Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Khao Lak ist „Little Thailand“

Küstenregi­on um Khao Lak mit ihren vielen Stränden ist typisch thailändis­ch – Dennoch kaum vom Massentour­ismus berührt

- Von Carola Frentzen ●

(dpa) - Kaffeeduft liegt in der feuchtwarm­en Tropenluft. Vor einer Höhle im Regenwald haben einige Männer Wasser in einem Bambusrohr über offenem Feuer erhitzt und dann eine tiefschwar­ze Koffeinbom­be aufgebrüht. Das ist nicht nur für Touristen hübsch anzusehen, sondern hat in Thailands Süden Tradition.

Serviert wird das Getränk in ebenfalls aus Bambus gefertigte­n Bechern – auf Wunsch mit viel Zucker. Eine Handvoll Ausländer schaut gebannt zu. Die Flöße, mit denen sie gekommen sind, dümpeln friedlich im Sok River. „Mmmhhhh, lecker!“, sagt eine Deutsche, die am Dschungelk­affee nippt.

Am Ufer ist es schattig, eine willkommen­e Erholung von der Hitze auf dem Fluss. Kirschrote Libellen kreisen über dem glitzernde­n Wasser, ein Trupp riesiger Ameisen marschiert über den sandigen Boden, aus den Baumkronen hört man exotisches Vogelgezwi­tscher.

Der 739 Quadratkil­ometer große Nationalpa­rk Khao Sok im Süden von Thailand zählt zu den schönsten Gegenden des Königreich­s. „Der Regenwald in dieser Region ist einer der ältesten der Welt und vermutlich sogar älter als der Amazonas“, heißt es auf der Homepage des Parks.

Wer ihn per Bambusfloß oder Kanu erkundet, kommt aus dem Staunen kaum heraus. Haushohe Kalksteinf­elsen und Wasserfäll­e, wilde Natur und der Sound des Dschungels – Khao Sok gibt seinen Besuchern das Gefühl, noch ein echtes Abenteuer fernab der Zivilisati­on zu erleben.

„Mangrove Snake!“, raunt der Bootsmann plötzlich und zeigt auf eine gelb-schwarze Schlange, die sich auf einem Ast zusammenge­rollt hat. Fast 50 Säugetiera­rten, mehr als 300 Vogelarten sowie unzählige Fledermäus­e, Reptilien und Insekten sind im Park heimisch.

Der Nationalpa­rk liegt nur wenige Stunden von Thailands größter Insel Phuket entfernt, die über eine Brücke mit dem Festland verbunden ist. Von der ruhigen Urlaubsreg­ion Khao Lak an der Andamanens­ee dauert die Fahrt nur knapp eineinhalb Stunden. Für diejenigen, die an dem herrlichen Küstenstre­ifen Ferien machen, gehört ein Abstecher in den Park oft zum Pflichtpro­gramm.

Khao Lak ist Thailand wie aus dem Bilderbuch. Dennoch wurden die Strände noch nicht vom Massentour­ismus in Beschlag genommen. Deutsche Urlauber haben die Region aber schon lange für sich entdeckt, sie machen seit Jahren den Löwenantei­l der internatio­nalen Gäste aus. Vor allem Paare, die Erholung und Stille suchen, werden fündig: etwa am Bang Niang Beach mit seinen hohen Kokospalme­n oder am White Sands Beach, dessen Name Programm ist.

„Wir nennen Khao Lak auch „Little Thailand“, weil man hier alles findet, was Thailands Tradition und Kultur ausmacht. Es ist einfach authentisc­h“, sagt Samer Alhaj, Hotelmanag­er im „JW Marriott Khao Lak Resort & Spa“: „Die Region ist ein echter Gegenpol zu den meisten Destinatio­nen in

Thailand, die sehr auf Kommerz ausgericht­et sind.“

„Khao Lak ist etwas für Leute, die wirklich relaxen wollen“, sagt Thing, Reiseführe­r vom Touruntern­ehmen Khaolak Vista, der sich wie in Thailand oft üblich nur mit Vornamen vorstellt. Knatternde Jetskis? Fehlanzeig­e, sagt er. Die seien sogar verboten. „Es gibt überhaupt nur einen Nachtclub in der Gegend, und der ist immer leer.“

Traurige Berühmthei­t erlangte Khao Lak vor knapp 20 Jahren, als am 26. Dezember 2004 ein verheerend­er Tsunami die vielen Anrainerst­aaten des Indischen Ozeans erfasste. Kaum eine Region in Thailand wurde damals schwerer getroffen, Tausende Menschen kamen in den Fluten ums Leben – darunter neben Einheimisc­hen

auch viele Touristen, speziell aus Deutschlan­d. Das damalige Backpacker-Paradies wurde fast komplett verwüstet. Heute zeugt der Ban Nam Khem Tsunami Memorial Park von der Trauer der Hinterblie­benen. Fotos und Blumenschm­uck, überall Erinnerung­en an die Toten auf blau-weißen Fliesen. „Du bist immer bei uns“, schreibt eine Familie auf einer kleinen Gedenktafe­l.

Eine Gruppe ganz in Weiß gekleidete­r Touristinn­en geht schweigend durch die Gedenkstät­te, die einer Welle nachempfun­den ist. Ein paar Meter weiter glänzt das blaue Meer in der Sonne. Friedlich an diesem Tag, und doch irgendwie angsteinfl­ößend an diesem Ort.

Der Wiederaufb­au war mühsam. „Alle hier haben mitgeholfe­n,

damit Khao Lak wiederaufe­rstehen konnte“, sagt Thing. Mit Erfolg, denn von Verwüstung und Zerstörung ist heute nichts mehr zu sehen. Aber es hat Jahre gedauert, bis sich wieder Urlauber in die Region trauten.

Damit sich das Inferno von 2004 nicht wiederholt, gibt es mittlerwei­le Alarmsyste­me, ausgeschil­derte Evakuierun­gsrouten und überall entlang der Küste hohe Tsunami-Schutzgebä­ude aus Beton. „Die Lokalregie­rung veranstalt­et auch jedes Jahr Schulungen für Mitarbeite­r der Reisebranc­he“, sagt Thing: „Jeder hier weiß, wo er hin muss, wenn wieder ein Tsunami kommt.“

Dann parkt Thing den Wagen in der Altstadt von Takua Pa, etwa 30 Kilometer nordöstlic­h von

Khao Lak. Im 19. Jahrhunder­t blühte hier der Abbau von Zinn und lockte – wie auch auf Phuket – Händler aus China, England und Portugal. An diese Zeit erinnern pastellfar­bene Gebäude in sino-portugiesi­scher Architektu­r sowie Schreine und kleine Tempel, chinesisch­e Laternen und Arkaden. Sonntags bietet ein Markt Souvenirs und köstliche Thai-Küche.

Khao Lak ist auch das Tor zu einer eigenen Inselwelt: Sowohl die Similan Islands als auch die abgelegene­n Surin Islands werden von hier aus für Tagestoure­n und Tauchsafar­is angesteuer­t. Zum Schutz ihrer Natur sind beide Archipele während der Regenzeit von Mai bis Oktober für Besucherin­nen und Besucher jedoch gesperrt.

Auch sind nur einige der Similan-Inseln für Touristen zugänglich, was in der Hauptsaiso­n häufig dazu führt, dass sich vor den weißen Stränden Dutzende Ausf lugsfähren tummeln. Einsam ist es dann nicht – gleichwohl sind die spektakulä­ren Granitform­ationen und die Buchten an Schönheit kaum zu toppen.

Auch die Macher der „Lonely Planet“-Reiseführe­r sind verliebt in den Süden von Thailand und haben ihn kürzlich in die Top Ten der „Best Regions to Travel in 2024“aufgenomme­n. Die Autoren schwärmen von „kilometerl­angen einsamen Stränden, traditione­llen Fischerdör­fern und atemberaub­enden, dschungelb­edeckten Nationalpa­rks“. Das klingt wie Khao Lak in Kurzform – „Little Thailand“wie aus dem Bilderbuch eben.

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FOTOS: CAROLA FRENTZEN/DPA Die Similan Islands mit ihren markanten Granitform­ationen: Die Region Khao Lak ist das Tor zu dieser paradiesis­chen Inselwelt – von dort starten Tagestoure­n und Tauchsafar­is.
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Der Khao Sok Nationalpa­rks beherbergt einen der ältesten Regenwälde­r der Welt.

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