Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
B 30: Alternatives Bauverfahren im Gespräch
Nachtarbeit auf Weißenauer Baustelle bleibt weiter verboten – Baufirma sieht Regierungspräsidium in der Pflicht
- Auf der Baustelle für die neue B 30 Süd in RavensburgWeißenau wird bis auf Weiteres nachts nicht mehr gearbeitet. Das Ravensburger Landratsamt hat nach Messungen in anliegenden Wohnungen entschieden: Der Lärm, der seit Wochen durch das angewandte Düsenstrahlverfahren ausgelöst wird, übersteigt die Grenzwerte. Für die Anwohner sei das nicht länger zumutbar, so die Behörde. Nun wird über eine Alternative zum Düsenstrahlverfahren nachgedacht. Die zuständige Baufirma hat dem Regierungspräsidium (RP) Tübingen bereits entsprechende Vorschläge unterbreitet.
Die zuständige Baufirma sollte sich Anfang April in einer Stellungnahme gegenüber dem Bauherrn erklären. In dem Schreiben der Firma Bauer Spezialtiefbau GmbH, das der „Schwäbischen Zeitung“vorliegt, heißt es: „Seien Sie versichert, dass die Firma Bauer nur Maschinen und Geräte einsetzt, die den aktuellen Regeln der Technik entsprechen, und diese mehr als bemüht ist, die entstehenden Emissionen ebenso wie die daraus resultierenden Immissionen – soweit technisch möglich und machbar – zu vermeiden beziehungsweise auf ein Minimum zu reduzieren.“
Ziel: Lärm vermindern
Jedoch zweifelt die Firma Bauer daran, dass eine weitere Minimierung des Lärms möglich ist, solange weiter im Düsenstrahlverfahren gearbeitet wird. Das sei „technisch nicht möglich“, heißt es in der Stellungnahme. Vielmehr bedürfe es einer „Umstellung des Verfahrens“. Die Firma Bauer sieht hier das Regierungspräsidium in der Verantwortung: „Dies setzt wiederum das Einverständnis und Mitwirken des Bauherrn voraus, der sich bislang auf den Standpunkt gestellt hat, eine unzumutbare Lärmbelästigung sei nicht gegeben.“Die Baufirma schlägt dem RP in der Stellungnahme „zwei alternative Verfahrensmethoden“vor, „die bei gleichem Ergebnis der geschuldeten Bauleistung deutlich weniger Lärmbelästigungen verursachen“.
Das Regierungspräsidium teilt auf Anfrage der „Schwäbischen Zeitung“mit, dass ursprünglich eine „Durchführung des Düsenstrahlverfahrens nach der DIN EN 12716 200112“ausgeschrieben gewesen sei (siehe Kasten). Innerhalb dieses Verfahrens könnten unterschiedliche Varianten zur Anwendung kommen – das Hochdruckinjektionsverfahren sei nur eine Möglichkeit. Der Vorstoß der Baufirma, auf ein gänzlich anderes Verfahren umzuschwenken, müsse laut RP erst aus technischer und vertraglicher Sicht bewertet werden. „Es liegt nun an der Bauer Spezialtiefbau GmbH, unter den neuen Randbedingungen (ohne Nachtarbeit) weiterzuarbeiten oder uns ein alternatives Verfahren (im Rahmen der ausgeschriebenen Leistung und ohne Mehrkosten für den Auftraggeber) vorzuschlagen, dessen Lärmemissionen vom Landratsamt Ravensburg zu beurteilen wären“, so ein Sprecher des RP.
Druck ist immer gleich
Die Bauer Spezialtiefbau GmbH weist die Schuld an den Lärmbelästigungen von sich: „Das gesamte System war so ausgeschrieben, wie wir es durchführen“, sagt ein Bauer-Mitarbeiter. Deshalb dürfe die Firma auch nur nach dieser Norm arbeiten. Innerhalb der Norm gebe es aber in der Tat verschiedene Varianten. Der Einschätzung des Bauer-Mitarbeiters zufolge würden sie sich aber hinsichtlich des verwendeten Arbeitsdrucks bei der Herstellung der Säulen nicht unterscheiden. „Die Energie, mit der die Suspension durch die Düse hindurchgepustet wird, ist immer gleich hoch“, so der Mitarbeiter.
Zur Verdeutlichung: Bei dem Verfahren wird ein Motor mit 500 Kilowatt verwendet, das sind etwa 600 bis 700 PS. Deshalb sei nicht gesagt, dass eine Variante keine Erschütterungen erzeugen würde. Wie der Bauer-Mitarbeiter weiter ausführt, habe die Arge nach einer Probebohrung dem Bauherrn – also dem Land – das verwendete Verfahren vorgestellt. Und es wurde genehmigt.
Eine Lösung ist, das angewandte Düsenstrahlverfahren komplett zu kippen und auf eine andere Form der Baugruben-Sicherung umzuschwenken – so wie es die Firma Bauer in ihrer Stellungnahme anspricht. „Nichts ist alternativlos“, sagt der Bauer-Mitarbeiter. „Es gibt Möglichkeiten, die wären billiger, schneller und ökologischer.“
Die Arge darf bis auf Weiteres nur noch im Zweischichtbetrieb arbeiten. Das heißt von 22 bis 6 Uhr. Das wird die Bauzeit um etwa ein Drittel verlängern. Und: Die Maschinen dürfen jetzt nicht mehr rund um die Uhr laufen.