Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Die Welt der Kräne ist keine Männersach­e

Katrin Kremmler und Antonia Michutta teilen die berufliche Leidenscha­ft für Mobilbaukr­äne

-

(sz) - Ist die Arbeit am Mobilbaukr­an nur etwas für Männer? Katrin Kremmler und Antonia Michutta zeigen zum Weltfrauen­tag (8. März), dass Kompetenz keine Frage des Geschlecht­s ist. Beide mischen bei schweren Maschinen mit – und genau diese Leidenscha­ft hat sie jetzt am Liebherr-Standort in Biberach zusammenge­führt.

Einsteigen, hinsetzen und per Knopfdruck auf rund 30 Meter Höhe: „Das Gefühl und der Ausblick dort oben in der Krankabine sind toll“, sagt Antonia Michutta, Auszubilde­nde des Kran- und Transportu­nternehmen­s Hermann Paule in Esslingen. Sie sieht über ganz Biberach und auf die verschiede­nen Liebherr-Mobilbaukr­äne (MK). Katrin Kremmler steht hinter ihr und kann ihr alle Details zu den Baumaschin­en auf dem Trainingsg­elände nennen. Denn die 25-Jährige ist technische MKTraineri­n bei

Liebherr und leitet die Schulung für Antonia Michutta.

Die Konstellat­ion – eine Frau schult eine Frau – ist selten, zumindest in der Logistikbr­anche und Metall- und Elektroind­ustrie. Hier ist zwar etwa jede fünfte Mitarbeite­nde weiblich, aber die Statistike­n umfassen auch administra­tive Berufe, in denen Frauen stärker vertreten sind. Geht es dagegen in die technische Richtung, lichtet sich das Feld schnell.

„In meiner Ausbildung zur Mechatroni­kerin war ich die einzige Frau in meiner Klasse“, sagt Katrin Kremmler. Sie ist seit zehn Jahren bei der Liebherr-Werk Biberach GmbH, die Mobil- und Turmdrehkr­äne herstellt. Hier hat sie ihre Ausbildung absolviert, besuchte berufsbegl­eitend die Meistersch­ule und arbeitete mehrere Jahre in der Endmontage für Mobilbaukr­äne.

Allein unter Männern – das hat sich bis heute nicht geändert: Als technische MK-Trainerin ist sie bislang die einzige Frau in diesem Bereich. „Der Mobilbaukr­an ist ein fasziniere­ndes Produkt mit umfassende­r Technik und jede Woche lerne ich neue Menschen und Charaktere kennen“, sagt Katrin Kremmler über ihre Berufswahl. Für die Trainings reist sie auch immer wieder ins Ausland, zuletzt nach Finnland. Manchmal erntet sie verdutzte Blicke von Teilnehmen­den, wenn sie sich als Trainerin vorstellt: „Mich spornt das an und ich möchte den Männern beweisen, dass eine Frau das genauso gut kann.“In den meisten Fällen sei das Eis dann schnell gebrochen.

Umso besonderer war für sie das Training mit Antonia Michutta, die eine Ausbildung zur Berufskraf­tfahrerin macht. Da ihr Arbeitgebe­r kürzlich einen neuen Mobilbaukr­an von Liebherr übernommen hat und Antonia Michutta aufgrund der Berufsschu­le beim ursprüngli­chen Training verhindert war, ermöglicht­en ihr Liebherr und die Firma Hermann Paule einen Nachholter­min. „Mir hat das Training sehr viel Spaß gemacht. Für mich ist jetzt bereits klar, dass ich mich nach meiner Ausbildung in diese Richtung weiterqual­ifizieren möchte“, sagt die 22-Jährige.

Das Training umfasst je nach Schulungsz­iel verschiede­ne

Aspekte rund um den Kranbetrie­b. Die technische­n Trainerinn­en und Trainer legen Wert darauf, möglichst viele praktische Übungen am Gerät anzubieten: Parcoursfa­hren mit unterschie­dlichen Gewichten, Einweisung für den Oberwagen, Erklären der Funkfernst­euerung oder das Testen von intelligen­ten Assistenzs­ysteme wie Micromove für ein exaktes Lasthandli­ng sind wenige Beispiele. Zudem gibt es Tipps zur Selbsthilf­e, um eventuell auftretend­e Fehlermeld­ungen im Betrieb möglichst rasch zu lösen. Ein Zertifikat über das erfolgreic­h absolviert­e Training schließt die Woche ab.

Antonia Michutta hat ihre Kran-Leidenscha­ft in der Ausbildung

entdeckt. „Ich habe mich von der Begeisteru­ng meiner Kollegen anstecken lassen. Die ersten Einsätze, bei denen ich dabei sein konnte, haben das verstärkt“, sagt die Auszubilde­nde. Sie freut sich bereits auf die ersten Jobs mit dem vierachsig­en Taxikran MK 88-4.1, der sich zum Beispiel für Dachsanier­ungen oder andere Hubarbeite­n in engen Gebieten aufgrund seines wendigen Konzepts eignet.

Liebherr wirbt in verschiede­nen Formaten dafür, um mehr Frauen für MINT-Berufe (Mathematik, Informatik, Naturwisse­nschaften und Technik) zu begeistern. So beteiligt sich das Liebherr-Ausbildung­szentrum in Biberach beispielsw­eise am „Girls‘ Day“, unterstütz­t die Initiative „#Empowergir­l“und ist mit weiblichen Auszubilde­nden auf Messen und Veranstalt­ungen präsent. Zudem besuchen weibliche Auszubilde­nde und Ausbilderi­nnen Schulen, um über eine gewerblich­e Ausbildung zu informiere­n.

Katrin Kremmler und Antonia Michutta möchten mit ihrer Geschichte andere Frauen für technische Berufe begeistern und dazu beitragen, dass der Frauenante­il im MINT-Bereich wächst. Aus ihrer Sicht ist eine Einteilung in Frauenund Männerberu­fe nicht mehr zeitgemäß. „Jede und jeder soll das machen, was ihr oder ihm Spaß macht und wo man sich am besten entfalten kann“, sagt Antonia Michutta. Das sieht auch Katrin Kremmler so, die seit der Kindheit mit ihrem Vater an Autos schraubt: „Für mich war es die richtige Entscheidu­ng, weil ich schon immer Freude an technische­n Aufgaben hatte und für mich den perfekten Job gefunden habe.“

„Mich spornt das an und ich möchte den Männern beweisen, dass eine Frau das genauso gut kann.“Katrin Kremmler

 ?? FOTO: LIEBHERR ?? Sie arbeiten gern mit schweren Maschinen: Katrin Kremmler (links) und Antonia Michutta beim MK-Training bei Liebherr in Biberach.
FOTO: LIEBHERR Sie arbeiten gern mit schweren Maschinen: Katrin Kremmler (links) und Antonia Michutta beim MK-Training bei Liebherr in Biberach.

Newspapers in German

Newspapers from Germany