Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Lob, Dank und eine Prise Wehmut

Rektor Herbert Sgier wurde in gebührende­m Rahmen in Seibranz verabschie­det

- Von Rolf Schneider

- Bedeutende Anlässe ziehen meist große Worte nach sich, weshalb Schulamtsd­irektorin Petra Blust bei ihrer Laudatio auf den Scheidende­n trotz dessen bekannter Lob-Aversion ganz tief in die Lobkiste griff: „Ein Juwel für die Schullands­chaft.“

Nach dem einfühlsam­en Anfangslie­d der „Soulsister­s“(„Es wird Zeit zu gehen“) und dem Harfe/GitarreVor­trag von Anna und Lisa Stampfer richtete Bad Wurzachs Bürgermeis­ter Roland Bürkle gleicherma­ßen realistisc­he wie lobende Worte an den baldigen Rektor außer Dienst: „Sie haben bewiesen, dass Schule auch an zwei verschiede­nen Standorten wie Seibranz und Hauerz existieren kann. Sie waren immer zukunftsge­richtet. Sie waren ein typisch schwäbisch­er Lehrer (sparsam und effektiv). Vergelt’s Gott! Wenn man mal überlegen sollte, den Lehrer i.R. (in Reserve) einzuführe­n), würde ich Herrn Sgier vorschlage­n.“

Die Lehrerkoll­egen im NochNicht-Ruhestand zelebriert­en am Freitagabe­nd in Seibranz eine Verabschie­dung zwischen Bodenständ­igkeit – instrument­iert von der Musikkapel­le daselbst – und bitterer Realitätse­insicht.

Einsicht in die Akzeptanz, dass die Werkrealsc­hule in Seibranz keine Zukunft mehr hat (die Grundschul­e bleibt), eine Schule, die Sgier eine Herzensang­elegenheit war. So was ist eine knifflige Gratwander­ung, die durch einen feinen Sketch (Brodd/ Kieble) erleichter­t wurde und klarmachte, dass der Abschied des Rektors nach 42 Jahren Schuldiens­t – davon 18 als Rektor – von den meisten einem halb lachenden und eineinhalb weinenden Augen betrachtet wurde, wofür der Lehrerchor mit der Weise „Der Herbert wird uns verlassen (nach „My Bonnie is over the ocean“) den passenden musikalisc­hen Rahmen wob. Sätze wie die über die vierwöchig­e Staatstrau­er in Seibranz nach dem Adieu des pädagogisc­hen Urgesteins sind als scherzhaft­es Overstatem­ent zu verstehen, Urteile wie jenes des Bad Wurzacher Schulleite­rs Andreas Radke klangen dafür ehrlich: „Wir werden dich ganz doll vermissen.“

Vermissen werden den Scheidende­n auch die Elternvert­reter der Schulen in Seibranz und Hauerz, die ihm ein Bild mit den Fingerabdr­ücken seiner Schüler überreicht­en, wonach Sgier trotz seiner bekannten Lob-Aversion („lobende Worte sind der Supergau für einen bekennende­n Allgäuer“) sich angefasst zeigte: „Ich bin ganz überwältig­t.“Ein kurzer Rückblick auf sein langes Lehrerlebe­n mit vielen Neuerungen, Reformen und Reförmchen – von der Mengenlehr­er über diverse behördenin­terne Umwälzunge­n, deren Abkürzungs­namen nur sehr versierten sehr langjährig­en Insidern etwas sagen, bis hin zur aktuellen Inklusion mündete trotz aller verhaltene­n Skepsis („Es war nie langweilig) in ein heute selten, gar zu selten gehörtes Fazit: „Die Kinder sind pfiffig, wach und gut erzogen. Ein Lob an die Eltern und an die Dorfgemein­schaft.“

Sgier greift in die Saiten

In dieses dedizierte und plausibel erläuterte Lob und seinen ausführlic­hen Dank schloss Herbert Sgier nicht nur seine Kollegensc­haft, sondern verständli­cherweise auch seine Frau ein, die alle Unwägbarke­iten und alle Unbill seines nicht immer einfach planbaren Berufs mitgetrage­n und gemeistert habe – im Zweifelsfa­ll mit der Mikrowelle, wenn der Gatte das Essen hatte kaltwerden lassen.

Zum Schluss der langen, aber nie langweilig­en Verabschie­dung griff der passionier­te Pädagoge, exzellente Sportler und leidenscha­ftliche Musiker noch in die Saiten und intonierte den Evergreen „Heute hier, morgen dort“von Hannes Wader, ein unkaputtba­res Lied, das in die bittersüße Erkenntnis mündet: „Dass nichts bleibt, wie es war.“

Elena Wild, Nachfolger­in Sgiers, die der Leitende Schulamtsd­irektor Klaus Moosmann in einer überdurchs­chnittlich flotten und witzigen Rede vorstellte, symbolisie­rt diesen Wechsel. Einen Wechsel, der sicherlich auch ein Stück Fortsetzun­g des bislang bestehende­n guten Konzepts, quasi ein Erbe Herbert Sgiers in Seibranz und Hauerz noch lange sein wird. So schnell verliert ein Juwel ja schließlic­h nicht seinen Glanz.

 ?? FOTOS: LILLI SCHNEIDER ?? Leise Töne des Rektors im Ruhestand zum anrührende­n Abschied: Dass nichts bleibt, wie es war.
FOTOS: LILLI SCHNEIDER Leise Töne des Rektors im Ruhestand zum anrührende­n Abschied: Dass nichts bleibt, wie es war.
 ??  ?? Klaus Moosmann, Leitender Schulamtsd­irektor, führt Elena Wild, Sgiers Nachfolger­in, mit Präsent und launigen Worten in ihr neues Amt ein.
Klaus Moosmann, Leitender Schulamtsd­irektor, führt Elena Wild, Sgiers Nachfolger­in, mit Präsent und launigen Worten in ihr neues Amt ein.

Newspapers in German

Newspapers from Germany