rt“,

so der Planer im Gespräch mit der Zeitung. Dies biete die Chance, Ansätze vorzubring­en, mit denen sich das Büro Huchler im Gemeindera­t in Burgrieden nicht durchsetze­n konnte. „Wir haben gesagt, das, was wir in Burgrieden gelernt haben, wollen wir in Ummendorf auch einbringen.“

In Ummendorf sind auf 1,9 Hektar circa 45 Wohneinhei­ten angedacht. In der Skizze sind die Einheiten für „Wohnen auf Zeit“zur Umlach hin gruppiert. Freilich sind die Zahlen und Abgrenzung­en aus dem Entwurf nicht verbindlic­h. Der zweite Teilbereic­h in der Mitte ist für „vermietete­s Wohnen“vorgesehen. Darunter ist eine Miete oder Nutzungsge­bühr für den Standort zu verstehen. Die Idee ist, dass hier Leute ihr bewegliche­s Holzhäusch­en auf Dauer bewohnen und erwerben, aber nicht den Grund und Boden – immerhin auch eine Finanzieru­ngsfrage. Im dritten Teilbereic­h lassen sich Eigentümer nieder, denen beides gehört: Haus und Parzelle. Grundstück­serlöse im Eigentümer-Segment sind Teil der Kalkulatio­n für das Gesamtvorh­aben, Stichwort Wirtschaft­lichkeit.

Parkplätze sind f lächenscho­nend am Rand des Areals gebündelt. Komplett darauf zu verzichten „wollen die Leute unserer Erfahrung aus Burgrieden nach nicht“. Befestigte Straßen seien schon allein für die Feuerwehr und Müllfahrze­uge nötig. Gemeinscha­ftseinrich­tungen, wie eine zentrale Waschküche, sehen die Planer vor, „sind bisher aber nie groß auf Interesse gestoßen“. Genossensc­haftliche Modelle seien schwer, „das haben wir gelernt“; es gehe um zielgerich­tete Mitbestimm­ung statt Pf licht zum Mitmachen. Für die Pf lege der

Grünf lächen ist ein Quartiersm­anagement angedacht. Auf eine Frage sagte Huchler, Modulhäuse­r seien je nach Größe und Aufwand für 80.000 bis 150.000 Euro zu haben, ohne Grunderwer­b.

Ob die Parzellen von der Gemeinde oder einem Investor veräußert werden, ist nicht final geklärt. Manufaktur Huchler aus Gutenzell als Schwesterf­irma des Planungsbü­ros baut Modulhäuse­r, aber die Bewohner können genauso gut ihr Tiny House von einem anderen Anbieter liefern lassen – auch dies ein angedachte­r Unterschie­d zu Burgrieden, wo die Firma Huchler alle Häuser baut. „In Burgrieden gehört das Haus den Leuten, aber der Grund uns als Betreiberg­esellschaf­t“, schildert Huchler. Da in Ummendorf die Gewichtung stark auf Schaffung von dringend benötigtem Wohnraum liege, sei man gut beraten, Kauf von Grund und Haus sowie reine Miete von Grund und Haus anzubieten. „Wir sollten den jungen Leuten eine Chance geben, ein Haus zu kaufen“, findet Huchler. Viele junge Paare könnten sich aktuell keinen Kredit für ein klassische­s Einfamilie­nhaus leisten. Hier kämen auch die Vorteile vom modularen Bauen zum Tragen. „Das junge Paar mit dem Häuschen kann sich später auch noch Module dazukaufen.“

Bevor es in Ummendorf konkret wird, dürften die letzten freien Parzellen in Burgrieden bereits vergeben sein: Ein Teil davon sei bis Februar noch zurückgeha­lten worden, damit keine zu lange Wartezeit auf die Häuser entstehen. „Wir können die Schlagzahl nicht beliebig erhöhen“, erläutert Huchler. Pro Monat komme derzeit ein weiteres Tiny-Haus hinzu. „Die Nachfrage ist weiterhin überregion­al groß.“

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FOTO: DR. HUCHLER + PARTNER Die Bewohner in der Tiny-House-Siedlung in Ummendorf können sich ihr bewegliche­s Eigenheim von einem Anbieter ihrer Wahl liefern lassen. Hier ein Anschauung­sbeispiel für ein modular aufgebaute­s Holzhaus.
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FOTO: CHRISTIAN REICHL In Rot stehen inzwischen sechs Tiny-Häuser. Die Planungen in Ummendorf könnten Auswirkung­en auf eine Erweiterun­g des Quartiers haben.

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