Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
HSBC-Spitze beim Kreuzverhör im britischen Unterhaus
Chef und Chairman räumen schwere Rufschädigung durch Finanzskandale ein, lehnen Rücktritt aber ab
- Die Spitze der zweitgrößten Bank der Welt, HSBC, hat persönliche Verantwortung für eine Reihe von Skandalen zurückgewiesen. In einer mit Spannung erwarteten Anhörung vor dem Finanzausschuss des britischen Unterhauses entschuldigten sich Chairman Douglas Flint und Vorstandschef Stuart Gulliver erneut für die „unakzeptablen Vorkommnisse“in der Schweizer HSBC-Privatbank. Dort leisteten Firmenangestellte jahrelang aktive Beihilfe zur Steuerhinterziehung. „Hier ist Schaden für das Vertrauen in unsere Bank entstanden“, teilte Gulliver mit.
Der Ausschuss hatte die Anhörung des Duos anberaumt, nachdem am Montag auch Gullivers persönliche Steuerangelegenheiten ins Zwielicht geraten waren. Der früher als Leiter der HSBC-Investmentbank in Hongkong tätige Banker hatte sich jahrelang seine Millioneneinkünfte auf ein Schweizer Konto überweisen lassen. Dieses lautete auf die in Panama angesiedelte Firma Worcester Equities und wies 2007 einen Betrag von 7,6 Millionen US-Dollar auf. Ein Jahr später rückte Gulliver in den Londoner Vorstand auf, wodurch seine Vergütung öffentlich wurde. 2009 gab er das panamaische Arrangement auf.
„Warum Panama?“, fragte der Ausschuss-Vorsitzende Andrew Tyrie in Anspielung auf die Reputation des mittelamerikanischen Staates als Steuerparadies. „Ausschließlich zum Schutz meiner Privatsphäre“, erwiderte Gulliver und verwies auf die Neugierde seiner Hongkonger Kollegen. Diese hätten damals durch ein firmeninternes Computersystem Einblick in die normalen HSBC-Gehaltskonten nehmen können. „Ich war einer der bestbezahlten Angestellten. Aber ich habe stets alle Steuern korrekt bezahlt.“
Die Bank als Handlanger krimineller Machenschaften
Der Vorstandschef machte in der Anhörung einen angespannten, beinahe beleidigten Eindruck. Wie stets bei solchen Befragungen verhinderten mangelnde Sachkenntnis sowie persönliche Eitelkeit der Abgeordneten ein wirksames Kreuzverhör. Gulliver und Flint zogen sich immer wieder auf die kollektive Verantwortung der Firmenleitung zurück und verwiesen darauf, die Bank sei mittlerweile „völlig umgekrempelt“. In der Genfer HSBC-Privatbank werden Gulliver zufolge heute noch 10 000 Kunden geführt statt 30 000 vor zehn Jahren; das Asset Management verwalte Einlagen von 68 Milliarden US-Dollar, 42 Prozent weniger als zu den Hochzeiten der Genfer Machenschaften. Damals ließen sich HSBC-Kunden regelmäßig Millionensummen in bar ausbezahlen; die lokalen Banker sollen ungerührt auch dann geholfen haben, wenn an der Kriminalität des Handelns kaum Zweifel bestand.
Der Skandal um die Genfer HSBCTochter geht auf die Auswertung von Dokumenten zurück, die der IT-Experte Hervé Falciani 2007 aus der Bank gestohlen hatte. Dieser lebt mittlerweile unter Polizeischutz in Frankreich. Falciani sei ein Whistleblower, bekräftigte ein Labour-Abgeordneter und wandte sich empört an Flint: „Warum reden Sie von Datendiebstahl? Die Öffentlichkeit hat ein Recht darauf, über kriminelles Verhalten in Ihrer Bank aufgeklärt zu werden.“