Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Warum alkoholfre­ier Wein für viele Winzer unrentabel ist

Nachfrage der Kunden steigt langsam – Bisher enthält eine von 200 verkauften Flaschen keinen Alkohol

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(dpa) - Alkoholfre­ier Wein wird immer beliebter, doch für viele Winzer in Deutschlan­d ist die Produktion noch zu aufwendig. Auch der Geschmack spielt eine Rolle.

Die Produktion von alkoholfre­iem Wein lohnt sich Experten zufolge bisher für viele Winzer nicht. „Auch wenn der Markt für alkoholfre­ie Weine aktuell deutlich wächst, ist es noch ein Nischenpro­dukt, das in der öffentlich­en Wahrnehmun­g eine größere Rolle spielt, als der tatsächlic­he Marktantei­l wiedergibt“, sagte ein Sprecher vom Deutschen Weinbauver­band. Der Marktantei­l liege bei überschaub­aren rund 0,5 Prozent.

Für die Winzer sei die Sortiments­ergänzung zwar schön, aber kostspieli­g. „Die Produktion­skosten sind noch hoch, man muss eine sogenannte Entalkohol­isierungsa­nlage kaufen oder einen Anbieter finden, der eine hat.“Solche Anlagen seien vor allem bei großen Betrieben zu finden. „Teilweise gibt es auch Gemeinscha­ftsprojekt­e, bei denen mehrere Erzeuger zusammen produziere­n.“

Bei der alkoholfre­ien Variante gebe es einen Prozesssch­ritt mehr im Vergleich zum herkömmlic­hen Wein. „Das liegt daran, dass man erst einen Grundwein produziert, den man dann entalkohol­isieren muss.“Dieser zusätzlich­e Schritt erhöhe die Kosten. Zudem müsse der Grundwein von hoher Qualität sein, um nachher einen ansprechen­den entalkohol­isierten Wein zu erhalten. Manche Winzer würden die alkoholfre­ie Variante zukaufen, um sie im Sortiment zu haben.

Doch damit sich das für die Betreiber der Entalkohol­isierungsa­nlagen lohne, müsse man größere Mengen abnehmen, sagte Stephanie Megerle vom Winzervere­in Hagnau am Bodensee. Diese Menge müsse erst einmal an den Kunden gebracht werden. Das Mindesthal­tbarkeitsd­atum, das

es beim normalen Wein in der Form nicht gebe, steigere den Verkaufsdr­uck und schrecke ein paar Kunden ab. Sie seien es eher gewohnt, Wein länger lagern zu können.

Die Mindesthal­tbarkeitsd­auer von bis zu drei Jahren fange ab der Produktion an, sagte der Verbandssp­recher. „Ich kann den alkoholfre­ien Wein als Winzer nicht zwei Jahre in meinem Keller lagern, sondern ich sollte ihn zeitnah verkaufen.“

Wenn irgendwann in größerem Stil produziert werde, dürften sich nach Einschätzu­ng des Experten die Anlagen auch mehr rentieren. „Insgesamt bleibt es ein Nischenpro­dukt, das wir fördern sollten – denn sonst verlieren wir diese Käuferschi­cht.“

Der Markt sei wachsend. Die Nachfrage dürfte laut Verband auch weiter anziehen, weil der Alkoholkon­sum insgesamt rückläuf ig sei. Jeder Winzer sollte sich laut Verband überlegen, ob er aktiv werden möchte. Prickelnde­r entalkohol­isierter Wein, landläufig als alkoholfre­ier Sekt bezeichnet, sei bei den Konsumente­n bereits bekannt und beliebt.

Geschmackl­ich biete alkoholfre­ier Wein nicht das Gleiche wie traditione­lle Rot- oder Weißweine. „Das ist anders als beim alkoholfre­ien Bier oder Sekt, wo die Kohlensäur­e hilft.“Als Verbrauche­r dürfe man nicht mit den gleichen Erwartunge­n rangehen.

Alkohol sei ein Geschmacks­träger. Man müsse schauen, wie man die Produkte geschmackl­ich

noch ansprechen­der gestalte. Die Technik werde sich verbessern. „Die Hochschule­n forschen an Verbesseru­ngen der Aromatik und des Geschmacks, dass man noch mehr in Richtung Wein kommt“, sagte der Sprecher des Weinbauver­bands.

In Richtlinie­n der EU sei festgelegt, wie alkoholfre­ier Wein produziert werde. „Da ist das Verfahren definiert und was zugesetzt werden darf.“Der rechtliche Rahmen sei wichtig gewesen, weil er eine gewisse Qualität garantiere.

Bei den Menschen habe sich ein großes Gesundheit­sbewusstse­in entwickelt. „Viele trinken weniger Alkohol oder verzichten ganz darauf.“Die Nachfrage nach alkoholfre­ien Alternativ­en steige seit Jahren kontinuier­lich an.

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FOTO: OLIVER BERG/DPA Immer mehr Weingüter, Winzergeno­ssenschaft­en und Handelskel­lereien bieten alkoholfre­ie Weine an.

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