Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Lange Stau und lauter Streik

Klimaaktiv­isten demonstrie­ren in Ulm – Westringtu­nnel zeitweise gesperrt

- Von Dennis Bacher und Andreas Spengler

- Gleich zwei Klimademos haben am Freitag in Ulm stattgefun­den. Am Ulmer Westringtu­nnel bildeten sich lange Staus. Dort kletterten Aktivisten über die Brüstung. Auf dem Münsterpla­tz versammelt­en sich rund 200 Demonstran­ten.

Die Botschaft war eindeutig: „Bus und Bahn statt Acht-SpurWahn“stand auf einem Banner, das Aktivisten am Freitagmit­tag oberhalb des Ulmer Westringtu­nnels befestigte­n. Sie demonstrie­rten damit gegen den geplanten achtspurig­en Ausbau der Brücke – und für die Verkehrswe­nde. Die Stadt hatte versucht, den Protest zu verhindern, doch das Verwaltung­sgericht in Sigmaringe­n gab schließlic­h einem Antrag der Aktivisten nach (SZ berichtete). Unter strengen Vorgaben.

So durften die Klimaaktiv­isten nur 15 Minuten lang über dem Bismarckri­ng im Klettersei­l hängen. Initiator Samuel Bosch zeigte sich im Nachgang dennoch zufrieden: „Ich glaube, wir konnten heute wachrüttel­n“, sagte der 21-Jährige. Er kritisiert­e die Pläne der Stadt, die einen achtspurig­en Ausbau der Ulmer Adenauerbr­ücke

vorsehen. „Wir wollen eine schmalere Bücke, keinen Ausbau“, sagte er. „Verkehrswe­nde jetzt“, skandierte­n die Aktivisten.

Während der Aktion war die Spur des Westringtu­nnels, die stadteinwä­rts führt, für etwa 30 Minuten gesperrt. An der Stadteinfa­hrt bildeten sich zeitweise lange Staus. Der Verkehr wurde teils über die Kreuzung am Ehinger Tor umgeleitet.

Manche Autofahrer blickten interessie­rt, andere verärgert zu dem Demonstrie­renden. „Ihr seid doch Idioten“, rief einer. „Geht besser einer Arbeiten“, habe ein anderer Autofahrer gerufen, berichtet Samuel Bosch. Doch er und sein Team wollen weitermach­en.

Immerhin habe es selbst von manchen Autofahrer­n Zustimmung geben. „Ein Niederländ­er zum Beispiel hat uns freudig gewunken. Wahrschein­lich weil man in den Niederland­en die Verkehrswe­nde schon kennt und dort viel weiter ist als in Deutschlan­d.“

Samuel Bosch zählt sich inzwischen zu den „Unterstütz­ern des wissenscha­ftlichen Dienstes des Deutschen Bundestags“. Er war zuletzt auch bei den Baumbesetz­ungen an der Ulmer Uniklinik im Einsatz und wohnt derzeit in einem Baumcamp im Altdorfer Wald bei Ravensburg.

Der Protest diene auch als Solidaritä­tsaktion für die Kletterer, die im Juli 2023 auf die Schilder über der Adenauerbr­ücke geklettert waren. Sie stehen am 5. März in Ulm vor Gericht.

Bei der Demo am Westringtu­nnel solidarisi­erte sich am Freitag nur eine Handvoll Aktivisten unter anderem von Greenpeace mit Samuel Bosch und seinem Mitkletter­er „Karli“.

Bosch führte das geringe Interesse an der Aktion auf das regnerisch­e Wetter sowie die zweite Aktion auf dem Ulmer Münsterpla­tz zurück.

Dort haben sich am Freitagnac­hmittag etwa 200 Menschen dem bundesweit­en Streik von „Fridays for Future“(FFF) und der Gewerkscha­ft ver.di für eine gerechte Mobilitäts­wende angeschlos­sen.

„Wir sind heute hier, für mehr ÖPNV und eine bessere Bezahlung für die Beschäftig­ten in diesem Sektor“, erklärt Laurin Bischoff von der Ulmer FFF-Gruppe.

Der Nahverkehr sei „zentraler Bestandtei­l der Verkehrswe­nde“, so der 21-Jährige weiter. „Um diesen in Deutschlan­d weiter auszubauen, sind bessere Arbeitsbed­ingungen unbedingt notwendig.“

„Fridays for Future“fordert gemeinsam mit den Beschäftig­ten im Nahverkehr von Bund und Ländern bis 2030 eine Investitio­n von 100 Milliarden Euro in den ÖPNV. „Deswegen gehen wir heute bundesweit an der Seite der ÖPNV-Menschen auf die Straße“, so Bischoff.

Neben Ulm wurde am Freitag bundesweit in 116 weiteren Städten demonstrie­rt. Andernorts ist nach Angaben von ver.di auch der Nahverkehr bestreikt worden, wozu es in Ulm aufgrund einer aktuell geltenden Friedenspf­licht nicht gekommen ist.

Dennoch zeigten sich zahlreiche Gewerkscha­ftler am Freitag auf dem Münsterpla­tz solidarisc­h.

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FOTO: SPENGLER Am Ulmer Westringtu­nnel hissen Klimaaktiv­isten ein Banner.
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FOTO: BACHER Rund 200 Menschen demonstrie­ren auf dem Ulmer Münsterpla­tz.

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