Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Tiny-Häuser soll’s auch mit mehr als 50 m2 geben
Planungen für Tiny-House-Siedlung in Ummendorf könnten auch fürs Quartier in Rot eine Rolle spielen
- Vier Jahre nach den ersten Überlegungen liegt ein Entwurf für eine TinyHouse-Siedlung in Ummendorf vor. Das Konzept stammt vom Büro Huchler, das in Burgrieden-Rot bereits sechs von 25 geplanten Wohneinheiten realisiert hat. Dort hatte man sich etwa gleichzeitig mit Ummendorf auf den Weg in Richtung „kleiner wohnen“gemacht. Die Erfahrungen aus Rot, auch was die Hemmnisse angeht, sollen jetzt in die Planungen für Ummendorf einfließen. Doch auch für das Quartier in Rot könnten die Planungen rückwirkend interessant werden, sollte es zu einer Erweiterung kommen.
Noch sei ein ganzes Stück Weges zu gehen, betont der Ummendorfer Bürgermeister Heiko Graf in der jüngsten Gemeinderatssitzung: „Das ist ein sehr agiler Prozess, die Eckpunkte können sich noch ändern.“Zugriff auf die Fläche, die oberhalb der Fischbacher Straße liegt, hat die Gemeinde durch einen aufschiebend bedingten Kaufvertrag: Er wird nur gültig, wenn ein Bebauungsplan zustande kommt. Anfangs hatte die Gemeinde andere Planer im Boot, die jedoch absprangen.
Mane Huchler vom gleichnamigen Biberacher Büro erläutert, dass derartige Projekte öfter an der Wirtschaftlichkeit scheitern würden. „Es muss sich rechnen“, betont er. Nicht zuletzt schlägt er deswegen drei Teilbereiche vor und will mehrere Zielgruppen ansprechen. Er ist überzeugt, dass es sich um keine vorübergehende Modeerscheinung handelt. Minimalistisches Wohnen werde sich verbreiten und er will dazu beitragen, es bekannter zu machen. Die Zahl der Zuhörer in der Ratssitzung spricht für prinzipiell großes Interesse.
Laut den Ausführungen von Mane und Lukas Huchler und Projektleiter Jannis Dittmar gibt es viele, die sich beim Wohnen aufs Wesentliche konzentrieren wollten. Die sich für naturverträgliche Wohnformen mit geringem Flächenverbrauch interessierten, bei denen Energie, Biodiversität und anderes von Anfang an mitgedacht würden. Da seien ältere Bürger, denen ihr Haus nach der Familienphase zu groß gewordenen ist. Aber auch jüngere Leute, die klein anfangen wollen. „Viele sind bereit, sich zu verkleinern, aber 50 Quadratmeter sind sportlich. Das ist eine Sache, die wir aus Burgrieden gelernt haben“, sagt Mane Huchler.
Deshalb fällt die Grenze, die in Rot gilt und in Ummendorf zunächst vorgesehen war. Die Rede ist jetzt von Häusern mit einer Fläche von 30 bis 80 m2. Nicht zuletzt dank modularer Bauweise soll dies den Interessenten Zwischenschritte ermöglichen – in beide Richtungen. In Rot sind die 50 Quadratmeter im Bebauungsplan
festgeschrieben. Nachträgliche Änderungen hält Huchler für schwierig, weil dies die jetzigen Bewohner vor den Kopf stoßen würde.
Im September haben die Ersten ihr Kleinhaus in Rot bezogen. Inzwischen sind sechs der 25 Wohneinheiten auf dem rund 1,2 Hektar großen Areal fertig. Falls Pläne für eine Erweiterung konkret würden, könnte auch „Burgrieden von Ummendorf lernen“, betont Mane Huchler auf Anfrage der „Schwäbischen Zeitung“. Nun heißt es aber erst, eins nach dem anderen: „Wir sind im Gespräch mit der Gemeinde, aber wir warten ab, welche Erfahrungen wir in Ummendorf sammeln.“
Schließlich haben die Huchlers noch eine weitere Zielgruppe identifiziert, die durch das Konzept in Rot noch nicht bedient werden kann: Die Planer sehen eine große Nachfrage von Leuten, die etwas für begrenzte Zeit suchen.
Etwa Wochenend-Berufspendler, die für große Firmen hier in der Region zeitlich begrenzte Projekte bearbeiten. Da der Begriff „touristisches Wohnen“in der Planskizze bei den Ummendorfer Räten Irritationen auslöste, betonte Mane Huchler: „Streichen Sie den. Es geht um ,Wohnen auf Zeit’.“Es ist demnach ausdrücklich nicht an Ferienwohnungen, Camping oder kurzfristige Airbnb-Vermietungen gedacht, eher an ein halbes oder ein Jahr.
Die bereits gesammelten Erkenntnisse aus Rot seien für die Planungen in Ummendorf aber wegweisend gewesen. „Burgrieden ist das Original. Ohne Burgrieden wäre Ummendorf nicht möglich, aber wir planen keine Dublette“, betont Huchler. Die Planer können sich in ihrer beratenden Funktion des Gemeinderats auf Erfahrungen stützen. „Wir haben jetzt das Vertrauen, weil es in Burgrieden funktioniert“,
so der Planer im Gespräch mit der Zeitung. Dies biete die Chance, Ansätze vorzubringen, mit denen sich das Büro Huchler im Gemeinderat in Burgrieden nicht durchsetzen konnte. „Wir haben gesagt, das, was wir in Burgrieden gelernt haben, wollen wir in Ummendorf auch einbringen.“
In Ummendorf sind auf 1,9 Hektar circa 45 Wohneinheiten angedacht. In der Skizze sind die Einheiten für „Wohnen auf Zeit“zur Umlach hin gruppiert. Freilich sind die Zahlen und Abgrenzungen aus dem Entwurf nicht verbindlich. Der zweite Teilbereich in der Mitte ist für „vermietetes Wohnen“vorgesehen. Darunter ist eine Miete oder Nutzungsgebühr für den Standort zu verstehen. Die Idee ist, dass hier Leute ihr bewegliches Holzhäuschen auf Dauer bewohnen und erwerben, aber nicht den Grund und Boden – immerhin auch eine Finanzierungsfrage. Im dritten Teilbereich lassen sich Eigentümer nieder, denen beides gehört: Haus und Parzelle. Grundstückserlöse im Eigentümer-Segment sind Teil der Kalkulation für das Gesamtvorhaben, Stichwort Wirtschaftlichkeit.
Parkplätze sind f lächenschonend am Rand des Areals gebündelt. Komplett darauf zu verzichten „wollen die Leute unserer Erfahrung aus Burgrieden nach nicht“. Befestigte Straßen seien schon allein für die Feuerwehr und Müllfahrzeuge nötig. Gemeinschaftseinrichtungen, wie eine zentrale Waschküche, sehen die Planer vor, „sind bisher aber nie groß auf Interesse gestoßen“. Genossenschaftliche Modelle seien schwer, „das haben wir gelernt“; es gehe um zielgerichtete Mitbestimmung statt Pf licht zum Mitmachen. Für die Pf lege der
Grünf lächen ist ein Quartiersmanagement angedacht. Auf eine Frage sagte Huchler, Modulhäuser seien je nach Größe und Aufwand für 80.000 bis 150.000 Euro zu haben, ohne Grunderwerb.
Ob die Parzellen von der Gemeinde oder einem Investor veräußert werden, ist nicht final geklärt. Manufaktur Huchler aus Gutenzell als Schwesterfirma des Planungsbüros baut Modulhäuser, aber die Bewohner können genauso gut ihr Tiny House von einem anderen Anbieter liefern lassen – auch dies ein angedachter Unterschied zu Burgrieden, wo die Firma Huchler alle Häuser baut. „In Burgrieden gehört das Haus den Leuten, aber der Grund uns als Betreibergesellschaft“, schildert Huchler. Da in Ummendorf die Gewichtung stark auf Schaffung von dringend benötigtem Wohnraum liege, sei man gut beraten, Kauf von Grund und Haus sowie reine Miete von Grund und Haus anzubieten. „Wir sollten den jungen Leuten eine Chance geben, ein Haus zu kaufen“, findet Huchler. Viele junge Paare könnten sich aktuell keinen Kredit für ein klassisches Einfamilienhaus leisten. Hier kämen auch die Vorteile vom modularen Bauen zum Tragen. „Das junge Paar mit dem Häuschen kann sich später auch noch Module dazukaufen.“
Bevor es in Ummendorf konkret wird, dürften die letzten freien Parzellen in Burgrieden bereits vergeben sein: Ein Teil davon sei bis Februar noch zurückgehalten worden, damit keine zu lange Wartezeit auf die Häuser entstehen. „Wir können die Schlagzahl nicht beliebig erhöhen“, erläutert Huchler. Pro Monat komme derzeit ein weiteres Tiny-Haus hinzu. „Die Nachfrage ist weiterhin überregional groß.“