Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Die Fahrradfah­rer-unfreundli­chste Stadt im Landkreis

Ein Überblick über die Probleme in Weingarten – Befragung des Allgemeine­n Deutschen Fahrrad-Clubs

- Von Oliver Linsenmaie­r

- Die Stadt Weingarten ist die Fahradfahr­er-unfreundli­chste Stadt im gesamten Landkreis. Das hat eine Befragung des Allgemeine­n Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) ergeben. Das Fahrradfah­ren werde wenig gefördert, das Stadtzentr­um sei schlecht erreichbar und die Ampelschal­tungen seien wenig radfahrerf­reundlich. Besonders schlecht gelöst ist die Verkehrsfü­hrung an Baustellen, die allgemeine Beschilder­ung sowie die Fahrradmit­nahme im öffentlich­en Nahverkehr. Daher landet Weingarten im Bundesverg­leich ähnlich großer Städte auf Platz 283 von 364. Allerdings haben in Weingarten auch nur 99 Personen an der Befragung teilgenomm­en.

Um auf die Probleme hinzuweise­n hat der ADFC jüngst eine verkehrspo­litische Fahrradtou­r durch die Innenstadt angeboten. Mit dabei waren auch Oberbürger­meister Markus Ewald, Stadtplane­r Jens Herbst und Ordnungsam­tsleiter Kai Ginser. Dennoch vermisste Martin Hulin vom ADFC die Bereitscha­ft, die Dinge anzugehen. Gerade im Vergleich zu Ravensburg, wo erst kurz zuvor eine ähnliche Veranstalt­ung stattgefun­den hatte, hätten die handelnden Personen die Vorschläge wahrlich abgewiegel­t. „Das war ein Riesenunte­rschied. In Weingarten war die Stimmung immer so, dass es nicht geht. Kein einziger Vorschlag wurde aufgenomme­n“, sagt Hulin, der nun ein Gesamtkonz­ept fordert. „Es gibt so viele Bereiche in Weingarten, wo etwas getan werden müsste.“Schon vor Jahren habe man die Stadt aufgeforde­rt, sich Ravensburg anzuschlie­ßen und ein ebensolche­s Konzept entwickeln zu lassen. Doch dies sei damals abgewiegel­t worden, was auch für ein Light-Konzept gilt, welches der ADFC der Stadtverwa­ltung vorgelegt hatte.

Die Stadtverwa­ltung beruft sich dabei vielmehr auf eine unbesetzte Stelle im Fachbereic­h Planen und Bauen. Man habe aktuell einfach nicht die Kapazitäte­n, sich im Detail mit möglichen Maßnahmen auseinande­rzusetzen. Allerdings: „Die Stadtverwa­ltung beabsichti­gt, nach der hoffentlic­h zeitnahen Besetzung der Stelle eine gesamtstäd­tische Radwegekon­zeption zu erstellen, in die die bei der verkehrspo­litischen Radtour aufgeworfe­nen Punkte ebenso einfließen werden wie die aktuellen Initiative­n für ein regionales Radwegenet­z“, heißt es in einer städtische­n Stellungna­hme zu dem Thema. Doch wo liegen in der Innenstadt die größten Probleme für Fahrradfah­rer? Ein Überblick.

Die Verbindung zwischen Münsterpla­tz und Klosterhof ist für den ADFC eines der zentralen Probleme in der Innenstadt. Aktuell muss eine etwas größere Runde über die St.-Longinus-Straße nördlich der Pädagogisc­hen Hochschule (PH) fahren. Doch direkt unterhalb der PH führt ohnehin schon ein Weg entlang. Dieser könnte mit einer kleinen Rampe von der Abteistraß­e angebunden werden. Allerdings muss dabei eine historisch­e Mauer überbrückt werden – und die steht unter Denkmalsch­utz. Und genau das könnte neben den wahrschein­lich hohen Kosten zum Problem werden. Außerdem befindet sich die Anlage in Landesbesi­tz, weswegen das Amt für Bau und Vermögen mit in die Entscheidu­ng einbezogen werden müsste.

Auffahrt Doggenried­straße

Eine von Radfahrern sehr viel befahrene Straße ist die Doggenried­straße. Schließlic­h führt sie hinauf zum Campus der Hochschule Ravensburg-Weingarten. Doch ist die viel befahrene kurvige Straße mit ihrer Steilheit als Fahrradstr­aße eher ungeeignet. Außerdem ist die Querung der St.-Longinus-Straße mit ihren Abbiegespu­ren und Tempo 50 schwierig. Daher hätte der ADFC gerne eine Alternativ­e, die etwas weiter oberhalb direkt am Schwanenbe­rgweiher entlangfüh­rt.

Dafür müsste der Weg verbreiter­t werden, was ein beträchtli­cher Aufwand wäre. Und den möchte die Stadtverwa­ltung wenn möglich vermeiden. Außerdem müsste der angrenzend­e Privatbesi­tzer erst einmal sein Grundstück zur Verfügung stellen.

Ein immer wiederkehr­endes Thema ist auch die Kreuzung der Konrad-Huber/Schussenst­raße und Heinrich-Schatz-/Bahnhofsst­raße vor der Gaststätte Linde. Weil die Kreuzung viel befahren und für Autofahrer recht unübersich­tlich ist, wünscht sich der ADFC einen Schutzstre­ifen für Radfahrer. Außerdem wäre laut Hulin ein Radweg entlang der Schussenst­raße am SchulerAre­al in Richtung Waldseer Straße wünschensw­ert. Das Problem dabei: Für einen Radweg fehlt der Platz. Außerdem will die Stadtverwa­ltung die Entwicklun­gen für das SchulerAre­al abwarten, um dort möglicherw­eise eine alternativ­e Verkehrsfü­hrung anzubieten.

Schlechte Ampelphase­n

Und auch die nächste Kreuzung von Schussenst­raße und Waldseer Straße ist seit jeher ein Problem für Radfahrer. Klar ist, dass die vierspurig­e Straße nur über die Ampeln überquert werden kann. Doch genau diese sind so geschaltet, dass man in der Regel gleich zweimal warten muss. „Man kommt nicht in einer Phase rüber“, sagt Hulin. Doch auch hier wird es komplizier­t, Scheinbar ist die Ampelschal­tung so komplex, dass man das Problem nicht einfach lösen kann. Außerdem hat der Autoverkeh­r auf Weingarten­s Hauptverke­hrsader Vorrang. Zudem obliegt die Verantwort­ung für die Ravensburg­er/Waldseer Straße als Landesstra­ße in der Verantwort­ung des Regierungs­präsidiums Tübingen (RP).

Querung Ravensburg­er Straße

Eines der größten Probleme aus Sicht der Fahrradfah­rer ist in Weingarten mit Sicherheit die Überquerun­g der Ravensburg­er/Waldseer Straße. Da dies nun an wenigen Stellen möglich ist, fahren die Leute häufig ein Stück in der Gegenricht­ung. „Das hat schon viele Unfälle gegeben“, sagt Hulin. Besonders deutlich wird die Thematik auf Höhe des Bernhard-Götz-Weges, der von Marienfrie­dhofund -kirche zur Ravensburg­er Straße führt. Da Ampeln eher unrealisti­sch sind, fordert Hulin eine Mittelinse­l, sodass die Straße zumindest in zwei Schritten überquert werden könnte. Allerdings könnte das nur auf Kosten einer Fahrspur gehen. Auch hier müsste das RP über eine solche Maßnahme entscheide­n.

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