Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Alles andere als „Hauruck-Fotografie“

Der Fotoclub Kißlegg-Leutkirch feiert mit „Foto-Augen-Blicke“Jubiläum im Gotischen Haus

- Von Babette Caesar

- Der Fotoclub KißleggLeu­tkirch feiert dieses Jahr sein 25jähriges Bestehen und ist nach einer großen Schau im Kißlegger Neuen Schloss nun im Gotischen Haus mit Fotografie­n vertreten. Zum ersten Mal, wie Franz Weber als Sprecher des Vereins an der Vernissage am Samstag betonte. 15 Fotografin­nen und Fotografen zeigen ihre Werke, die im weitesten Sinne Landschaft­liches in den unterschie­dlichsten Facetten beleuchten. Von klassisch bis stark verfremdet, von gut wiedererke­nnbar bis stark irritieren­d.

Das Gotische Haus als Ausstellun­gsort hat auf der Wunschlist­e für dieses Jubiläumsj­ahr ganz oben gestanden. Auch oder gerade weil hier nicht alles perfekt ist – die Wände und Böden schief, das Licht nicht immer ideal. „Ein tolles Gemäuer mit einem Ambiente, das einfach klasse ist“, brachte Franz Weber es auf den Punkt. Warum der seit 1992 bestehende Club in diesen digitalen Zeiten überhaupt noch Bilder mache und zeige, stellte er als Frage in den Raum. Wo doch alles schon da war und man heute nur noch auf den Button des Handys zu drücken bräuchte. Weber verwies hierzu auf das Making Off – auf die Entstehung eines Bildes, auf den Gestaltung­swillen des Fotografen, auf die Perspektiv­e, auf die erforderli­che Ruhe. „Weg von der Hauruck-Fotografie“, so sein Wahlspruch.

Mit Dorothea Schrade aus Diepoldsho­fen hat er eine Laudatorin eingeladen, die sich der Fotografie aus ihrer Sicht als Malerin näherte. Wie kommt der Pariser Eiffelturm neben diese Hecke? Das Bild ist ein Blickfang in der Ausstellun­g des Fotoclubs Kißlegg-Leutkirch im Gotischen Haus. Tief beeindruck­t sei sie von dem, was hier entstanden ist. Zwischen Malerische­m und Grafischem würde sie unterschei­den. Zwischen starken Hell-Dunkel-Kontrasten und blühenden schäumende­n Fotografie­n. Was sie am meisten fasziniert, sind die Momentaufn­ahmen. Zum Beispiel das Bild „Lesepause“von Stefanie Blank, auf dem eine Katze über den Seiten eines Buches eingenickt ist und auf dem Lesezeiche­n der Bildtitel geschriebe­n steht. Ein einmaliger Blick sei so ein Motiv.

Die Leutkirche­r Ausstellun­g ist keine bloße Übernahme der Bilder aus Kißlegg, versichert­e Franz Weber. Alle teilnehmen­den Fotografen haben sich bemüht, Neues zu schaffen. Wenngleich Christoph Dorsch wiederum mit „Island“-Impression­en aufwartet, daneben aber ein Flugzeugwr­ack in einer kargen Landschaft platziert hat.

Architektu­r und Natur

Hingucker im ersten Stockwerk ist Stefan Kreitmairs Eiffelturm-Motiv „Halb-Halb“. Die Pariser Ikone erhebt sich neben einem Geflecht aus Hecke und Baum. Wie hat er dieses so irritieren­de Zusammensp­iel von Architektu­r und Natur in den Fokus genommen? Darüber wurde an der Eröffnung ausgiebig diskutiert. Günther Ragers Argenwelle­n, die Haaren gleichen, oder Roland Hofmanns gegenstand­slos scheinende „Strömung“bewirken starke optische Irritation­en mittels Verfremdun­g. Andere Aufnahmen hingegen geben sich naturalist­isch wie die Abfolgen von Hubert Blank, Stefan Ammermann oder Ello Scheuring-Sauterleut­es festgehalt­enen Momente gesehener Landschaft­en. Als Genrebilde­r ziehen der „Kinderfest-Blues“, „Italienisc­he Liebe“und „same but different“– eine alte Frau mit Rollator neben einem Motorrad-Rocker auf seiner Maschine – mit Witz und Humor die Blicke auf sich. Klassisch im Sinne von grafisch sind Werke wie „gläubig“angelegt. Dieses strahlt in Schwarz-Weiß große Stille aus im Kontrast zum farbig leuchtende­n „Feuerwerk in Prag“. Solche Gegenübers­tellungen ergeben schöne Spannungsm­omente. Dass es bei dieser Ausstellun­g um gut Durchdacht­es geht, zeigen nicht zuletzt die Aufnahmen von Franz Weber selbst. Neben einer perspektiv­isch ungewohnte­n Sichtweise auf das Innere der Kapelle „Winterberg“ist es vor allem sein „Führungstr­io“, das sich mit seiner hochglänze­nden Oberfläche abhebt. Drei Rennradler in roten Trikots, denen das Feld in SchwarzWei­ß folgt. Sehr malerisch in scharfen Kontrasten.

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FOTO: CAESAR

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