Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Rock und Blues der Luxusklasse
Die „Wild Bluesmen“reißen beim Larifari-Konzert am Freitagabend im Bocksaal mit
- „Down Home Blues deluxe“heißt der Titel des „Larifari“-Programms am Freitagabend. Das mit dem Prädikat „de luxe“sollte man gemeinhin nicht so auf die Goldwaage legen. In diesem Fall, also im Fall der „Wild Bluesmen, darf man es, muss man es, denn was die Vier auf die Bühne zaubern, vor allem was der Piano-Mann Steve Clayton – den Beinamen „Big Man“hat er sich mehr als redlich verdient – raushaut, das ist aller Ehren wert, mehr als das.
Der Bulle aus Birmingham zaubert auf seinen Tasten, dass man niederknieen möchte. Er hat zudem Humor, bedient deutsch-britische Klischees („Cheerio, Miss Sophie“) erinnert ganz kurz an Butler James („I will kill this cat“), und man ist überzeugt, dass Mister Winterbottom, Mister Pommeroy, Admiral von Schneider und Sir Toby ihre helle Freude an Steve Clayton hätten, wenn sie ihn hätten hören können.
Außergewöhnlich gut
So genießt nur die sehr überschaubare Besucherschar im Bocksaal an diesem Abend diese Musik und Songs wie „Maureen“, mit denen Clayton demonstriert, dass nicht nur sein Keyboard, sondern auch seine Stimme ein ganz außergewöhnliches, außergewöhnlich gutes Instrument sind.
Neue Songs auch über das Thema Flüchtlinge und Arbeitsamt der neuen Wild Bluesmen-CD machen nachdenklich, und selbst tiefergelegte Jokes (Bandleader Peter Schneider: „Männer und Frauen passen nicht zusammen – außer in der Mitte“) können das Publikum bei diesem beeindruckenden Auftritt nicht irritieren.
Big Man Clayton hat es aus England nach Pfullendorf verschlagen – das Leben kann ganz schön gemein sein – , doch er zeigt sich höchst angenehm integriert, lobt das vorangegangene Nachtmahl im „Mohren“und das neben seinem Arbeitsgerät stehende Härle-Bier in den höchsten Tönen, streut eine Prise Rumba ein, zu der sich sogar ein offenbar gut eingeübtes Paar mit gut eingeübten Tanzkurs-Rumbaschritten aufs Parkett des Bocksaals traut, ehe er seiner Ankündigung „And now it’s time to Rock’n’Roll“nachkommt.
Er zaubert auf und mit den Tasten, dass man hin und weg ist, weil der Rhythmus in die Beine geht und ins Herz auch, und hofft inbrünstig, dass der Abend – verweile doch, es ist so schön! – noch ganz, ganz lang dauern möge.
Clayton und seine Mitstreiter – Peter Schneider an Gitarre und mit Mundharmonika, Uli Lehmann am Kontrabass und Oskar Pöhnl an den Drums – geben ihr Bestes und noch ein bisschen mehr. Eine Prise Led Zeppelin („Whole lotta love“), zwei Deka Chuck-Berry-Memorial („Johnny B. Goode“) und als Desert quasi eine Fats-Domino-Hommage: Blueberry Hill“.
Ins Badische verschlagen
Clayton hat’s drauf und wenn man die Augen schlösse und nur die Ohren aufmachte, dann könnte man glauben, einen dicken schwarzen Mann vor sich auf der Bühne zu haben. Clayton ist nicht dick – höchstens wohlproportioniert –, und er ist nicht schwarz, sondern ein Englischmann aus Birmingham, den es ins Badische verschlagen hat, aber dafür ist er ganz einfach brillant, wie die ganze Band, und die Leute schweben nach zweieinhalb Stunden beseligt hinaus in die Wochenendnacht.
„That’s Rock’n’Roll“betitelt der Bandleader die Chuck-Berry-Hommage. Welchen Titel gibt man dem Umstand, dass bei diesem brillanten Event nur schämenswert wenig Leute da waren? That’s Leutkirch?