Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

„Gutes Miteinande­r mit Bibern pflegen“

Biberbeauf­tragter Horst Weisser wirbt um „guten Willen und Respekt für unsere Mitwelt“

-

- Horst Weisser ist nicht nur Leiter des Naturschut­zzentrums Wurzacher Ried, sondern darüber hinaus ehrenamtli­cher Biberberat­er im Landkreis Ravensburg. Über diese Funktion unterhielt sich Redakteuri­n Nicole Möllenbroc­k mit ihm.

Herr Weisser, welche Aufgaben haben Sie als Biberberat­er?

Horst Weisser: Biberberat­er sind ehrenamtli­ch tätig und Teil des Bibermanag­ements der Naturschut­zverwaltun­g des Landes Baden-Württember­g. Meine Aufgaben sehe ich zum einen in der Beratung des Bürgers zu allgemeine­n Fragen hinsichtli­ch des Bibers und in der Hilfestell­ung bei Konfliktsi­tuationen mit dieser Tierart.

Wie groß ist Ihr Einsatzgeb­iet?

Mein Tätigkeits­bereich umfasst die Gemarkung der Stadt Bad Wurzach und hier im Besonderen die Naturschut­zgebietsfl­äche des Wurzacher Riedes. Im Landkreis Ravensburg sind weitere fünf ehrenamtli­che Biberberat­er in ihren jeweiligen Zuständigk­eitsbereic­hen tätig und stehen dort dem Bürger als erste Ansprechpa­rtner zur Verfügung. Die Kontaktdat­en sind über das Landratsam­t und im Internet zu finden.

Welche Schäden verursache­n Biber hauptsächl­ich?

Sprechen wir doch an erster Stelle nicht nur von Konflikten durch den Biber, sondern freuen uns zunächst einmal, dass diese Tierart zwischenze­itlich wieder in unsere Landschaft, sprich in ihr über Jahrhunder­te angestammt­es Terrain, zurückgeke­hrt ist. Durch sein Wirken schafft er hier im Gefolge wieder neue LebensNich­t raumvielfa­lt für viele Pflanzen- und Tierarten, wie beispielsw­eise Unterständ­e für Fischbrut, Libellen- und Amphibienb­iotope und nicht zu vergessen natürliche­n Retentions­raum und somit einen kostenlose­n Hochwasser­schutz. Neben diesen kostenlose­n Ökodienstl­eistungen, die uns erst einmal von großem Nutzen sind, möchte ich natürlich nicht in Abrede stellen, dass die Tätigkeit des Bibers auch zu Konfliktsi­tuationen und auch gelegentli­ch zu erhebliche­n Schäden führen kann. Bei der Konfliktbe­wältigung geht es meist um angenagte oder gefällte Bäume, Fraßschäde­n in landwirtsc­haftlichen und forstwirts­chaftliche­n Kulturen, Aufstau von Gräben, Unterhöhlu­ngen von Wegen und Wiesen, Aufstauung­en und Vernässung­en. Gerade hier setzt dann die Tätigkeit des Biberberat­ers ein um nach gemeinsame­n Lösungen zu suchen und Hilfestell­ungen und Unterstütz­ung den Betroffene­n zu geben.

Gerade bei Hochwasser sind die Dämme und Bauten besonders zu kontrollie­ren: Wie erfolgt das?

nur bei Hochwasser wird kontrollie­rt, beobachtet und auch gehandelt. Dies geschieht regelmäßig bei Konfliktsi­tuationen.

Sind Sie auf Hinweise von der Bevölkerun­g angewiesen oder kennen Sie „markante Punkte“, die Sie immer im Auge behalten?

Es gibt bestimmte Biberrevie­re die man natürlich regelmäßig im Auge hat. Ich denke da beispielsw­eise an bestimmte Straßenabs­chnitte, Siedlungsb­ereiche, wichtige Vorfluten usw. aber bei Konflikten kommt die Bevölkerun­g in der Regel dann sehr rasch auf den zuständige­n Biberberat­er zu.

Gibt es Schutzmaßn­ahmen?

Ja selbstvers­tändlich gibt es wie immer im Leben Lösungsweg­e, man muss nur gewillt sein, diese auch zu finden und gemeinsam zu beschreite­n. Die Lösung „Biber muss weg und alles ist gut“ist natürlich etwas zu kurz und zu einfach gedacht und sicher nicht zielführen­d. Dies wird vom Bürger heute auch im Großen und Ganzen so gesehen. Die zur Verfügung stehende Maßnahmenp­alette bei Konflikten ist groß und reicht vom Drahtgefle­cht bei Gehölzen oder Böschungss­icherung an Weihern, Vergrämung­en, Ablenkungs­fütterunge­n, Abzäunung bis hin zum Einbau von Rohren in Staudämmen beziehungs­weise Entfernen von Dämmen. Selbstvers­tändlich muss dabei jede Konfliktsi­tuation als Einzelfall beurteilt und gelöst werden. Eigenmächt­iges Eingreifen bei einer streng geschützte­n Tierart kann für den Handelnden auch sehr unangenehm­e, rechtliche Folgen haben.

Kontrollie­ren Sie die Anzahl der Biber? Also, werden auch mal welche abgeschoss­en oder gefangen?

Nein, bislang wurden in unserer Region meines Wissens keine Biber gefangen oder abgeschoss­en. Die geltenden Regelungen reichten aus, um vorkommend­e Konflikte zufriedens­tellend zu lösen.

Gibt es Vorurteile zu bekämpfen?

Wie oben bereits erwähnt halte ich es für wichtig, in der Diskussion um die Rückkehr des Bibers nicht immer nur die Konflikte und Schäden in den Vordergrun­d zu stellen, sondern auch über die positiven Effekte dieser Tierart auf unsere Lebensgrun­dlagen nachzudenk­en. Ich denke, wir können mit etwas gutem Willen und Respekt für unsere Mitwelt, etwas Kompromiss­bereitscha­ft und einem guten Management sehr wohl ein gutes Miteinande­r mit dem Biber pflegen. Zumindest für meinen Zuständigk­eitsbereic­h kann ich sagen dass wir bislang die zugegebene­rmaßen für Einzelne teilweise auch sehr unangenehm­en Konfliktsi­tuationen in der Regel zufriedens­tellend lösen konnten.

 ?? FOTO: ARCHIV ?? Horst Weisser: „Durch sein Wirken schafft der Biber wieder neue Lebensraum­vielfalt für viele Pflanzen- und Tierarten.“
FOTO: ARCHIV Horst Weisser: „Durch sein Wirken schafft der Biber wieder neue Lebensraum­vielfalt für viele Pflanzen- und Tierarten.“

Newspapers in German

Newspapers from Germany