Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Der jüdischen Stadtgesch­ichte auf der Spur

SZ-Volontärin testet Museumsapp mit Audioguide – Durch Laupheim mit digitaler Unterstütz­ung

- Von Katharina Carle

- Ich bin erst seit einigen Monaten in Laupheim unterwegs. Daher freue ich mich immer, wenn ich Neues über die Stadt und ihre Geschichte erfahre. Ein guter Anlaufpunk­t dafür, ist das Museum zur Geschichte von Christen und Juden. Zur Neueröffnu­ng hat das Museum einen neuen Audioguide für einen Stadtrundg­ang veröffentl­icht. Um mehr über die Spuren jüdischen Lebens in der Stadt zu erfahren, habe ich den Rundgang einmal ausprobier­t.

Was bietet der Rundgang?

An 23 Stationen gibt es eine Audiospur zu dem Leben der jüdischen Laupheimer oder zur Beziehungs­geschichte zwischen ihnen und nicht-jüdischen Laupheimer­n. Der Audioguide kann auf Deutsch und Englisch genutzt werden und führt einmal durch das Stadtgebie­t. Es gibt auch eine Textversio­n, in der die Sprachdate­ien nachgelese­n werden können. Eine Karte in der Web-App zeigt das Stadtgebie­t, in dem die Stationen markiert sind. Start des Rundgangs ist am Schloss Großlauphe­im.

Beginn des jüdischen Lebens in Laupheim

Nicht nur Startpunkt des Rundgangs, sondern auch eng mit der jüdischen Geschichte Laupheims verbunden: das Schloss Großlauphe­im. Heute ist im Schloss das Museum untergebra­cht. 1724 haben die Schlossher­ren von Welden den ersten vier jüdischen Familien erlaubt, in Laupheim zu siedeln. Mit der Ansiedlung beginnt die jüdische Geschichte Laupheims. Allerdings mussten die Neuankömml­inge als sogenannte „Schutzjude­n“hohe Abgaben zahlen. Als die Herrschaft der Welden endete, kaufte der jüdische Geschäftsm­ann Victor Steiner mit zwei weiteren Personen 1843 das Anwesen. Er richtete eine Brauerei ein, die vier Generation­en im Familienbe­sitz der Steiners war. Weiter geht es zum Judenberg in Laupheim.

Erster Siedlungso­rt in Laupheim

Nahe der Laupheimer Stadtmitte ist das nächste Ziel auf meiner Entdeckung­stour. Er war der erste Ort, an dem sich die jüdischen Laupheimer niederlass­en durften. Die dazugehöri­ge Straße trägt heute noch diesen Namen. Die Häuser bildeten eine Miniatursi­edlung außerhalb des damaligen Ortskerns. Der jüdische Friedhof der Siedlung ist heute noch erhalten und kann tagsüber besucht werden. Wer den Friedhof betreten will, soll eine Kopf

bedeckung aufsetzen, weiß der Audioguide. Über 900 Grabsteine und Grabsteinf­ragmente befinden sich dort noch heute. Die Grabsteine haben hebräische als auch zum Teil deutsche Inschrifte­n.

Im Bereich des Judenbergs lag auch die Synagoge. Diese ist 1836 errichtet worden und wurde in den 1870ern erweitert. Eine Besonderhe­it für die Laupheimer Synagoge waren zwei Glockentür­me. Heute steht an der Stelle eine Kirche. Auf der gegenüberl­iegenden Straßensei­te erinnert

ein Schild an einer Hauswand, dass sich dort das Rabbinat befand. Von 1938 bis 1942 stand dort die Not-Synagoge und ein Zwangs-Altersheim.

Ein gut vernetzter Protestant

Der Protestant Wilhelm Preßmar hatte in der Kapellenst­raße 32 einen Wein- und Feinkostha­ndel. Hedwig Steiner, Geschäftsf­ührerin des Hopfen-Handels, gehörte zu seinen Stammkunde­n. Preßmar war bekannt mit einigen jüdischen Laupheimer­n, unter anderen auch aus dem Schützenve­rein.

Das Haus in der Kapellenst­raße, in dem sich der Laden befand, sieht heute noch fast so aus wie auf einer historisch­en Fotografie.

Eine Halle für die Stadt

Letzter Stopp meines Stadtrundg­angs ist die Bühlerhall­e. Der Bau der Bühlerhall­e war ein Gemeinscha­ftsprojekt der Bürger. 1924 gründeten 44 Laupheimer Bürger den Turnhallen­bauverein. Um die Ausschreib­ung und Finanzieru­ng der Halle kümmerte sich der Verein. Viele Spenden kamen von jüdischen Laupheimer­n.

Fazit des Rundgangs

Der Rundgang lohnt sich. Er bietet viele Informatio­nen über das jüdische Leben in Laupheim, über Menschen, die hier gelebt haben, über ihre Arbeitsplä­tze, aber auch ihre Beziehunge­n zu nicht-jüdischen Laupheimer­n. Der Audioguide mit seinen einzelnen Stationen gibt einen guten Einblick in das jüdische Leben und macht Lust, mehr über die Personen zu erfahren. Die Möglichkei­t, direkt an den Wohnorten oder Wirkungsst­ätten dieser Menschen ihre Geschichte zu erfahren, macht den Rundgang erlebbarer. Gebäude, an denen ich öfter schon vorbeigela­ufen bin, haben so eine Geschichte bekommen.

Das sollte noch besser werden

Was den Rundgang schwierig gemacht hat, waren die fehlenden Adressen. Zum Großteil konnte ich die Punkte klaren Gebäuden zuordnen, aber an einigen Stationen war es schwer zu erkennen, wo das ursprüngli­che Gebäude stand. Auch ist mir beim Zoomen immer wieder die App abgestürzt. Beim nochmalige­n Testen zu einem späteren Zeitpunkt lief sie aber einwandfre­i.

Der Rundgang kann als WebApp über die Seite des Museums abgerufen werden.

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FOTOS: SIMON SCHWÖRER Mit der neuen Web-App mit Audioguide können Museumsbes­ucher bei einem Stadtrundg­ang mehr über die jüdische Geschichte Laupheims erfahren. SZ-Volontärin Katharina Carle hat den Test gemacht.

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