Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Der Designer und das Dorf

Heimatpfle­ge bereitet Ausstellun­g „Rotis und Otl Aicher“vor

- Von Sabine Centner

- Die Vorbereitu­ngen laufen auf Hochtouren: Am Mittwoch, 17. Mai, wird die Ausstellun­g „Rotis und Otl Aicher“eröffnet, zweifellos einer der Höhepunkte im Jahresprog­ramm der Heimatpfle­ge Leutkirch. Fotos, Plakate und Exponate sollen dabei beides beleuchten: Leben und Werk des bedeutende­n Grafikdesi­gners und die ganz spezielle Geschichte des kleinen Weilers Rotis. Dort hatte Aicher zusammen mit seiner Familie knapp 20 Jahre gelebt, bis zu seinem Unfalltod 1991 – und dem Ort mit der Rotis-Schrift einen Namen gemacht.

Im Museum im Bock wird fleißig gearbeitet. Die Böden voller Papier und Fotografie­n, drumherum die Ausstellun­gsmacher der Heimatpfle­ge Leutkirch. Michael Waizenegge­r, der Erste Vorsitzend­e, wählt zusammen mit Manfred Thierer, Matthias Hufschmid, Marc Brandner und Roland Hess aus, welches Foto zu welchem der geplanten Themenbere­iche passen könnte. Die Bilder stammen allesamt von Karsten de Riese, einem in Dietramsze­ll lebenden freiberufl­ichen Fotografen, der Otl Aicher jahrelang intensiv mit der Kamera begleitet hat – sowohl bei der Arbeit als auch privat.

Was die Fotos zeigen, ist nicht weniger als ein bedeutsame­s Stück Designgesc­hichte. Ob die berühmten Piktogramm­e der Olympische­n Spiele 1972 in München oder das visuelle Erscheinun­gsbild von Firmen wie BMW, Adidas oder Lufthansa, der Deutschen Bank oder des ZDF – alles stammt aus dem Büro Otl (eigentlich Otto) Aichers. Wie wichtig dem Designer dabei auch die persönlich­en Kontakte mit seinen Kunden waren, wird die Ausstellun­g ebenfalls deutlich machen: Fotos zeigen ihn etwa zusammen mit Adidas-Mitarbeite­rn auf einer Wiese in Rotis, umgeben von Wäschelein­en, an denen Schuhe aufgehängt sind. Auch so ließen sich grafische Ideen und Konzepte entwickeln.

„Wir haben einen Schatz an tollen Bildern“, freut sich Matthias Hufschmid, „und der soll im Mittelpunk­t der Ausstellun­g stehen.“Daneben sind aber auch Exponate aus dem privaten Besitz zu sehen, etwa ein Teil der Originalkü­che. Schließlic­h war die Küche für Aicher die „Werkstatt einer neuen Lebenskult­ur“. Ein Thema, dem er ein ganzes Buch widmete.

Dieses neue Denken, das Gestalten und Weiterentw­ickeln der Welt, will die Ausstellun­g ebenso erfahrbar machen wie den Lebensraum Rotis. Dort lebte Aicher seit Anfang der 1970er-Jahre, in der von ihm so genannten Freien Republik Rotis, dort besuchten ihn Firmeninha­ber, Geschäftsf­ührer, Architekte­n und Philosophe­n. Im Büro für visuelle Kommunikat­ion entstanden die bekannten Firmenlogo­s und Erscheinun­gsbilder und, ab Mitte der 1980er-Jahre, die Schriftfam­ilie der Rotis.

Warum gerade Rotis? Welche geschichtl­iche Entwicklun­g hat der kleine Weiler, der anno 848 erstmals urkundlich erwähnt wurde, genommen? Wie wurde er zum damaligen „Zentrum der Gestaltung­swelt“? Was berichten Wegbegleit­er über die gemeinsame Zeit, und warum haben sie so gelebt und gearbeitet? Auch zu diesen Fragen hält die Ausstellun­g Antworten bereit, will „den Blick öffnen und helfen, ein Gespür für diese Grundhaltu­ng zu entwickeln“, wie Matthias Hufschmid sagt.

Parallel zu den Fotos, Skizzen und Exponaten, die im Museum gezeigt werden, sind im Kornhaus Plakate des Büros Aicher zu sehen: Beginnend mit Arbeiten zur Olympiade in München über Grafiken zur Ausstellun­g über den Philosophe­n Willem van Ockham bis hin zu hochwertig­en Siebdrucke­n werden mehrere Dutzend Plakate aus den Jahren 1972 bis 1990 präsentier­t.

 ?? FOTO: SABINE CENTNER ?? Marc Brandner, Matthias Hufschmid, Roland Hess und Michael Waizenegge­r (von links) bei der Vorbereitu­ng der Ausstellun­g.
FOTO: SABINE CENTNER Marc Brandner, Matthias Hufschmid, Roland Hess und Michael Waizenegge­r (von links) bei der Vorbereitu­ng der Ausstellun­g.

Newspapers in German

Newspapers from Germany