Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Großer Schreck am Schrecksee
Polizei überrascht Camper und Biwakierer am frühen Morgen: 300 Euro Strafe
BAD HINDELANG - Nach Polizeikontrollen am frühen Morgen müssen mindestens vier Biwakierer mit Anzeigen und 300 Euro Bußgeld rechnen. Sie hatten in Schlafsäcken die Nacht am Oberallgäuer Schrecksee (1813 Meter) bei Bad Hindelang-Hinterstein verbracht. Dort aber ist das Campen und Biwakieren generell verboten, wie im gesamten Naturschutzgebiet Allgäuer Hochalpen. Einzige Ausnahme: Notbiwaks von Bergwanderern oder -steigern, die – aus welchen Gründen auch immer – nicht mehr weiterkommen.
Es ist ein verregneter Samstag. Trotz kalten und ungemütlichen Wetters sind zahlreiche junge Leute unterwegs auf dem Weg vom Elektrizitätswerk südlich von Hinterstein hinauf zum Schrecksee. Die meisten tragen schwere Rucksäcke mit Schlafsack, Zelt oder Biwakzeug. Knapp 900 Höhenmeter sind zu überwinden, also ein gar nicht so kurzer Weg zum See.
Der Schrecksee gilt seit Jahren als beliebter Partytreff. Bei einer Kontrolle vor einem Jahr wurden an einem Abend 25 Zelte und 80 überwiegend junge Leute an 18 Feuerstellen angetroffen. Florian Karg, Älpler am Schrecksee, klagt über den Verlust von 50 Zaunpfählen im vergangenen Jahr. Die Campierer hatten sie einfach herausgerissen und am abendlichen Lagerfeuer verbrannt. Übrig blieb Dreck und Müll, der nicht wieder mit ins Tal genommen wurde. Seit Jahren appelliert unter anderem Schutzgebietsbetreuer Henning Werth an die Vernunft der Wanderer und Biwak-Freunde. Generell, sagt Werth, sei das Zelten, Lagern und Feuermachen im Schutzgebiet verboten. So steht es klipp und klar auch auf Schildern am Weg zum See.
Nicht alle jungen Leute, die an jenem Samstag hinauf zum Partymachen an den See wandern, wissen, dass das verboten ist. Auf jeden Fall aber denkt wohl niemand daran, dass es da oben Kontrollen geben kann. Die aber wird es in Zukunft öfters geben, haben die Gemeinde Bad Hindelang, das Oberallgäuer Landratsamt und die Polizei in Sonthofen angekündigt.
Das Magazin des Deutschen Alpenvereins (DAV), Panorama, widmete kürzlich einen Artikel der Schrecksee-Problematik. Doch mit keinem Wort war da zu lesen, dass das Lagern am See generell verboten ist. Folge: Es kamen noch mehr Leute.
Man wolle die Zerstörung der großartigen Natur am Schrecksee nicht hinnehmen, sagt der Hindelanger Bürgermeister Adalbert Martin. Gebietsbetreuer Henning Werth erklärt: „Störungsfreie Tageszeiten sind für Arten wie das Alpenschneehuhn oder den Steinadler essenziell.“Man sehe nun keine andere Möglichkeit, als gegen das verbotene Lagern und den Vandalismus im Naturschutzgebiet vorzugehen, sagt Christian Schiebel vom Landratsamt in Sonthofen. Für Verstöße habe man ein Bußgeld in Höhe von 300 Euro vorgesehen – in gravierenden Fällen kann es auch noch höher sein.
Der Oberallgäuer Landrat Anton Klotz steht nach eigenen Worten hinter dem gezielten Vorgehen gegen das wilde Lagern: „Es kann ja nicht sein, dass Alphirten sich auch noch um die Beseitigung von Müll und anderen Hinterlassenschaften kümmern müssen.“