Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Stadtplaner auf Spurensuche im Schlosspark
Amt für Tiefbau und Umwelt untersucht Wasserwege in der Stadt und stößt auf alten Brunnenschacht
- Die Digitalisierung ist für das Amt für Stadtplanung ein Segen: Viele Karten aus dem Archiv sind inzwischen in ein Geografisches Informationssystem (GIS) eingepflegt. Aus historischen Daten ist ein digitaler Zwilling von Laupheim entstanden. Die Korrektheit der Pläne überprüfen Stadtmitarbeiter von Zeit zu Zeit. Vor Kurzem stießen sie dabei auf einen Brunnen, der einst die Schlossbrauerei mit Wasser für ihr Bier versorgte.
„Wir wollten dem Wasserf luss im Schlosspark auf den Grund gehen“, sagt Gunter Ast, kommissarischer Leiter des Amts für Tiefbau und Umwelt. In uralten Plänen ist der im Jahr 1894 durch Kilian von Steiner angelegte Schlosspark kartiert. Sie zeigen Quelltopf, Wasserläufe und die Teiche, die früher einmal der Fischzucht und Eisgewinnung für die Schlossbrauerei dienten. „Die Pläne haben Frau Stöhr und unser Stadtgärtner im Kopf “, sagt Ast. Deren Originale schlummern in den Tiefen des städtischen Archivs. Dank digitaler Technik liegen die Karten den Stadtmitarbeitern heute auch in digitaler Form vor. So gerieten sie nicht in Vergessenheit, so Ast.
Seit rund zehn Jahren sind die Bemühungen groß, den digitalen Zwilling der Stadt, das GIS, mit Daten zu füttern. „Wir sind dabei, die Informationen, die über Jahrzehnte gesammelt wurden, zentral einzustellen, damit sie jedem von uns verfügbar sind“, sagt der Amtsleiter. An ihren Computern können sich die Verwaltungsmitarbeiter die städtische Infrastruktur ansehen und weitergehende Informationen abrufen – etwa, wo die Leitungsnetze genau verlaufen und wann Wartungen anstehen. Doch bei historischen Daten ist Vorsicht geboten. „Wenn wir gerade kein konkretes Bauprojekt haben, überprüfen wir, ob das, was verzeichnet ist, auch Sinn ergibt“, erläutert Ast. Ergeben sich aus den Begehungen der Stadtplaner neue
Erkenntnisse, werden diese in das GIS eingepflegt.
Vor Kurzem war es wieder so weit: Die Stadtplaner hatten sich vorgenommen, das Kanalsystem in und um den Schlosspark näher
unter die Lupe zu nehmen. Mit einem ernsten Hintergrund: Im vergangenen Sommer war es dort in den Teichen zu einem Fischsterben gekommen. Damals wurde die Suche nach Wasser zu einem
„Dauerthema“im Umweltamt. Die Frage, die sich die Stadtmitarbeiter stellten: Haben die diversen Leitungen in dem Gebiet einen Einfluss auf die Teiche, die wiederum über sogenannte Mönche
miteinander vernetzt sind? Im Fokus hatten die Stadtplaner deshalb eine Kanaltrasse, die offensichtlich Wasser vom Schlossberg abführte. „Wir wollten Licht ins Dunkel bringen“, sagt Ulrike Stöhr, Sachgebietsleiterin Umwelt.
Um den genauen Verlauf der Kanäle zwischen Schlossparkquelle und Teichanlage zu bestimmen, öffneten die Stadtmitarbeiter diverse Kanalschächte. „Viele Schächte waren in Gebüschen versteckt oder von Erde bedeckt“, schildert Ast. Mit der Schaufel sei es zunächst auf Spurensuche nach den Kanaldeckeln gegangen. Schließlich zeigte sich, was sich im Plan als zwei Leitungen darstellte, ist in Wahrheit nur eine einzige. Diese hat Untersuchungen zufolge aber gar keinen Einfluss auf die Teiche im Schlosspark. „Die Quelle im Grund speist Schlosspark und Parkbad“, so Stöhr. Wenn es lange nicht regnet und die Quelle wenig Wasser liefert, wird in den flachen Teichen der Sauerstoff knapp und damit für die Fische gefährlich. Eine Lösung zu finden, ist schwierig – bauliche Änderungen sind nicht ohne Weiteres erlaubt. Seit dem Jahr 2011 steht der Schlosspark unter Denkmalschutz.
Bei ihrer Detektivarbeit gelangten die städtischen Mitarbeiter noch auf eine weitere Erkenntnis. Auf ihrer Suche stießen sie am Schloss auf einen tiefen Schacht, der sich, anders als erwartet, nicht als Abf luss, sondern als tiefer Brunnen herausstellte. Nach einem Abgleich mit den historischen Karten erhärtete sich die erste Vermutung. „Der Brunnen befindet sich genau an der Stelle, wo sich einst das Maschinenhaus der Schlossbrauerei befunden hatte“, sagt Ulrike Stöhr. „Für uns war damit der technische Arbeitsauftrag beendet“, fügt Ast hinzu. Doch für die Stadtplaner dürfte es sicher nicht der letzte Aha-Moment im Zuge ihrer Recherche für den digitalen Zwilling bleiben.