Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Die Fahrradfahrer-unfreundlichste Stadt im Landkreis
Ein Überblick über die Probleme in Weingarten – Befragung des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs
- Die Stadt Weingarten ist die Fahradfahrer-unfreundlichste Stadt im gesamten Landkreis. Das hat eine Befragung des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) ergeben. Das Fahrradfahren werde wenig gefördert, das Stadtzentrum sei schlecht erreichbar und die Ampelschaltungen seien wenig radfahrerfreundlich. Besonders schlecht gelöst ist die Verkehrsführung an Baustellen, die allgemeine Beschilderung sowie die Fahrradmitnahme im öffentlichen Nahverkehr. Daher landet Weingarten im Bundesvergleich ähnlich großer Städte auf Platz 283 von 364. Allerdings haben in Weingarten auch nur 99 Personen an der Befragung teilgenommen.
Um auf die Probleme hinzuweisen hat der ADFC jüngst eine verkehrspolitische Fahrradtour durch die Innenstadt angeboten. Mit dabei waren auch Oberbürgermeister Markus Ewald, Stadtplaner Jens Herbst und Ordnungsamtsleiter Kai Ginser. Dennoch vermisste Martin Hulin vom ADFC die Bereitschaft, die Dinge anzugehen. Gerade im Vergleich zu Ravensburg, wo erst kurz zuvor eine ähnliche Veranstaltung stattgefunden hatte, hätten die handelnden Personen die Vorschläge wahrlich abgewiegelt. „Das war ein Riesenunterschied. In Weingarten war die Stimmung immer so, dass es nicht geht. Kein einziger Vorschlag wurde aufgenommen“, sagt Hulin, der nun ein Gesamtkonzept fordert. „Es gibt so viele Bereiche in Weingarten, wo etwas getan werden müsste.“Schon vor Jahren habe man die Stadt aufgefordert, sich Ravensburg anzuschließen und ein ebensolches Konzept entwickeln zu lassen. Doch dies sei damals abgewiegelt worden, was auch für ein Light-Konzept gilt, welches der ADFC der Stadtverwaltung vorgelegt hatte.
Die Stadtverwaltung beruft sich dabei vielmehr auf eine unbesetzte Stelle im Fachbereich Planen und Bauen. Man habe aktuell einfach nicht die Kapazitäten, sich im Detail mit möglichen Maßnahmen auseinanderzusetzen. Allerdings: „Die Stadtverwaltung beabsichtigt, nach der hoffentlich zeitnahen Besetzung der Stelle eine gesamtstädtische Radwegekonzeption zu erstellen, in die die bei der verkehrspolitischen Radtour aufgeworfenen Punkte ebenso einfließen werden wie die aktuellen Initiativen für ein regionales Radwegenetz“, heißt es in einer städtischen Stellungnahme zu dem Thema. Doch wo liegen in der Innenstadt die größten Probleme für Fahrradfahrer? Ein Überblick.
Die Verbindung zwischen Münsterplatz und Klosterhof ist für den ADFC eines der zentralen Probleme in der Innenstadt. Aktuell muss eine etwas größere Runde über die St.-Longinus-Straße nördlich der Pädagogischen Hochschule (PH) fahren. Doch direkt unterhalb der PH führt ohnehin schon ein Weg entlang. Dieser könnte mit einer kleinen Rampe von der Abteistraße angebunden werden. Allerdings muss dabei eine historische Mauer überbrückt werden – und die steht unter Denkmalschutz. Und genau das könnte neben den wahrscheinlich hohen Kosten zum Problem werden. Außerdem befindet sich die Anlage in Landesbesitz, weswegen das Amt für Bau und Vermögen mit in die Entscheidung einbezogen werden müsste.
Auffahrt Doggenriedstraße
Eine von Radfahrern sehr viel befahrene Straße ist die Doggenriedstraße. Schließlich führt sie hinauf zum Campus der Hochschule Ravensburg-Weingarten. Doch ist die viel befahrene kurvige Straße mit ihrer Steilheit als Fahrradstraße eher ungeeignet. Außerdem ist die Querung der St.-Longinus-Straße mit ihren Abbiegespuren und Tempo 50 schwierig. Daher hätte der ADFC gerne eine Alternative, die etwas weiter oberhalb direkt am Schwanenbergweiher entlangführt.
Dafür müsste der Weg verbreitert werden, was ein beträchtlicher Aufwand wäre. Und den möchte die Stadtverwaltung wenn möglich vermeiden. Außerdem müsste der angrenzende Privatbesitzer erst einmal sein Grundstück zur Verfügung stellen.
Ein immer wiederkehrendes Thema ist auch die Kreuzung der Konrad-Huber/Schussenstraße und Heinrich-Schatz-/Bahnhofsstraße vor der Gaststätte Linde. Weil die Kreuzung viel befahren und für Autofahrer recht unübersichtlich ist, wünscht sich der ADFC einen Schutzstreifen für Radfahrer. Außerdem wäre laut Hulin ein Radweg entlang der Schussenstraße am SchulerAreal in Richtung Waldseer Straße wünschenswert. Das Problem dabei: Für einen Radweg fehlt der Platz. Außerdem will die Stadtverwaltung die Entwicklungen für das SchulerAreal abwarten, um dort möglicherweise eine alternative Verkehrsführung anzubieten.
Schlechte Ampelphasen
Und auch die nächste Kreuzung von Schussenstraße und Waldseer Straße ist seit jeher ein Problem für Radfahrer. Klar ist, dass die vierspurige Straße nur über die Ampeln überquert werden kann. Doch genau diese sind so geschaltet, dass man in der Regel gleich zweimal warten muss. „Man kommt nicht in einer Phase rüber“, sagt Hulin. Doch auch hier wird es kompliziert, Scheinbar ist die Ampelschaltung so komplex, dass man das Problem nicht einfach lösen kann. Außerdem hat der Autoverkehr auf Weingartens Hauptverkehrsader Vorrang. Zudem obliegt die Verantwortung für die Ravensburger/Waldseer Straße als Landesstraße in der Verantwortung des Regierungspräsidiums Tübingen (RP).
Querung Ravensburger Straße
Eines der größten Probleme aus Sicht der Fahrradfahrer ist in Weingarten mit Sicherheit die Überquerung der Ravensburger/Waldseer Straße. Da dies nun an wenigen Stellen möglich ist, fahren die Leute häufig ein Stück in der Gegenrichtung. „Das hat schon viele Unfälle gegeben“, sagt Hulin. Besonders deutlich wird die Thematik auf Höhe des Bernhard-Götz-Weges, der von Marienfriedhofund -kirche zur Ravensburger Straße führt. Da Ampeln eher unrealistisch sind, fordert Hulin eine Mittelinsel, sodass die Straße zumindest in zwei Schritten überquert werden könnte. Allerdings könnte das nur auf Kosten einer Fahrspur gehen. Auch hier müsste das RP über eine solche Maßnahme entscheiden.