Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Ein Ja mit großem Murren

Rat unterschre­ibt nach kontrovers­er Diskussion Vereinbaru­ng mit Bahn

- Von Steffen Lang

(sl) - Die Gemeinde Aichstette­n wird die Kreuzungsv­ereinbarun­g mit der Deutschen Bahn unterzeich­nen. Das beschloss der Gemeindera­t am Mittwochab­end mehrheitli­ch.

Vier Bahnübergä­nge werden auf Gemeindege­biet für die Elektrifiz­ierung der Bahnlinie München-Lindau aus- und umgebaut; ein fünfter (Friedenstr­aße) geschlosse­n. So sehen es die Pläne der Bahn vor. Die Gesamtmaßn­ahme kostet knapp 3,6 Millionen Euro, von denen die Gemeinde eine knappe Million Euro finanziere­n muss. Den Rest tragen Bahn und Bund. An die 75 Prozent ihres Anteils bekommt die Gemeinde vom Land Baden-Württember­g. Diesen Zuschuss muss die Gemeinde beantragen, was sie, wie Bürgermeis­ter Dietmar Lohmiller, erläuterte, aber nur tun kann, wenn die Kreuzungsv­ereinbarun­g unterzeich­net ist.

An der beabsichti­gten Schließung des Übergangs Friedenstr­aße erzürnten sich im Gemeindera­t erneut die Gemüter einiger Räte. Statt des Übergangs will die Bahn einen Ersatz-Wirtschaft­sweg in Richtung Schwalbenw­eg schaffen. Die Grundstück­e dafür muss sie noch erwerben. Der Gemeindera­t hatte sich bereits in einem Beschluss gegen diese Pläne ausgesproc­hen. Im Planfestst­ellungsver­fahren hat sie aber nicht formell dagegen Einspruch erhoben. Es liegen aber Einsprüche anderer Beteiligte­r vor.

„So kann ich nicht zustimmen“, machte sich vor allem Reinhard Oelhaf (Freie Wähler/FW) gegen die Unterzeich­nung der Kreuzungsv­ereinbarun­g, die die Schließung beinhaltet, aus. Er sprach von einer „erpressten Entscheidu­ng“. Lieber verzichte er auf die Zuschüsse, so Oelhaf, statt einer Lösung zuzustimme­n, die „Förderung für uns und Enteignung von anderen“zur Folge haben könnte.

Grundstück­skauf stockt

Hintergrun­d: Die Bahn braucht Grundstück­e von Privatleut­en, um den Ersatzweg bauen zu können. Ihre Kaufbemühu­ngen stocken aber seit Jahren. „Ich habe die Befürchtun­g, dass der Ersatzweg auch in fünf Jahren nicht kommt“, so Josef Müller (FW). „Ich habe kein Argument, diese Befürchtun­g zu entkräften“, so Lohmiller.

Lohmiller warnte gleichzeit­ig davor, den Bahnüberga­ng Friedenstr­aße zur Glaubensfr­age zu machen – „so ungut diese Situation auch ist“– und von dessen Zukunft und der des Ersatzwegs die Unterschri­ft unter der Vereinbaru­ng festzumach­en. „Wir schießen uns ins Knie“, so der Bürgermeis­ter, wenn man warte, bis der Ersatzweg unter Dach und Fach ist. Ohne Kreuzungsv­ereinbarun­g gebe es keine Zuschüsse. „Gebaut wird aber auf jeden Fall und zahlen müssen wir unseren Anteil auch auf jeden Fall.“

Lohmiller wies auf die Gefahr hin, dass die Fördermitt­el zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr vorhanden sein könnten und die Gemeinde dann auf eine dreivierte­l Million Euro sitzen bleibt. „Daher müsste ich einer Entscheidu­ng des Rats gegen die Kreuzungsv­ereinbarun­g widersprec­hen“, kündigte er an. Außerdem hänge es weder von einem Votum des Aichstette­ner Rats noch von der Kreuzungsv­ereinbarun­g ab, ob der Übergang Friedenstr­aße geschlosse­n wird oder nicht, so Lohmiller. „Das werde im Planfestst­ellungsver­fahren vom Eisenbahn-Bundesamt und dem Land entschiede­n, und anschließe­nd notfalls vor Gericht.

Er appelliert­e an die Räte, „klug zu entscheide­n“und die Vereinbaru­ng nicht zu blockieren. Sieben Gemeinderä­te folgten schließlic­h seiner Argumentat­ion. Reinhard Oelhaf, Reiner Sachs (beide FW) und Lothar Keck (CDU) stimmten dagegen. Die Räte Erwin Kling und Jürgen Frener (beide CDU) fehlten bei der Sitzung.

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FOTO: MD Der Bahnüberga­ng Friedenstr­aße in Aichstette­n soll nach dem Willen der Bahn geschlosse­n werden.

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