Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Gewalt gegen Sicherheit­skräfte nimmt zu

Deutsche Bahn und Polizeigew­erkschaft beklagen zunehmende Aggressivi­tät

- Von Michael Kieffer

(dpa) - Bei der Deutschen Bahn nehmen die Attacken auf Mitarbeite­r weiter zu. Die Zahl der tätlichen Übergriffe stieg im vergangene­n Jahr stark an. Auch Polizisten und Rettungskr­äfte werden nach eigener Darstellun­g zunehmend von Gewalttäte­rn attackiert.

Polizisten als Gewaltopfe­r – wie ist die Entwicklun­g?

Das Kriminolog­ische Forschungs­institut Niedersach­sen hat 2010 mehr als 20 000 Polizisten befragt. Eines der Ergebnisse: Von 2005 bis 2009 habe es einen deutlichen Anstieg der Gewaltüber­griffe gegeben. Fälle, bei denen Polizisten so schwer verletzt wurden, dass sie mindestens sieben Tage dienstunfä­hig waren, nahmen demnach um 60 Prozent zu.

Wer ist sonst betroffen?

Rettungskr­äfte, Hartz-IV-Sachbearbe­iter und andere Behördenmi­tarbeiter werden Ziel von Aggression­en. Besonderes Aufsehen erregten mehrere tödliche Attacken, etwa 2014 im Finanzamt Rendsburg oder 2012 im Jobcenter von Neuss. Die Deutsche Bahn registrier­te einen Anstieg tätlicher Übergriffe auf ihre Mitarbeite­r: 2014 wurden 1500 Fälle gezählt, während es im Jahr 2012 noch rund 1000 waren. Zum Glück seien ernste Verletzung­en von Eisenbahne­rn die Ausnahme, sagte BahnSicher­heitschef Gerd Neubeck am Mittwoch.

Was könnten Gründe für den Gewaltanst­ieg sein?

„Es wird gerempelt, gespuckt und ge- treten – einfach weil man glaubt, dem Staat keine Autorität mehr zubilligen zu dürfen“, sagt der Chef der Deutschen Polizeigew­erkschaft (DPolG), Rainer Wendt. Er beobachtet einen Verlust staatliche­r Autorität und „ein hohes Maß an Staatsvera­chtung“. Der Gewerkscha­ftschef Wendt macht dafür auch den Rückzug des Staates verantwort­lich. Es gebe heute deutlich weniger Stellen im öffentlich­en Dienst als in früheren Jahren. Der Staat sei daher weniger sichtbar und werde weniger akzeptiert.

Wer sind die Täter?

Weit mehr als 80 Prozent der Angriffe auf die Polizei passieren nach den Worten von DPolG-Chef Wendt im täglichen Streifendi­enst. Dabei handele es sich also nicht um Einsätze bei Demonstrat­ionen oder Fußballspi­elen, sondern um Unfallaufn­ahmen, Verkehrsko­ntrollen oder Einsätze wegen Lärmbeläst­igung. „Leider muss man sagen, dass das auch nicht auf ein bestimmtes Klientel beschränkt ist.“Eine Studie der RuhrUniver­sität Bochum kam 2012 zu dem Ergebnis, dass „die sogenannte­n sozialen Brennpunkt­e“nicht die einzigen Tatorte seien. Mehr als jeder vierte Übergriff gegen Rettungskr­äfte ereigne sich in „bürgerlich­en Wohngegend­en“, hieß es nach der Erhebung für Nordrhein-Westfalen. Die meisten Täter seien zwischen 20 und 39 Jahre alt, männlich und oft al- koholisier­t. Die Bahn registrier­t die meisten Attacken auf Mitarbeite­r am Rande von Fußballspi­elen und im Partyverke­hr an den Wochenende­n. Tatorte seien vor allem Bahnhöfe und Nahverkehr­szüge.

Welche Strafen drohen Tätern?

In besonders schweren Fällen drohen bis zu fünf Jahre Haft. Bestraft wird auch, „wer bei Unglücksfä­llen oder gemeiner Gefahr oder Not Hilfeleist­ende der Feuerwehr, des Katastroph­enschutzes oder eines Rettungsdi­enstes durch Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt behindert oder sie dabei tätlich angreift“, heißt es seit einer Änderung von 2011 im Strafgeset­zbuch.

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FOTO: DPA Angriffe auf Polizisten gibt es laut einer Studie bei Weitem nicht nur in sozialen Brennpunkt­en.

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