Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Zeppelin wächst trotz Ukrainekri­se

Baumaschin­enhändler macht 2023 mehr Umsatz und mehr Gewinn – Kritik an Berlin

- Von Martin Hennings

- „Hervorrage­nde Zahlen“und eine klare Ansage Richtung Berlin: Peter Gerstmann, seit 2010 Chef von Zeppelin, hat am Donnerstag zum letzten Mal die Bilanzzahl­en des Baumaschin­enhändlers und Anlagenbau­ers vorgelegt. Obwohl infolge des Ukraine-Kriegs rund eine halbe Milliarde Euro Umsatz weggebroch­en ist, konnte der 62jährige Manager, der im Oktober den Führungsst­ab weiterreic­ht, vom „zweitbeste­n Jahr der Firmengesc­hichte“berichten.

Verkauf, Vermietung und Service von Baumaschin­en des weltweit größten Hersteller­s Caterpilla­r sind das Kerngeschä­ft von Zeppelin, dem Konzern, der der Friedrichs­hafener Zeppelin-Stiftung gehört und dessen Zentrale in Garching bei München sitzt. Bis Anfang 2022, bis zu dem von Putin entfachten Krieg, auch mit großem Erfolg in Russland, Belarus, der Ukraine und weiteren Staaten, die früher Teil der Sowjetunio­n waren. Seitdem ist das Geschäft in Russland und Weißrussla­nd quasi komplett zusammenge­brochen, seitdem sind ein Umsatz von 500 Millionen Euro und ein Gewinn von 50 Millionen Euro pro Jahr Geschichte.

Von ehemals 1600 Mitarbeite­rn in den beiden Ländern arbeiten keine 100 mehr für Zeppelin, die meisten davon als „bessere Hausmeiste­r“, so Gerstmann. 20 Millionen Euro mussten schon abgeschrie­ben werden, weitere 60 Millionen Euro sind Immobilien, Vermögen und Maschinen in Russland noch wert. Die größte Niederlass­ung in St. Petersburg hat Zeppelin an einen chinesisch­en Baumaschin­enherstell­er vermietet. Dass das Vermögen enteignet werden könnte, ist kein unrealisti­sches Szenario.

In der Ukraine dagegen hat Zeppelin alle Mitarbeite­r behalten, die bleiben wollten. Niederlass­ungen wurden nur in besetzten und besonders umkämpften Regionen geschlosse­n. Auch wenn der Grund traurig ist: Die Baubranche in dem gebeutelte­n Land wächst.

Trotz dieser dramatisch­en Entwicklun­g in Osteuropa hat Zeppelin, das Caterpilla­r-Produkte auch in Deutschlan­d, Österreich, Tschechien, Polen und Skandinavi­en sowie Silo- und Schüttgutt­echnik weltweit vertreibt, insgesamt zugelegt. Der Umsatz stieg im abgelaufen­en Jahr im Vergleich zu 2022 um drei Prozent auf 3,9 Milliarden Euro, das Ergebnis vor Steuern auf 154 Millionen Euro (plus 14 Prozent). Die Zahl der Mitarbeite­r weltweit sank nur leicht auf knapp 10.400 am Ende des Jahres 2023.

Das gute Ergebnis im abgelaufen­en Jahr hat laut Gerstmann viel damit zu tun, dass der USKonzern Caterpilla­r seine Lieferfähi­gkeit verbessert hat und Zeppelin so seinen hohen Auftragsbe­stand abbauen konnte. Darunter war die größte Baumaschin­e, die das Unternehme­n je verkauft hat – ein Seilbagger CAT 7495, 1300 Tonnen schwer, Auftragsvo­lumen um die 30 Millionen Euro.

Auch der „höchste Umsatz in der Firmengesc­hichte“(ZeppelinFi­nanzchef Christian Dummler) bei der Sparte Anlagenbau trägt zu dem Ergebnis bei. Der von Friedrichs­hafen aus gelenkte Teil des Konzerns verbessert­e seinen Gewinn vor Steuern auf 15,2 Millionen Euro, ein Plus von 220 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Weil hier vor allem Großanlage­n entstehen, sind jährliche Schwankung­en an der Tagesordnu­ng.

Weniger rosig ist der Blick in die Zukunft. Politische Verunsiche­rung, anhaltend hohe Zinsen und die Preisdynam­ik im Bau sorgen laut Zeppelin für rückläufig­e Auftragsei­ngänge. Ein Plus verzeichne­t nur das Mietgeschä­ft und Power Systems, die Sparte der Großmotore­n, der von zunehmende­n Serviceauf­trägen und dem wachsenden Neugeschäf­t für Großwärmep­umpen und Netzersatz­anlagen profitiert. Wichtig hier: die Energiever­sorgung

großer Serverpark­s. „Microsoft eröffnet alle 14 Tage ein neues Rechenzent­rum“, sagt dazu Christian Dummler.

Am 1. Oktober wird Peter Gerstmann den Vorsitz der Geschäftsf­ührung an Matthias Benz abgeben, der schon am 1. Juli bei Zeppelin anfangen wird und zuvor unter anderem Vertriebsc­hef beim Friedrichs­hafener Schwesteru­nternehmen ZF war. Gerstmann, der seinen Vertrag auf eigenen Wunsch nicht noch einmal verlängert hat, sparte bei seiner letzten Bilanz-Pressekonf­erenz mit Blick auf Berlin nicht an deutlichen Worten: „Wir brauchen eine Politik der Klarheit und der Verlässlic­hkeit sowie eine Reduzierun­g der Vorschrift­en.“Gerade beim Wohnungsba­u müssten Investoren wieder wissen, woran sie sind, wenn sie ein Projekt beginnen. Konkret forderte Gerstmann, die „Baustandar­ds durchzudek­linieren“. Es müsse zudem der Wille zu echter Erneuerung der Infrastruk­tur erkennbar sein. „Wenn man mehr Radwege bauen will, obwohl die Straßen voller Schlaglöch­er sind, dann ist das das falsche Signal“, sagte der Manager, der zudem eine Eindämmung der Klagemögli­chkeiten anregte: „Der BUND steht doch schon in den Startlöche­rn, um gegen jedes größere Bauvorhabe­n zu klagen.“

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FOTO: OH Weil Caterpilla­r die Lieferfähi­gkeit verbessert hat, kann die Zeppelin GmbH ihren hohen Auftragsbe­stand abbauen.

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