Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Früher war mehr Plusquamperfekt
Snapchat, WhatsApp, Instagram und für die ewig Gestrigen gibt es auch noch Twitter und Facebook – für digital aufwachsende Kinder und Jugendliche sind Kommata, Gedankenstriche oder Strichpunkte eher Symbole, mit denen sich verschiedenste Emojis bilden lassen. Der Relativsatz, glauben viele, sei relativ lang und kompliziert. Stattdessen heißt es dann: wayne, kb, ka, guk, hdm oder sogar hdf. Für den Unkundigen: wayne = Wen interessiert es, kb = Kein Bock, ka = keine Ahnung, guk = Gruß und Kuss, hdm = Halt den Mund, hdf = Halt die Fresse.
Wie schön, dass am Sonntag der Tag des Buches ist. Für die Unkundigen: Hierbei handelt es sich um herrliche Produkte aus Papier, die man nie aufladen muss. Benötigt wird eine gewisse Energie beim Umblättern der Seiten und die Bereitschaft, den einen oder anderen Relativsatz zu entschlüsseln. Vereinzelt tauchen antiquierte Dinge wie Plusquamperfekt oder Futur II auf.
Für die Jüngeren mag es sich somit nur noch um einen Gedenktag handeln, für die Experten bietet sich hier die Möglichkeit, ihrer Sorge Ausdruck zu verleihen. Dieses Mal mahnt Simone Fleischmann, die Chefin des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes (BLLV): Texte würden nicht mehr intensiv studiert, sondern überflogen oder häppchenweise konsumiert. Dabei sei Lesen wichtig für die Bildung. Kinder, die viele Bücher lesen, so Fleischmann, haben einen größeren Wortschatz und sind empathischer. Da hat sie recht. Selbst im schlechtesten Buch wird sich kein hdf finden, nicht einmal ein hdm. Das Blöde an der Sache: wayne kb guk. (jos)