Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Fairness gibt es nicht umsonst
Viele Jahrzehnte konnten sich die europäischen Verbraucher auf vergleichsweise günstige Preise für Genussmittel verlassen. Kaffee und Schokolade gab es stets in ausreichender Menge. Wie die Rohstoffe dafür erzeugt werden, spielt erst in den letzten Jahren eine zunehmend wichtige Rolle beim Import der Bohnen. So soll die Industrie einerseits stärker auf menschenwürdige Arbeitsbedingungen auf den Plantagen achten, andererseits auch keinen Raubbau an der Natur der Erzeugerländer unterstützen. Beides verteuert die Erzeugnisse. Fairness kostet etwas.
Der Trend zu sauberen Lieferketten ist im Grunde gar nicht umstritten, auch nicht in Deutschland, wo Kaffee quasi als Nationalgetränk gilt. Nach Angaben des Kaffeeverbands sind wir mit 1,1 Millionen Tonnen im Jahr nach den USA der zweitgrößte Kaffeeimporteur der Welt. Es herrscht aber eine große Einigkeit, dass die Ausbeutung von Menschen und Natur kein gutes Geschäftsmodell ist. Doch bei den Regeln dafür endet das Verständnis mitunter. Denn die Nachweispf lichten stellen für die Wirtschaft eine enorme Belastung dar. Für kleine Firmen sind sie kaum zu leisten, etwa wenn ihnen als Zulieferer von großen Unternehmen dieselben Nachweise abgefordert werden wie den leistungsstarken Konzernen.
Nun schlagen die großen Kaffeeröster und -importeure Alarm, weil sie auf den Import von Bohnen aus Plantagen, für die Wald gerodet wurde, verzichten müssen und die von der EU geforderten Nachweise dafür leisten müssen. Kaffee könnte deshalb im kommenden Jahr zur Mangelware werden, die entsprechenden Preissteigerungen dafür inklusive. Nach Einschätzung der Industrie kann nur jeder fünfte Farmer die Voraussetzungen erfüllen. Da hohe Strafen drohen, könnte dies zu einem verringerten Import und damit zu Engpässen führen.
Die Einwände der Wirtschaft mögen übertrieben sein, doch sollte die EU ihren Zeitplan noch einmal überdenken. Tritt der Extremfall ein, wird die Akzeptanz für den Weg zu einem ausgewogeneren Welthandel schnell schwinden. Mehr Fairness wird es aber nur geben, wenn die Verbraucher und die Wirtschaft dahinter stehen.