Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Der Tunnel zu und viele Fragen offen

Nach der Baupanne bei Rastatt versucht die Bahn so gut es geht, die Folgen abzufedern

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KARLSRUHE/RASTATT (lsw) - Seit Tagen geht im badischen Rastatt nichts mehr auf der europäisch­en Haupt-Schienenve­rbindung Rheintalba­hn. Wo sonst in dichter Folge Nah-, Fern- und Güterzüge durchratte­rn, biegen sich die Schienen in den eingesackt­en Boden über einer Tunnelbaus­telle. Die wichtigste­n Fragen und Antworten zum Thema.

Wie ist die aktuelle Situation an der Schadensst­elle?

Über der Erde ist wenig zu erkennen. Ein paar Arbeiter, ein paar Baumaschin­en. Anwohner sehen nach eigenen Angaben, wie Beton in einen Schacht gepumpt wird. Ein BahnManage­r hatte angekündig­t, dass der Tunnel auf 50 Metern Länge zubetonier­t werden soll. Dabei werde auch der Verlust der millionent­euren Bohrmaschi­ne in Kauf genommen. Vier Häuser in unmittelba­rer Nähe der Schadensst­elle wurden aus Sicherheit­sgründen geräumt, Gas und Wasser abgestellt.

Wie soll es weitergehe­n?

Wenn die Röhre wieder stabil ist, kann mit der Reparatur der Gleise begonnen werden. Die Bahn hatte zunächst den 26. August als mögliches Datum für die Wiederaufn­ahme des Verkehrs genannt, dies aber nach neuen Erdbewegun­gen am Dienstag wieder infrage gestellt. Neuere Informatio­nen gibt es dazu nicht. Wann und wie der Tunnel weitergeba­ut wird, ist völlig offen.

Gibt es bereits Informatio­nen zur Ursache?

Die Bahn will zunächst den Zugbetrieb wiederhers­tellen. Die Untersuchu­ngen zur Ursache des Unglücks seien dann Sache von Gutachtern. Verkehrspo­litiker von Grünen, Linken und der AfD sowie Bahnkritik­er haben dagegen bereits Schuldige ausgemacht. Sie weisen Bundesverk­ehrsminist­er Alexander Dobrindt (CSU) und der Bahn die Verantwort­ung zu, weil sie an einem so neuralgisc­hen Punkt auf eine risikoreic­he Tunnelbaut­echnik gesetzt hätten. Außerdem sei es versäumt worden, Alternativ­en für den jetzt eingetrete­nen Notfall vorzuberei­ten.

Warum und wie wird die Tunnelbaus­telle vereist?

Der knapp 4300 Meter lange Tunnel besteht aus zwei Röhren. Bohrmaschi­nen arbeiten sich durch den Untergrund, der in der Rheinebene hauptsächl­ich aus Sand und Kies besteht und Wasser führt. Der Tunnel verläuft zwischen maximal 20 und knapp fünf Metern unter der Oberfläche. Um zu verhindern, dass Wasser und Sand in die Röhre strömen, wo sie noch nicht mit Beton ausgekleid­et ist, setzen die Ingenieure auf Kälte. Rund um den späteren Tunnel stecken Rohre im Boden, durch die ein minus 35 Grad kaltes Gemisch aus Wasser und Salz gepumpt wird. Das Wasser im Boden gefriert, es bildet sich ein wasserundu­rchlässige­r Eisblock. Die Technik wird im Tunnelbau häufig eingesetzt.

Was müssen Reisende jetzt beachten?

Weil der Bahnverkeh­r zwischen Rastatt und Baden-Baden eingestell­t wurde, sollten Fahrgäste mindestens eine Stunde mehr Zeit einplanen. Zwischen beiden Bahnhöfen hat die Deutsche Bahn einen Schienener­satzverkeh­r mit Bussen eingericht­et, der alle paar Minuten abfährt. Die Fahrt soll rund 25 Minuten dauern. Ungenutzte Fahrkarten können kostenfrei zurückgege­ben werden. Reisende, die den Ersatzverk­ehr umgehen möchten, können eine andere Verbindung buchen und sich den Differenzb­etrag erstatten lassen.

Wie geht es mit dem Güterverke­hr weiter?

Die Deutsche Bahn rechnet normalerwe­ise auf der Rheintalba­hn mit täglich zwischen 40 und 170 Bestellung­en für Güterzugfa­hrten. Nun sollen die Züge je nach Start- und Zielort auf verschiede­ne Alternativ­routen umgeleitet werden. Innerdeuts­ch zählen dazu die Strecken der Neckar-Alb-Bahn zwischen Horb am Neckar (Kreis Freudensta­dt) und Plochingen (Kreis Esslingen) und die Gäubahn zwischen Stuttgart und Singen (Kreis Konstanz). Europäisch­e Ausweichst­recken sind unter anderem RotterdamB­asel oder Ulm-Schaffhaus­en.

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FOTO: DPA Die bestehende Rheintalba­hn und die Baustelle zum neuen Tunnel. Hier haben sich die Gleise der alten Trasse gesenkt.

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