Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Ein Ja mit großem Murren
Rat unterschreibt nach kontroverser Diskussion Vereinbarung mit Bahn
(sl) - Die Gemeinde Aichstetten wird die Kreuzungsvereinbarung mit der Deutschen Bahn unterzeichnen. Das beschloss der Gemeinderat am Mittwochabend mehrheitlich.
Vier Bahnübergänge werden auf Gemeindegebiet für die Elektrifizierung der Bahnlinie München-Lindau aus- und umgebaut; ein fünfter (Friedenstraße) geschlossen. So sehen es die Pläne der Bahn vor. Die Gesamtmaßnahme kostet knapp 3,6 Millionen Euro, von denen die Gemeinde eine knappe Million Euro finanzieren muss. Den Rest tragen Bahn und Bund. An die 75 Prozent ihres Anteils bekommt die Gemeinde vom Land Baden-Württemberg. Diesen Zuschuss muss die Gemeinde beantragen, was sie, wie Bürgermeister Dietmar Lohmiller, erläuterte, aber nur tun kann, wenn die Kreuzungsvereinbarung unterzeichnet ist.
An der beabsichtigten Schließung des Übergangs Friedenstraße erzürnten sich im Gemeinderat erneut die Gemüter einiger Räte. Statt des Übergangs will die Bahn einen Ersatz-Wirtschaftsweg in Richtung Schwalbenweg schaffen. Die Grundstücke dafür muss sie noch erwerben. Der Gemeinderat hatte sich bereits in einem Beschluss gegen diese Pläne ausgesprochen. Im Planfeststellungsverfahren hat sie aber nicht formell dagegen Einspruch erhoben. Es liegen aber Einsprüche anderer Beteiligter vor.
„So kann ich nicht zustimmen“, machte sich vor allem Reinhard Oelhaf (Freie Wähler/FW) gegen die Unterzeichnung der Kreuzungsvereinbarung, die die Schließung beinhaltet, aus. Er sprach von einer „erpressten Entscheidung“. Lieber verzichte er auf die Zuschüsse, so Oelhaf, statt einer Lösung zuzustimmen, die „Förderung für uns und Enteignung von anderen“zur Folge haben könnte.
Grundstückskauf stockt
Hintergrund: Die Bahn braucht Grundstücke von Privatleuten, um den Ersatzweg bauen zu können. Ihre Kaufbemühungen stocken aber seit Jahren. „Ich habe die Befürchtung, dass der Ersatzweg auch in fünf Jahren nicht kommt“, so Josef Müller (FW). „Ich habe kein Argument, diese Befürchtung zu entkräften“, so Lohmiller.
Lohmiller warnte gleichzeitig davor, den Bahnübergang Friedenstraße zur Glaubensfrage zu machen – „so ungut diese Situation auch ist“– und von dessen Zukunft und der des Ersatzwegs die Unterschrift unter der Vereinbarung festzumachen. „Wir schießen uns ins Knie“, so der Bürgermeister, wenn man warte, bis der Ersatzweg unter Dach und Fach ist. Ohne Kreuzungsvereinbarung gebe es keine Zuschüsse. „Gebaut wird aber auf jeden Fall und zahlen müssen wir unseren Anteil auch auf jeden Fall.“
Lohmiller wies auf die Gefahr hin, dass die Fördermittel zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr vorhanden sein könnten und die Gemeinde dann auf eine dreiviertel Million Euro sitzen bleibt. „Daher müsste ich einer Entscheidung des Rats gegen die Kreuzungsvereinbarung widersprechen“, kündigte er an. Außerdem hänge es weder von einem Votum des Aichstettener Rats noch von der Kreuzungsvereinbarung ab, ob der Übergang Friedenstraße geschlossen wird oder nicht, so Lohmiller. „Das werde im Planfeststellungsverfahren vom Eisenbahn-Bundesamt und dem Land entschieden, und anschließend notfalls vor Gericht.
Er appellierte an die Räte, „klug zu entscheiden“und die Vereinbarung nicht zu blockieren. Sieben Gemeinderäte folgten schließlich seiner Argumentation. Reinhard Oelhaf, Reiner Sachs (beide FW) und Lothar Keck (CDU) stimmten dagegen. Die Räte Erwin Kling und Jürgen Frener (beide CDU) fehlten bei der Sitzung.