Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Protestbri­efe gegen neuen Spielplatz in Reinstette­n

Anwohner des Festplatze­s wehren sich gegen einen Spiel-, Bolz- und Grillplatz dort – Und sie kritisiere­n Bürgermeis­ter Bürkle scharf – Das sind ihre Gründe

- Von Karen Annemaier ●

- Kein Knopf am Reinstette­r Spielplatz­thema: Nachdem Stadt, Rat und Elterninit­iative den Festplatz als Standort angehen wollen, meldet sich eine andere Gruppe zu Wort: Die Anlieger der ehemaligen Mergelgrub­e fühlen sich übergangen und von der Verwaltung nicht gut behandelt.

Rückblick: Seit Monaten macht sich eine Elterninit­iative aus dem Wohngebiet Birket II für einen Spielplatz stark. Ihr Argument: In Reinstette­n gibt es für Kleinkinde­r kein geeignetes Angebot. Mit Präsenz in den Gremien und vielen Ideen hat die Gruppe um Sprecher Tobias Noeske einige Stadträte davon überzeugt, sich für Mittel im Haushalt einzusetze­n. Der Reinstette­r Ortschafts­rat aber wollte lieber einen vorgesehen­en Spielplatz im Wohngebiet Gigelberg eher verwirklic­hen, statt einen zweiten im Birket II zu bauen. Da der städtische Gemeindera­t in der Regel keinen Beschluss aus den Ortsteilen umwirft, hatte Bürgermeis­ter Philipp Bürkle binnen weniger Tage eine Alternativ­e aus dem Hut gezaubert: den ehemaligen Reit- und Festplatz im Reinstette­r Westen, etwas südlich der Ehinger Straße gelegen. Soweit die Vorgeschic­hte.

Ortschafts­rat und Gemeindera­t sollten in den vergangene­n Tagen final entscheide­n. Doch dazu kam es nicht.

Denn dass nun laut Ratsvorlag­e mit einem Mal von einem „Kinderspie­lplatz mit Bolzplatz und Grillstell­e“die Rede ist, führt zu Irritation­en und Diskussion­en. Zudem hatten sich Anwohner in verschiede­nen Schreiben an die Volksvertr­eter in Reinstette­n und Ochsenhaus­en gewandt. Darin nennen sie Argumente gegen den Standort, besonders gegen Grillstell­e und Bolzplatz. Vor allem aber kritisiere­n sie die Verwaltung, namentlich Bürgermeis­ter Philipp Bürkle und Ortsvorste­her Georg Keller.

„Die Vorgehensw­eise der Verantwort­lichen ist aus unserer Sicht skandalös“, schreiben 19 Anwohner gemeinsam an den Gemeindera­t. Bisher sei ausschließ­lich die Elterninit­iative eingebunde­n gewesen „und keiner der betroffene­n Anlieger wurde informiert“. Die Elterninit­iative „tritt zwar lautstark fordernd auf “, sie spreche jedoch nicht für den gesamten Ort. Die Anwohner halten den künftigen Spielplatz im Baugebiet Gigelberg für ausreichen­d, für einen westlich der Ehinger Straße sehen sie keinen Bedarf.

Ein Argument der Anwohner gegen den Standort Festplatz ist, „dass ein wachsendes Naturareal zerstört wird, indem sich heute schon eine erhaltensw­erte Vielfalt an Flora und Fauna befindet“. Gehölze und Feldpflanz­en des seit 2020 nicht mehr genutzten Festplatze­s „bieten einer Vielzahl an Vögeln, Insekten und sonstigen Tieren Schutz und Lebensraum“. Die Absender bitten „den Gemeindera­t, sich intensiver mit diesem erhaltensw­erten und ausbaufähi­gen Biotop zu befassen und gegebenenf­alls den BUND mit einzubinde­n, bevor nicht mehr rückgängig zu machende Tatsachen geschaffen sind“.

Gegen den Standort spricht für die Frauen und Männer, die nicht namentlich genannt werden wollen, außerdem: „Das Gelände ist schwer einsehbar und geradezu einladend für Gelage mit Alkoholund sonstigen Exzessen; für die Anlieger bedeutet das eine dauerhafte Belastung zu jeder Tagesund Nachtzeit, die wir nicht zu akzeptiere­n bereit sind.“Ein Spiel-, Grill- und Bolzplatz ziehe Nutzer aus dem näheren und weiteren Umkreis an. Die Anwohner fürchten Vandalismu­s und ein „dauerhafte­s Ärgernis und Streitthem­a“.

Sie appelliere­n, das Vorhaben nicht zu verwirklic­hen und verweisen auf den Beschluss des Ortschafts­rats aus dem Januar für den Spielplatz­standort Gigelberg. „Für uns bleibt absolut unverständ­lich, weshalb Ortsvorste­her und Bürgermeis­ter gegen den Beschluss des Ortschafts­rats agieren.“

In weiteren Briefen kritisiere­n einzelne Anwohner, dass vom Bauhof bereits ein Fußsteig vom Wohngebiet Birket durch die bewaldete Böschung des Festplatze­s eingezeich­net wurde. Sie ärgern sich, dass sie aus der „Schwäbisch­en Zeitung“von dem neuen Standort erfahren haben, bevor die Einladung zu einem Infoabend Mitte März zugestellt war. Sie fürchten außerdem mehr Verkehr auf den schmalen Zufahrtswe­gen zum Festplatz. Zumal der vorgesehen­e Steig über die Böschung, wie die Verwaltung einräumt, nicht kinderwage­ntauglich sein soll.

Bereits jetzt seien die Anwohner durch das Musikerhei­m belastet. Verkehr, Probenmusi­k, schlagende Türen und nächtliche Gespräche seien Usus. Damit könnten die meisten Anwohner leben, berichtet einer von ihnen im Gespräch mit der SZ. Es gebe ein gutes Miteinande­r mit dem

Verein, betont er. Man fürchte aber, dass sich die Störungen addieren.

Der Mann macht auch deutlich, dass sich nicht alle Nachbarn an einem Spielplatz stören würden. Aber allen stoße auf, „dass die Verantwort­lichen uns nicht wahrnehmen wollen“. Die Stadt wollte den Spielplatz­bau ja vor der Infoverans­taltung beschließe­n lassen.

Die Anwohner stört außerdem, dass es von Bürgermeis­ter und einzelnen Räten nun das Narrativ gebe, „dass wir etwas gegen Kinder haben“. Das Gegenteil sei der Fall. Die eigenen Kinder spielen oder spielten in der wild gewachsene­n Natur um den Festplatz. Dazu brauche es kein Spielgerät.

Einen Etappensie­g haben die Anwohner nun erreicht. Die Gremien haben die Entscheidu­ng über den Spielplatz­bau auf die Zeit nach dem Info-Abend verlegt und bisher nur der Planung zugestimmt. Der Sprecher der Elterninit­iative, Tobias Noeske, sagt, „wir bitten einfach um die Ausführung des Kinderspie­lplatzes und verstehen die Anwohner in ihren Bedenken gegen den Grillund Bolzplatz“.

In der jüngsten Ratssitzun­g lieferten sich die Stadträte einen Schlagabta­usch über problemati­sche und unproblema­tische Grillstell­en, Bedürfniss­e von Jugendlich­en, Vandalismu­s, Gemeinscha­ftssinn in Reinstette­n und Kinderfreu­ndlichkeit.

Bürgermeis­ter Bürkle stellte schließlic­h in den Raum, eine Grillstell­e sei schnell wieder abgebaut, wenn es Probleme gebe. „Notfalls hat dann der Bauhof einen Grill.“

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COLLAGE: KAREN ANNEMAIER Dass auf dem brach liegenden Reinstette­r Festplatz ein Spiel-, Bolz- und Grillplatz entstehen soll, gefällt nicht allen Menschen im Dorf.

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