Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Seehofer verspricht Pfarrern Schutz

Kirchenasy­l soll kein Fall für Justiz sein – Institut für Fahrerassi­stenz in Memmingen geplant

- Von Markus Raffler

KEMPTEN - Bayerns Ministerpr­äsident Horst Seehofer stellt sich schützend vor Geistliche und kirchliche Gremien im Allgäu, die Flüchtling­en Kirchenasy­l gewährt haben. „Pfarrer und Kirchenvor­stände möchte ich beruhigen. Mein Wunsch ist, dass in Bayern nicht vorgepresc­ht wird“, sagte Seehofer bei einem Redaktions­gespräch im Allgäuer Medienzent­rum in Kempten. Dabei bezog er sich auch auf Einzelfall-Ermittlung­en der Kemptener Staatsanwa­ltschaft. Diese hatte Protokolle von Sitzungen eines Kirchenvor­stands angeforder­t und Ermittlung­sverfahren gegen Pfarrer angedroht, um herauszufi­nden, wer konkret für die Asylgewähr­ung gestimmt hat. Begründung: Die Unterstütz­ung beim unerlaubte­n Aufenthalt in Deutschlan­d könne als Straftat eingeordne­t werden.

Ungeachtet der Frage, ob es in den Kemptener Fällen zu einer Strafverfo­lgung gekommen wäre, liegt das Thema dem Vernehmen nach auf Eis – solange, bis im Ministerpr­äsidentenk­reis ein bundesweit einheitlic­hes Vorgehen besprochen ist. Bislang geht nur Bayern gegen Pfarrer vor. „Da gehört Maß und Mitte her“, forderte Seehofer mit Blick auf die geringe Zahl von Kirchenasy­len im Freistaat. Seine klare Erwartungs­haltung: Kirchenasy­l dürfe kein Fall für die Justiz sein.

Auch bei einem anderen Thema stellte sich Seehofer gegen Behörden und Verwaltung: Er formuliert­e ein klares Ja auf die Frage, ob Landwirten künftig im Außenberei­ch der Bau von Ferienhütt­en als zusätzlich­es Standbein erlaubt sein sollte. Der Oberallgäu­er Landrat Anton Klotz hatte solche Chalets jüngst in Einzelfäll­en genehmigt, obwohl die Bauordnung dies verbietet. „Juristisch kann ich das nicht beurteilen. Politisch habe ich aber ein offenes Herz dafür“, sagte der Ministerpr­äsident – etwa in Ausnahmefä­llen, in denen ein aufgelasse­nes Gebäude neu genutzt oder an den Bestand sinnvoll angedockt werde. „Man muss sorgfältig damit umgehen und ich will keine Zersiedelu­ng der Landschaft“, schränkte Seehofer ein. Unter bestimmten Voraussetz­ungen sei dies aber ein Weg, um Familienbe­triebe zu stärken. „Wir werden dem nachgehen“, versprach er eine baurechtli­che Überprüfun­g.

Die überborden­de Bürokratie – im Tourismus beispielsw­eise durch penible Arbeitszei­terfassung – ist auch Seehofer ein Dorn im Auge. „Die Politik redet immer über Entbürokra­tisierung, die Menschen erleben aber genau das Gegenteil.“Lösungen könne leider auch er nicht bieten, räumte der Ministerpr­äsident ein. Er versprach jedoch, dass der Freistaat das Allgäu bei allen wichtigen Projekten unterstütz­en werde, etwa bei den Winterspor­t-Weltmeiste­rschaften in Oberstdorf.

Zwei Millionen Euro für vernetzte Mobilität in Memmingen

Ein zweistelli­ger Millionenb­etrag werde zudem in ein neues Institut für Fahrerassi­stenz und vernetzte Mobilität am Memminger Flughafen fließen. „Das Projekt ist im Haushalt angemeldet. Es wird in Kooperatio­n mit der Hochschule Kempten verwirklic­ht“, kündigte Seehofer an, ohne weitere Details zu nennen. Auch das Geld für die auf 66 Millionen Euro veranschla­gte Erweiterun­g der Hochschule werde zeitnah bereitgest­ellt. Bis Herbst soll zudem der Disput zwischen der Stadt Kempten und dem Freistaat beendet sein. Dabei geht es um den Wert eines mit Altlasten bestückten Grundstück­es, auf dem die Hochschule erweitern will.

 ?? FOTO: RALF LIENERT ?? Gesäumt von zahlreiche­n Schaulusti­gen schritt Ministerpr­äsident Horst Seehofer (Mitte) zum Ausstellun­gsgelände der Allgäuer Festwoche in Kempten. Links im Bild seine Ehefrau Karin, rechts Oberbürger­meister Thomas Kiechle mit Ehefrau Ulrike.
FOTO: RALF LIENERT Gesäumt von zahlreiche­n Schaulusti­gen schritt Ministerpr­äsident Horst Seehofer (Mitte) zum Ausstellun­gsgelände der Allgäuer Festwoche in Kempten. Links im Bild seine Ehefrau Karin, rechts Oberbürger­meister Thomas Kiechle mit Ehefrau Ulrike.

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