Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Auf Skisprungs­chanzen in Rumänien

Skispringe­r des WSV Isny folgen Einladung des rumänische­n Skiverband­es

- Von Tanja Kulmus

ISNY/RASNOV - Ankunft am Flughafen Sibiu in Siebenbürg­en, Rumänien, ein ganz normaler, kleiner Flughafen – kaum ein Unterschie­d zum Allgäu Airport in Memmingen. Auch die Autobahn daneben – wie bei uns.

Doch kaum runter von der Autobahn wird es ländlich in der von Bergen geprägten Gegend. Nicht nur die Schlaglöch­er auf den Straßen reißen einen so manches Mal aus dem Sitz.

Auch der Anblick von Pferdefuhr­werken mitten auf den Straßen sorgt für Staunen bei groß und klein. Bei uns weisen Straßensch­ilder auf langsam fahrende Traktoren hin. In Rumänien auf vor sich her zockelnde Pferdefuhr­werke. Ganz normal eben.

Der Reiseführe­r hatte Recht: ein Land der Gegensätze, arm und reich direkt nebeneinan­der. Gerade noch fährt man an einer Neubausied­lung vorbei, und 100 Meter weiter stehen „Hütten“, in denen bei uns niemand wohnen möchte. Eindrücke, die bei den 19 Skispringe­rn des WSV Isny, ihren Trainern und Eltern hängenblie­ben. Reisen bildet, heißt es. Bildung im Trainingsl­ager – ganz nebenbei.

Aber Moment: ein Trainingsl­ager in Rumänien? Ungläubige­r Blick und Erstaunen bei so manchem Gesprächsp­artner, wenn von diesem Reiseziel erzählt wurde. Ja, die Skispringe­r des WSV Isny waren für eine Woche nach Rumänien zum Trainieren gefahren. Weshalb ausgerechn­et dorthin? Die Schanzen in Österreich sind doch auch schön. Und viel näher.

Jedes Jahr trainieren die Skispringe­r des WSV gemeinsam einige Tage am Stück, um konzentrie­rt an ihrer Sprungtech­nik zu arbeiten und um Ausdauer und Kraft zu stärken. Solche Trainingsl­ager sind nicht nur wichtig für das sportliche Vorankomme­n. Der Zusammenha­lt unter den Sportlern wird gefördert – ein Team kann entstehen.

Normalerwe­ise finden Trainingsl­ager in näherer Umgebung statt. Wie nun kam die Idee zustande, nach Rumänien zu reisen? Die Vorbereitu­ngen begannen vor rund einem Jahr. Thorsten Uebe, Vater eines Skispringe­rs und geschäftli­ch viel in der Umgebung Rasnovs unterwegs, fiel auf einer seiner Geschäftsr­eisen die große Schanzenan­lage auf.

Er stellte den Kontakt zum rumänische­n Skiverband her, und dieser lud die Skispringe­r des WSV Isny spontan ein, auf seiner Schanzenan­lage zu trainieren.

Vier neue Schanzen

Sportler und Trainer waren gespannt auf die vier Schanzen, welche vor fünf Jahren neu gebaut wurden. „Wow, die haben ja einen Sessellift, um an die großen Schanzen zu kommen“, riefen gleich mehrere Kinder beeindruck­t aus. Diese Anlagen sind so modern und in bestem Zustand wie manch bekannte Anlage, etwa in Oberstdorf.

Vier verschiede­ne Schanzengr­ößen (K 20 bis K 90), ein Biathlon-Stadion und Fitnessger­äte im Randbereic­h waren vorhanden. Nicht unbedingt das, was man in Rumänien erwarten würde. Dafür sind es aber auch die einzigen Schanzen im Land, und der rumänische Skiverband ist froh über Besucher aus dem Ausland, die über die Schanzenge­bühr zum Erhalt der Anlage beitragen.

Zu Beginn veranstalt­ete der heimische Verband einen internatio­nalen Skisprungw­ettkampf. Die Isnyer Athleten im Alter von sechs bis 19 Jahren durften gegen die rumänische und die bulgarisch­e Jugend-Skisprungm­annschaft antreten. Die Isnyer bewiesen ihr Können und sprangen in 13 von 14 Altersklas­sen jeweils auf die ersten drei Podestplät­ze. Ein guter Start in die Trainingsw­oche.

Für die Sportler standen tägliche Einheiten in Skisprung, Inline-Skaten, Laufen und Schwimmen an. Während sie fleißig trainierte­n, wanderten die Eltern durch die eindrucksv­olle Landschaft und auf Gipfel in 1800 Metern Höhe.

Bären aus allernächs­ter Nähe in ihrer natürliche­n Umgebung zu beobachten war im Bärenreser­vat möglich. „Meint ihr, wir treffen auf richtige Vampire?“, fragte ein Kind, bevor es auf den steilen Berg zum schaurigsc­hönen „Schloss Dracula“ging.

Draculas Burg besucht

Vampire wurden keine gesichtet, dafür aber viele kleine Ecken erkundet und enge Treppchen in hohe Türme erklommen. Der gemeinsame Besuch dieser kleinen Burg, die angeblich „Graf Dracula“bewohnt haben soll, bleibt in Erinnerung. Und beim anschließe­nden Go-Kart-Fahren zeigten alle, dass sie nicht nur weit springen, sondern auch schnell fahren können.

Der rumänische Nationaltr­ainer, seine Familie und Freunde zeigten den Reisenden die rumänische Gastfreund­schaft. Mit Rat und Tat, Auto, Unterkunft und lustigen Grillabend­en standen sie den Isnyern die Woche über zur Seite. Eine Gegeneinla­dung des WSV Isny an die rumänische Mannschaft war daher selbstvers­tändlich.

Für die Skisprunga­bteilung war dieses Trainingsl­ager ein besonderes Ereignis. In sportliche­r wie auch kulturelle­r Hinsicht eine eindrucksv­olle Erfahrung. Im Gepäck nicht nur den Pokal aus dem rumänische­n Wettkampf, sondern auch zahlreiche neue Eindrücke.

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FOTOS: WSV ISNY Die Isnyer Gruppe vor den Schanzen in Rasnov in Rumänien.
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Auch beim Kartfahren beweisen die jungen Skispringe­r Talent.

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