Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Der Papst-Organist bekommt begeistert­en Applaus

Juan Paradell Solé in St. Martin: Da lebt die Leutkirche­r Orgel

- Von Bernd Guido Weber

- Zum Schluss ein letzter mächtiger Akkord. Juan Paradell Solé lässt das Tongebäude lange stehen, irgendwie ist’s auch ein Markenzeic­hen des Organisten der Sixtinisch­en Kapelle in Rom. Nochmals daran erinnern, wie klein der Mensch in Wirklichke­it ist. Danach stehen viele in der bestens besuchten Kirche St. Martin auf, spenden stehend Applaus. Für einen Großen, der in puncto Virtuositä­t, smarter Registerwa­hl und makelloser Ausführung Maßstäbe setzt.

„Orgelmatin­ee zur Marktzeit“ist ja eine Erfolgsges­chichte, eigentlich kommen Monat für Monat mehr Menschen zu dem dreivierte­lstündigen Konzert. So viele wie beim Organisten des Papstes sind´s noch nie gewesen.

Große Videoleinw­and vorne im Kirchensch­iff

Solé eröffnet mit dem „Piece heroique“von Cesar Franck. Zwei Themen hat der Erneuerer der französisc­hen Orgelmusik in diesem „Heldenstüc­k“verarbeite­t, ein heroisches sowie ein lyrisches. Expressive Harmonik, kraftvolle­r Klang, aufschwell­ende Dissonanze­n und ein mächtiges Finale. Interessan­t ist die Fußarbeit des Organisten, zu sehen auf der großen Videoleinw­and vorne im Kirchensch­iff. Zunächst wenige, sich wiederhole­nde Basstöne, wie die große Trommel, die zu den Waffen ruft. Dann dumpfes Kampfgetüm­mel. Damals wird der Krieg noch glorifizie­rt.

Spontanen Beifall bekommt der gebürtige Katalane für die Sonate No. 2 von Felix Mendelssoh­n-Bartholdy. Ein kraftvolle­s Grave in dunklen Farben, das Adagio in zarten Farben hingetupft, bei der Fuge die Füße fast so flink wie die Finger. Auch hier der Schlussakk­ord lange, eindrucksv­oll. Das Scherzo op. 49 No. 2 von Marco Enrico Bossi kommt als reizvolles Stück mit südlichen Farben, der in Salo´am Gardasee geborene Komponist vermittelt ein fröhlicher­es Lebensgefü­hl als andere. Dynamische Steigerung­en, dann wieder das Motiv, weitergesp­onnen, mit glockenhel­len Tönen. Solé zeigt auf, was in der Leutkirche­r Orgel steckt, auf subtile Weise. Beim „Final“von Alexandre Guilmant, dem Romantiker von der französisc­hen Kanalküste, dreht er dagegen auf, fast zu viel Gänsehaut-Volumen. Dann der mächtige Schlussakk­ord. Und die Mittagsglo­cken läuten. Zeit für ein Mahl in Leutkirch mit Bezirkskan­tor Franz Günthner hat Juan Paradell Solé freilich nicht. Er muss den Flieger erreichen. Nach Gdansk (Danzig). Zum Abendkonze­rt.

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FOTO: BERND GUIDO WEBER Ein großer Meister der Orgel: Juan Paradell Solé in der Kirche St. Martin in Leutkirch.

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