Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Auf den Spuren der Schulpioni­erin Anna Essinger

Die Gesellscha­ft für Geschichte und Gedenken auf Exkursion in Herrlingen

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- Was tun Mitglieder der Gesellscha­ft für Geschichte und Gedenken (GGG), wenn sie nicht gerade Führungen machen im Laupheimer Museum? Sie erkunden jüdische Orte und Personen an anderen Orten. Am vergangene­n Samstag ging es nach Herrlingen. Herrlingen kennen die meisten im Zusammenha­ng mit Feldmarsch­all Rommel. Vor allem aber nimmt hier die Geschichte von Anna Essinger Gestalt an.

Anna Essinger, ältestes Kind einer kinderreic­hen Ulmer Familie, war schon früh sehr autonom und unternehmu­ngslustig. Sie nutzte verwandsch­aftliche Kontakte zum Studium in USA. Ihr Organisati­onstalent entdeckte sie früh, als sie in USA ein Studentinn­enheim leitete. Als Nachfolgee­inrichtung eines der Reformpäda­gogik verpflicht­eten Kinderheim­s ihrer Schwester Klär Weimershei­mer gründet sie 1926 das Landschulh­eim Herrlingen. Lernen , Zusammenwo­hnen, Sport, Spiel und Musik prägten den Schulallta­g. Das "weltliche" Tischgebet , das "Tante Anna", wie sie genannt wurde, sprach, lautete: Kindlein, liebet einander, und wenn das nicht geht, so duldet euch" Ein kluger Spruch - zur Nachahmung empfohlen !

Anna Essinger erkannte früh die Zeichen der Zeit und beschloss schon 1933 , mit ihrer Schule nach England umzusiedel­n. Dass sie es schaffte, auch dort passende Gebäude zu f inden, ist ihrem Organisati­onstalent und ihrem vielfältig­en Netzwerk zu verdanken. Die Schule, geführt nach den selben Prinzipien wie in Herrlingen, bestand bis 1948 in Bunce Court, Südengland. Die Schule bot auch den logistisch­en Anknüpfung­spunkt für das Programm , ab Ende 1938 zehntausen­d jüdische Kinder ohne ihre Eltern in England aufzunehme­n - eine weitere Herausford­erung für Anna Essinger, die es zu meistern galt. Anna Essinger blieb nach dem Krieg in England und war bis zu ihrem Tod 1960 mit vielen ihrer Schülerinn­en und Schüler im Kontakt.

Eine wirklich beeindruck­ende Lebensgesc­hichte, die wir an diesem Nachmittag durch eine kundige Führung von Herrn Greimel vermittelt bekommen haben. Ergänzt und umrahmt noch durch GGG-Mitglied Dr. Koch, früher pädagogisc­her Leiter im Museum Laupheim. Ein geselliger Ausklang im Herrlinger Rössle bildete einen angemessen­en Abschluss dieser gelungenen Exkursion.

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FOTO: DR. MICHAEL KOCH Mitglieder und Gäste der Gesellscha­ft für Geschichte und Gedenken vor der Lindenhofv­illa in Herrlingen

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