Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Behörden tragen wohl keine Mitschuld an Jagst-Unglück

Staatsanwa­ltschaft Ellwangen ermittelt nach Vorwürfen von Naturschüt­zern nicht in Richtung des Landratsam­ts

- Von Daniel Hadrys und Sylvia Möcklin

- Die Staatsanwa­ltschaft Ellwangen sieht im Falle des Chemie-Unglücks an der Jagst vorerst keinen Zusammenha­ng zu einer möglichen mangelhaft­en personelle­n Ausstattun­g der Gewerbeauf­sicht. Das sagte der Erste Staatsanwa­lt und Pressespre­cher Armin Burger am Freitag bei der Bilanzpres­sekonferen­z der Behörde in Ellwangen. Damit widerspric­ht die Staatsanwa­ltschaft dem Landesnatu­rschutzver­band (LNV). Dieser warf der Gewerbeauf­sicht des Landratsam­ts vor, das Düngelager sei mangels Personal weder baurechtli­ch abgenommen noch geprüft worden.

Am 23. August 2015 geriet die Lobenhause­r Mühle in Kirchberg an der Jagst (Landkreis Schwäbisch Hall) in Brand. Dort waren große Mengen an Kunstdünge­r gelagert, der Ammoniumni­trat enthielt. Das Löschwasse­r der Feuerwehr spülte die Chemikalie in die Jagst und bildete giftiges Ammoniak. 20 Tonnen Fische sind in einem der naturbelas­sensten Flüsse des Landes verendet. Naturschüt­zer gaben der Gewerbeauf­sicht des Landratsam­ts daraufhin die Mitschuld.

Der LNV hatte eine Studie des Umweltmini­steriums ins Feld geführt, die eine „schlechte personelle Ausstattun­g der Umweltverw­altung im Bundesländ­ervergleic­h“belege. Insbesonde­re seit der Verwaltung­sreform und der Einglieder­ung der Umweltverw­altung in die Landratsäm­ter hätte sich diese demnach verschärft.

Doch diese Mitschuld sieht die Staatsanwa­ltschaft in Ellwangen nicht. „Die Ermittlung­en dauern an, ob Becken zu klein oder nicht richtig abgedichte­t waren“, so Burger am Freitag. „Aber ein gesonderte­s Verfahren gibt es deshalb nicht.“Auch die Vorwürfe gegen die Feuerwehr seien bekannt und würden bearbeitet, so Staatsanwa­lt Burger. „Doch es reicht nicht aus, als Anfangsver­dacht zu sagen: ,Die Feuerwehr war vor Ort und hat bestimmt etwas falsch gemacht‘“.

Zwei aktuelle Verfahren laufen derzeit in der Causa noch. Ermittelt wird gegen einen 22-Jährigen. Dieser soll in der Nähe der Mühle Müll verbrannt und mit dem Funkenflug das Feuer ausgelöst haben. Ein weiteres Verfahren richtet sich gegen den Mühlenbetr­eiber wegen fahrlässig­er Gewässer- und Bodenverun­reinigung. Sollten sich hieraus „Vorwürfe gegen andere Personen ergeben, würden neue Schritte eingeleite­t“, so die Staatsanwa­ltschaft.

Der Leitende Oberstaats­anwalt Andreas Freyberger rechnet mit einem Abschluss der beiden Ermittlung­sverfahren im Frühsommer. Viele Stellen, darunter Behörden, Versicheru­ngen und Verwaltung­sgerichte, hätten Interesse an einer Akteneinsi­cht. Es sei laut Freyberger „extrem“, wie viele Gesuche es derzeit gebe. Außerdem müssen Gutachten eingeholt und überprüft werden.

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FOTO: DPA Auf einer Länge von 20 Kilometern sind die Fische verendet.

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