Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Die Bastion bröckelt

Frauen arbeiten häufig in Teilzeit – Veränderun­gen auf dem Arbeitsmar­kt gibt es trotzdem

- Von Anna Berger

- Vor mehr als 100 Jahren ist der internatio­nale Frauentag am 8. März ins Leben gerufen worden. Seither hat sich viel getan in Deutschlan­d, was die Rechte von Frauen und ihre Gleichstel­lung in der Gesellscha­ft angeht. Unterschie­de gibt es aber weiterhin, zum Beispiel auf dem Arbeitsmar­kt. Das zeigt eine aktuelle Erhebung der Agentur für Arbeit Ulm, zu deren Bezirk auch der Landkreis Biberach zählt.

Demnach ist zwar fast die Hälfte der Beschäftig­ten weiblich, allerdings arbeiten Frauen sehr viel häufiger in Teilzeit als Männer: „Von allen Vollzeitbe­schäftigte­n sind nur 31,4 Prozent Frauen“, schreibt die Arbeitsage­ntur. Bei den Teilzeitbe­schäftigte­n liege der Frauenante­il hingegen bei imposanten 81,9 Prozent. Den Grund vermutet Constanze Abendroth, Beauftragt­e für Chancengle­ichheit am Arbeitsmar­kt bei der Agentur für Arbeit Ulm, in der ungleichen Verteilung sogenannte­r Care-Arbeit: „Es sind überwiegen­d Frauen, die die Kinderbetr­euung und -erziehung oder auch eine häusliche Pflegetäti­gkeit übernehmen. Da bleibt keine Zeit für einen Vollzeitjo­b.“

Die „Schwäbisch­e Zeitung“hat den heutigen Frauentag zum Anlass genommen, um bei Unternehme­n in und um Laupheim nachzufrag­en, wie hoch der Frauenante­il in ihrem Betrieb ist – und wie viele davon in Teilzeit arbeiten. Das Ergebnis bestätigt zwar den allgemeine­n Trend, zeigt aber auch, wo Frauen sich auf dem hiesigen Arbeitsmar­kt durchgeset­zt haben.

So ist etwa mehr als die Hälfte der Beschäftig­ten bei der Volksbank Raiffeisen­bank LaupheimIl­lertal (VR-Bank) weiblich (knapp 62 Prozent), in einer Branche, die lange Zeit von Männern dominiert wurde. Diese Entwicklun­g spiegelt sich in der Führungseb­ene der Bank wider, die seit vergangene­m Jahr von Stephanie Bernickel

und Markus Langner als Doppelspit­ze geführt wird. Die VRBank habe sich bewusst für eine gleichbere­chtigte Führung entschiede­n, wobei sich Stephanie Bernickel als beste Kandidatin durchgeset­zt habe, sagt Pressespre­cherin Marion Fakler. „Unsere Überzeugun­g ist, dass diverse Teams am erfolgreic­hsten sind.“

Auch was die Teilzeitqu­ote von Frauen angeht, liegt die VR-Bank mit knapp 53 Prozent unterhalb des Durchschni­tts in der Region. Die vorgelegte­n Zahlen zeigen aber auch: Nur knapp zwölf Prozent der Teilzeitbe­schäftigte­n sind männlich. Frauen arbeiten also auch dort sehr viel häufiger in Teilzeit als ihre Kollegen.

Eine ähnlich hohe Frauenquot­e kann Rentschler Biopharma am Standort in Laupheim vorweisen. Knapp 60 Prozent der Beschäftig­ten sind dort weiblich. Über die Hälfte davon (rund 60 Prozent) arbeitet in Vollzeit. Betrachtet

man das Geschlecht­erverhältn­is bei den Teilzeitkr­äften, zeigt sich aber auch hier ein deutlicher Unterschie­d zwischen Männern und Frauen. Nach Angaben von Rentschler-Pressespre­cherin Latika Bhonsle-Deeng sind gerade einmal 15 Prozent der Teilzeitkr­äfte männlich.

Ganz besonders weiblich geht es bei der Stadtverwa­ltung in Laupheim zu. 501 von 677 Beschäftig­ten sind laut Pressespre­cherin Nicole Hörmann Frauen. Das sind fast drei Viertel. Davon arbeitet rund ein Drittel in Vollzeit. Bei den angestellt­en Männern sind es hingegen zwei Drittel. Wenig überrasche­nd: Noch höher ist der Frauenante­il im Bereich der städtische­n Kindertage­seinrichtu­ngen. 188 von 193 Beschäftig­ten sind dort weiblich. Davon arbeiten knapp 46 Prozent in Vollzeit. „Aktuell haben wir sechs Männer in den Kitas, davon ein Auszubilde­nder“, so Hörmann.

Eine Männerbast­ion ist hingegen weiterhin die Baubranche, zumindest auf den ersten Blick. Nach Angaben des Hauptverba­nds der Deutschen Bauindustr­ie sind gerade einmal 14 Prozent der Beschäftig­ten im Baugewerbe weiblich. Trotzdem bröckelt die Bastion allmählich: 28 Prozent der Bauingenie­ure und -ingenieuri­nnen in Bauunterne­hmen sind laut dem Verband mittlerwei­le Frauen, in der öffentlich­en Verwaltung sind des sogar 46 Prozent.

Diese Entwicklun­g stellt auch das Bauunterne­hmen Matthäus Schmid aus Baltringen im eigenen Betrieb fest. Zehn Prozent der Beschäftig­ten sind dort weiblich, wobei mit 65 Prozent ein Großteil davon in Vollzeit angestellt ist, wie Gabriele Henle, Mitarbeite­rin im Marketing und Recruiting, mitteilt. „Wir beschäftig­en im Unternehme­n auch bereits Bauleiteri­nnen“, betont Henle. Außerdem

gehört derzeit eine duale Studentin zum Personal von Matthäus Schmid, die neben ihrer Ausbildung in dem Batringer Unternehme­n Bauingenie­urswesen an der Hochschule Biberach studiert. „Wir sind an qualifizie­rtem Personal interessie­rt – das Geschlecht spielt dabei keine Rolle“, sagt Henle.

Auch bei Wolfmaier Haustechni­k in Baustetten ist der überwiegen­de Teil der Beschäftig­ten männlich. Auf 69 Männer kommen dort 15 Frauen, wobei vier davon in Teilzeit arbeiten. Im Bereich der Anlagenmec­haniker beträgt die Männerquot­e sogar 100 Prozent. Birgit Wolfmaier, Gesellscha­fterin und kaufmännis­che Leiterin, glaubt aber, dass sich das in den nächsten Jahren ändern könnte. „Wir hatten schon einmal eine Frau, die hat das gerne gemacht“, sagt sie und betont, dass Wolfmaier in dem Bereich auch wieder eine Frau einstellen würde.

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FOTO: BERND VON JUTRCZENKA/DPA Mehr als 80 Prozent der Teilzeitbe­schäftigte­n in der Region sind laut einer Umfrage Frauen.

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