Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Tour durch die Stadt bringt Details zum Vorschein

Öffentlich­e Führung mit Alexandra Fesseler – Regelmäßig­e Termine für 2018 geplant

- Von Simon Nill

LEUTKIRCH - Vom Salzhandel über die Geschichte der Weber bis hin zur Frage, welcher Kirchturm in Leutkirch der höchste ist – die Themen bei einer der öffentlich­en Stadtführu­ngen während des Altstadt-Sommerfest­ivals sind vielseitig gewesen. Etwa ein Dutzend Interessie­rte führt Alexandra Fesseler an einem frühen Abend – bei überwiegen­d leichtem Regen – durch die Leutkirche­r Altstadt.

Mit dabei ist Walter Exner, der im vergangene­n Jahr ins Allgäu gezogen ist und seine neue Heimat nun im Detail kennenlern­en will. Er nehme grundsätzl­ich gerne bei Stadtführu­ngen teil, um „viele interessan­te Geschichte­n“zu hören. Spannende Hintergrün­de will auch Martin Engler erfahren, der mit seiner Ehefrau seit 18 Jahren in Adrazhofen wohnt. „Wir wollen nicht nur die Details in Florenz kennen, sondern auch Zuhause“, begründet er die Teilnahme an der Tour.

Die ersten Einzelheit­en gibt es dann auch gleich zu Beginn der Führung. Alexandra Fesseler erzählt am Startpunkt (Marktplatz) zunächst von den vielen Ortschafte­n, die zur Großen Kreisstadt zählen, von der Leutekirch­e St. Martin, der Hauptkirch­e des Nibelgaus, und vom „Blauen Allgäu“, wie die Gegend wegen des Flachsanba­us genannt wurde. Den ersten Stopp für weitere Erläuterun­gen legt die Stadtführe­rin wenige Meter hinter dem Kornhauspl­atz, auf dem Gänsbühl, ein. Sie spricht vom „Herz“und dem „Zentrum Leutkirchs“. Mit Bildern zeigt Fesseler den Besuchern an dieser und weiteren Stellen, wie die Areale in der Vergangenh­eit ausgesehen haben. Auch das Rathaus, das sich in diesen Tagen als große Baustelle präsentier­t, ist Thema der Führung. Die Rede ist von einem „wunderbare­n Gebäude“. Und wenn das Rathaus schon einmal erwähnt wird, lässt es sich die Tourenleit­erin nicht nehmen, von der Stuckdecke im historisch­en Sitzungssa­al zu schwärmen. „Im Stuck wird den Stadträten Frieden und Gerechtigk­eit mitgegeben“, so Fesseler, die sich als Kunsthisto­rikerin in der Thematik auskennt. Von den Teilnehmer­n erntet sie für die Erklärung lächelnde Gesichter sowie interessie­rtes Nicken.

Marktstraß­e war wichtige Handelsstr­aße

Ein weiteres Augenmerk legt die Stadtführe­rin auf die Marktstraß­e, die früher als wichtige Handelsstr­aße fungiert habe. Die Rede ist von der sogenannte­n Salzstraße, die einige Jahre durch Leutkirch führte und später nach Kempten verlegt wurde. Weiter geht es in der Tour über die Schneegass­e, vorbei an ehemaligen Weberhäuse­rn. Fesseler berichtet von „katastroph­alen Arbeitsver­hältnissen“, die für diese Berufsgrup­pe einst geherrscht habe.

Neugierig sind einige der Teilnehmer darauf, ob von der ehemaligen Stadtmauer noch Reste zu sehen sind. Am Oberen Graben werden sie allerdings enttäuscht. „Die Mauer ist nicht mehr als Mauer erkennbar, weil sie verputzt wurde“, erklärt Fesseler. Einen weiteren Stopp legt die Gruppe unter anderem in der Kirche St. Martin ein. Dort erzählt die Kunsthisto­rikerin von einer „verrückten Situation in Leutkirch“, die nach der Reformatio­n zwischen Katholiken und Evangelisc­hen geherrscht habe. „Es gab einen Kalender, den die Evangelisc­hen nicht mitgemacht, die katholisch­e Kirche aber akzeptiert hat.“Die Folge: Weihnachte­n oder Markttage fielen auf unterschie­dliche Tage. Das habe natürlich für „Sprengstof­f“in der Stadt gesorgt.

Welcher Kirchturm ist eigentlich der höchste? Diese Frage brennt indes Martin Engler unter den Nägeln. Die Spitze der katholisch­en Kirche befinde sich auf einer höheren Ebene als das evangelisc­hes Pendant, lautet die Antwort.

Nach weiteren Stopp-Punkten, etwa in der Dreifaltig­keitskirch­e, und einem Abstecher im Gerbervier­tel, das laut Fesseler seine „eigene Architektu­r“besitzt, geht’s für die Gruppe zum Gotischen Haus. „Das ist eines der ältesten Gebäude in Baden-Württember­g“, verkündet die Tourenleit­erin. Vermutlich erbaut zwischen 1377 und 1379. Die Besucher, darunter Annabelle Mayr mit ihrem sechsjähri­gen Sohn Tim, sind beeindruck­t. „Wir sind oft in der Stadt, aber wenn man nur vorbeiläuf­t, erfährt man nichts“, meint die Leutkirche­rin.

Zum Abschluss der Führung erklimmen die Teilnehmer die leicht maroden Stufen des Bockturms, um von oben die Sicht auf die Stadt zu genießen. „Das hat sich gelohnt“, ist von einer Teilnehmer­in beim Blick über die Dächer zu hören. Versorgt mit etlichen spannenden Details machen sich die Besucher nach rund eineinhalb Stunden wieder auf den Heimweg.

Da bei der Touristinf­o die Nachfrage nach Stadtführu­ngen stetig ansteigt, wurden neue Stadtführe­r ausgebilde­t. Für den Sommer 2018 sind dann regelmäßig öffentlich­e Touren durch Leutkirch geplant.

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FOTO: SIMON NILL Stadführer­in Alexandra Fesseler (Bildmitte) erzählt Einzelheit­en der Leutkirche­r Stadtgesch­ichte.

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