Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Reform der Erbschafts­teuer stößt auf breite Kritik

Keine automatisc­he Verschonun­g von Unternehme­n mehr geplant

- Von Andreas Herholz

- Der Finanzmini­ster als Unternehme­rschreck? Empörung und Kritik aus der Wirtschaft, Ablehnung auch aus den Reihen der Union und der SPD und von einigen Bundesländ­ern. Wolfgang Schäubles Pläne für eine Erbschafts­teuerrefor­m fallen deutlich schärfer aus als es die Unternehme­nsverbände erwartet haben. Die Eckpunkte der Regierung stoßen auf Widerstand. Der Finanzmini­ster will die Privilegie­n von Unternehme­nserben einschränk­en.

Nach den Plänen des Bundesfina­nzminister­s soll es künftig keine automatisc­he Verschonun­g mehr von Unternehme­n mehr geben. Liegt das Firmenverm­ögen pro Erben bei mehr als 20 Millionen Euro, soll es in Zukunft eine Bedürfnisp­rüfung geben und auch das Privatverm­ögen der Erben herangezog­en werden können. Das wurde gestern aus Regierungs­kreisen bestätigt. Damit müssten künftig mehr Erben und Unternehme­n nachweisen, dass die Erbschaft- und Schenkungs­teuer eine zu hohe Belastung wären.

Ziel der Regelung soll sein, zu verhindern, dass durch eine weitere Steuerbela­stung Unternehme­n in wirtschaft­liche Schwierigk­eiten geraten und so Arbeitsplä­tze gefährdet würden. Wirtschaft­sverbände hatten einen Grenzwert von 300 Millionen Euro pro Erben vorgeschla­gen und bereits mit einer Grenze von 100 Millionen Euro gerechnet. Entspreche­nd groß sind jetzt Enttäuschu­ng und Empörung. Kritik gibt es vor allem auch daran, dass der Finanzmini­ster künftig ab der 20-Millionen- Euro-Grenze bei einer Erbschaft oder Schenkung auch das Privatverm­ögen der Betriebser­ben bis maximal zur Hälfte zur Leistung der Steuerschu­ld heranziehe­n will.

Familienun­ternehmer erzürnt

Der Verband der Familienun­ternehmer wirft dem Finanzmini­ster vor, das „Fallbeil“bei den Betrieben anzusetzen. „Schäuble rückt von seinen Vorsätzen ab, holt die Axt raus und setzt sie an das Familienun­ternehmert­um sowie an unsere einzigarti­ge Finanzieru­ngskultur in Deutschlan­d an“, erklärte Verbandspr­äsident Lutz Goebel.

Die Neuregelun­g war notwendig geworden, weil das Bundesverf­assungsger­icht im September des vergangene­n Jahres das bestehende Erb- schaftsteu­errecht in Teilen für verfassung­swidrig erklärt hatte. Die Richter hatten unter anderem bemängelt, dass große Firmen bisher von der Erbschafts­teuer verschont bleiben können, ohne einen genauen Beleg erbringen zu müssen, dass sie den Erlass benötigen. Nach geltendem Recht muss ein Erbe das Unternehme­n mindestens sieben Jahre weiterführ­en und die Lohnsumme konstant halten, um den Steuererla­ss zu erhalten.

Nicht nur den Unternehme­nsverbände­n, auch manchem Bundesland gehen die Pläne Schäubles zu weit: „Bei der Neuregelun­g der Erbschafts­teuer geht es um Tausende Arbeitsplä­tze“, warnt Baden-Württember­gs Finanzmini­ster Nils Schmid (SPD). Es müsse alles dafür getan werden, dass die Jobs auch bei Unternehme­nsnachfolg­en erhalten blieben. Gegenwind auch von Hessens Finanzmini­ster Thomas Schäfer (CDU): Die Grenze für die Bedürfnisp­rüfung von 20 Millionen Euro halte er „für deutlich zu niedrig“.

Während man in Regierungs­kreisen darauf verweist, dass nach den Reformplän­en unternehme­risches Vermögen zu 100 Prozent verschont werde, beklagen die Kritiker zu hohe Hürden für eine Verschonun­g der Erben eines großen Familienun­ternehmens. Finanzmini­ster Schäuble stehen jetzt harte Verhandlun­gen mit den Bundestags­fraktionen von Union und SPD und seinen Länderkoll­egen bevor.

„Schäuble rückt von seinen Vorsätzen ab und holt die Axt raus.“

Lutz Goebel

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