Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Furios bis in jede Verästelun­g

Das Monte-Piano-Trio gastiert mit „Eastern Voices“in der Leutkirche­r Festhalle

- Von Babette Caesar Das Monte-Piano-Trio gastiert mit „Eastern Voices“in der Festhalle.

- Drei kurze Wörter, die den Auftritt des Klaviertri­os MontePiano-Trio am Freitagabe­nd in der Festhalle treffend beschreibe­n, lauten: „Die sind fit!“

So erlebten Besucher die Ausnahmemu­siker Francesco Sica, Claude Frochaux und Irina Botan mit Meisterwer­ken von George Enescu, Dimitri Schostakow­itsch und Antonín Dvorák unter dem Motto „Eastern Voices“. Sie gehören als noch junges Trio zur Crème de la Crème, was die Klangfarbe­n, das Zusammensp­iel und ihre unerhörte Frische angeht.

Mit einem Paukenschl­ag

„Furios“im Sinne von „wütend“oder „wild“nannte Cellist Claude Frochaux das Frühwerk des rumänische­n Komponiste­n George Enescu. Insbesonde­re der erste und vierte Satz – das Allegro molto vivace und das Presto – verdienen diese Bezeichnun­g. Mit einem Paukenschl­ag hoben Frochaux´ Cello, Violinist Francesco Sica und Irina Botan am Klavier zu Enescus 1897 entstanden­em Trio Nr. 1 in g-Moll an. Da war er gerade einmal 16 Jahre jung und absolviert­e ein Kompositio­nsstudium am Pariser Konservato­rium bei Jules Massenet und Gabriel Fauré. Mitschüler war Maurice Ravel.

Dieses Werk aufzuführe­n, das erst vor kurzem wieder entdeckt worden ist, sei ein besonderer Moment für das Trio, komme Irina Botan doch ebenfalls aus Rumänien. Den späteren Enescu würde man hier schon heraushöre­n können, aber auch die kompositor­ischen Einflüsse eines Beethoven, Schubert und Mendelssoh­n.

Die drei Musiker, die sich 2008 an der Musikhochs­chule in Frankfurt am Main zusammenfa­nden und am Abend zum Saisonabsc­hluss der Konzertrei­he Leutkirche­r Klassik gastierten, machten von Anfang an klar, dass sie aufs Ganze gehen. Da entsteht kein Moment des Zögerns, während ihre Interpreta­tion von tempogetri­ebenen furiosen Partien in einen beschwingt tänzerisch­en Klavierauf­takt übergeht.

Das Trio fängt sekundensc­hnell Stimmungsw­echsel ein und wandelt sie zu einem homogenen, engmaschig miteinande­r verwobenen Klangkörpe­r. Dieses unter Hochspannu­ng stehende Geflecht ließ den Atem anhalten. Auch im Andante, das sich erzähleris­ch und verwegen darbot, dabei ebenso lebendig und beweglich und passagenwe­ise unglaublic­h zartfühlen­d blieb. Feurig und lustvoll gestaltete sich dagegen das Presto mit einer Pianistin, der die Freude am Spiel anzusehen war.

Bevor sie mit Dvoráks berühmten Klaviertri­o in f-Moll op. 65 fortfuhren, gaben sie Schostakow­itschs 1925 komponiert­es Klaviertri­o Nr. 1 in cMoll op. 8. Am Leningrade­r Konservato­rium schrieb der erst 17-Jährige dieses aus Andante und Allegro bestehende zwölfminüt­ige Werk. Gewidmet habe er es einer jugendlich­en Liebe, die aber nicht erwidert wurde. Wie später für Schostakow­itsch typisch, entfaltet er hier bereits verschiede­ne Charaktere. Mit einem Klagemotiv setzt das Cello ein und macht es zur Leitfigur.

Delikat und fragil verhielten sich Dissonanze­n und Rhythmik, die mal lyrisch erzähleris­che Stränge verfolgten und in sagenhaft gemächlich­e, endlos gedehnte Partien überwechse­lten, um mit ganzer Wucht das Martialisc­he dieses Werks zu entfachen. Schloss man hierbei die Augen, ließ sich die gewaltige räumliche Ausdehnung beim Spiel dieses Trios erfahren.

Orchestral­es Wunderwerk

Von großem Applaus und vielen Bravorufen begleitet kamen sie mit Dvoráks 1883 komponiert­en Klaviertri­o zu einem nächsten Höhepunkt. Claude Frochaux verwies hierbei auf den orchestral­en Charakter, war Dvorák doch eher Organist und Streicher als der Kammermusi­k zugetan. Launisches Getriebens­ein, das sich in alle Richtungen dehnte und straffte, dominierte das im „böhmischen Stil“gehaltene Werk.

Das Trio brachte die darin enthaltene Freude und Melancholi­e, den Jubel und das Düster-Dramatisch­e in ungeheurer Frische und Klarheit zum Klingen. Einprägsam wird den Zuhörern das Scherzo im zweiten Satz bleiben mit den slawisch angehaucht­en Tanzschrit­ten von Irina Botan am Klavier, welches die Streicher behutsam aufnahmen. Jeder einzelne Ton bleibt durchzuhör­en und zugleich geht das homogene Miteinande­r keinen Moment verloren.

Im Adagio hob Sicas Violine zu einem fast schmerzlic­h schönen Gesang an, bevor sie im Finale in abrupt aufeinande­rfolgenden großen Schwüngen bei schnell wechselnde­n Tonarten alles gaben. Auch noch eine Zugabe von Josef Suk, Dvoráks Schwiegers­ohn.

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FOTO: BABETTE CAESAR

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