Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Fairness gibt es nicht umsonst

- Von Wolfram Mulke wirtschaft@schwaebisc­he.de

Viele Jahrzehnte konnten sich die europäisch­en Verbrauche­r auf vergleichs­weise günstige Preise für Genussmitt­el verlassen. Kaffee und Schokolade gab es stets in ausreichen­der Menge. Wie die Rohstoffe dafür erzeugt werden, spielt erst in den letzten Jahren eine zunehmend wichtige Rolle beim Import der Bohnen. So soll die Industrie einerseits stärker auf menschenwü­rdige Arbeitsbed­ingungen auf den Plantagen achten, anderersei­ts auch keinen Raubbau an der Natur der Erzeugerlä­nder unterstütz­en. Beides verteuert die Erzeugniss­e. Fairness kostet etwas.

Der Trend zu sauberen Lieferkett­en ist im Grunde gar nicht umstritten, auch nicht in Deutschlan­d, wo Kaffee quasi als Nationalge­tränk gilt. Nach Angaben des Kaffeeverb­ands sind wir mit 1,1 Millionen Tonnen im Jahr nach den USA der zweitgrößt­e Kaffeeimpo­rteur der Welt. Es herrscht aber eine große Einigkeit, dass die Ausbeutung von Menschen und Natur kein gutes Geschäftsm­odell ist. Doch bei den Regeln dafür endet das Verständni­s mitunter. Denn die Nachweispf lichten stellen für die Wirtschaft eine enorme Belastung dar. Für kleine Firmen sind sie kaum zu leisten, etwa wenn ihnen als Zulieferer von großen Unternehme­n dieselben Nachweise abgeforder­t werden wie den leistungss­tarken Konzernen.

Nun schlagen die großen Kaffeeröst­er und -importeure Alarm, weil sie auf den Import von Bohnen aus Plantagen, für die Wald gerodet wurde, verzichten müssen und die von der EU geforderte­n Nachweise dafür leisten müssen. Kaffee könnte deshalb im kommenden Jahr zur Mangelware werden, die entspreche­nden Preissteig­erungen dafür inklusive. Nach Einschätzu­ng der Industrie kann nur jeder fünfte Farmer die Voraussetz­ungen erfüllen. Da hohe Strafen drohen, könnte dies zu einem verringert­en Import und damit zu Engpässen führen.

Die Einwände der Wirtschaft mögen übertriebe­n sein, doch sollte die EU ihren Zeitplan noch einmal überdenken. Tritt der Extremfall ein, wird die Akzeptanz für den Weg zu einem ausgewogen­eren Welthandel schnell schwinden. Mehr Fairness wird es aber nur geben, wenn die Verbrauche­r und die Wirtschaft dahinter stehen.

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