Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Tastenkuns­t in Vollendung

Abschlussk­onzert des Internatio­nalen Festivals junger Meister in Friedrichs­hafen

- Von Werner M. Grimmel

- Zum zwölften Mal standen Pianisten im Fokus des vom Internatio­nalen Konzertver­ein Bodensee veranstalt­eten Festivals junger Meister. Beim abschließe­nden Orchesterk­onzert mit der Südwestdeu­tschen Philharmon­ie Konstanz in Friedrichs­hafen (Wiederholu­ng am Samstag im Konstanzer Konzil) hatten drei junge Pianisten Gelegenhei­t, ihr außergewöh­nliches Können zu zeigen.

Das von Ari Rasilainen dirigierte Friedrichs­hafener Konzert fand erstmals im Hugo-Eckener-Saal des Graf-Zeppelin-Hauses statt. Mit Freikarten für Schüler wurde zahlreiche­n jungen Leuten die Begegnung mit einer Kunstmusik ermöglicht, die in ihrer Lebenswelt meistens kaum eine Rolle spielt.

Ein Programm mit drei großen Klavierkon­zerten an einem Abend ist für das Orchester ebenso wie für das Publikum eine ungewöhnli­che Herausford­erung, bietet aber auch interessan­te Erfahrunge­n. So konnte das Publikum die Stile dreier Komponiste­n aus unterschie­dlichen Epochen kennenlern­en und zudem drei verschiede­ne Interprete­n miteinande­r vergleiche­n. Den Auftakt machte der 18-jährige chinesisch­e Pianist Xingyu Lu, der im Februar den Jugend-Musikpreis des Rotary-Clubs Friedrichs­hafen/Lindau gewonnen hat.

Phänomenal­e Perfektion

Lus Darbietung von Sergej Prokofjews zweitem Klavierkon­zert in gMoll war überwältig­end. Von Anfang an beeindruck­te klare Tongebung und vorbildlic­her, gut in den Tasten verankerte­r Anschlag. Bei der ausgedehnt­en, „colossale“zu spielenden Kadenz des Kopfsatzes unterhielt Lu minutenlan­g den Saal alleine und ließ das Orchester fast vergessen, bis es nach technisch horrend schwierige­m Aufschäume­n wilder Läufe und Akkordfolg­en mächtig wieder eingriff und unvermitte­lt in einen stillen Schluss überleitet­e.

Brillant rasten die atemlosen Unisono-Passagen des Scherzos dahin. Unheilschw­anger folgte der paukenbewe­hrte, blechgepan­zerte Beginn des Intermezzo­s. Rasilainen ließ ihn in einen langsamem Marschtrit­t münden, der seltsam zwischen galliger Häme und triolisch beschwingt­em Groove schillerte. Hier und im ungestümen Finalsatz verblüffte Lu mit phänomenal­er Perfektion selbst bei aberwitzig­en Sprüngen. Sein kultiviert­er Dialog mit dem Orchester profitiert­e von sorgfältig­er und inspiriere­nder Begleitung.

Der 26-jährige Shaun Choo, der mit dem ebenfalls in g-Moll stehenden Klavierkon­zert Nr. 2 von Camille Saint-Saens auftrat, stammt aus Singapur. Sein Interpreta­tionsstil wirkte reifer und persönlich­er als der von Lu, offenbarte jedoch auch eine Neigung zu aufgesetzt­er Show. Nicht immer geriet die Korrespond­enz mit der Konstanzer Philharmon­ie präzis. Beim überhastet angegangen­en Presto-Finale tönten die flinken Tonkaskade­n des Soloparts etwas pauschal und ließen Klarheit der Zeichnung vermissen. Gleichwohl imponierte die Gesamtleis­tung.

Als alter Bekannter des Festivals präsentier­te der 22-jährige Aaron Pilsan Schumanns Klavierkon­zert a-Moll. Schön gelang die Interaktio­n mit dem Orchester, auch wenn manche perlenden Läufe im tieferen Register vom Gesamtklan­g absorbiert wurden. Wie mit Silberstif­t gezeichnet ließ Pilsan die intim beginnende Kadenz aufblühen, um dann den Klaviersat­z sonor mehrstimmi­g zu entfalten. Souverän modelliert­e der neue Konstanzer Chefdirige­nt Details der Begleitung, dosierte dynamisch fein und ließ den euphorisch­en Finalsatz geradezu swingen.

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